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PFLEGE/426: Ein neuer Blick in die Gefühlswelt pflegebedürftiger Menschen (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 1/2010

Altenpflegepreis für ein Projekt der AWO

Ein neuer Blick in die Gefühlswelt pflegebedürftiger Menschen


Ein Projekt der Arbeiterwohlfahrt soll helfen, das Schweigen der Kriegskinder zu beenden. Es wurde mit dem Altenpflegepreis ausgezeichnet.


Täglich kümmern sich mehr als 35.000 Arbeitskräfte in Schleswig-Holstein um pflegebedürftige Menschen. Ihre Arbeit geht zum Teil weit über das übliche Maß an Engagement hinaus. Sozialminister Dr. Heiner Garg bescheingte vielen von ihnen Hingabe und Kreativität, nachdem er die eingereichten Projekte für den Landespflegepreis kennengelernt hatte. Der Preis wurde zum 6. Mal vom Land und vom Landespflegeausschuss verliehen. Mit ihm soll der Stellenwert einer guten Pflege und Begleitung älterer Menschen hervorgehoben und das Engagement in diesem Bereich gewürdigt werden.

Mit dem ersten Preis, der mit 3.000 Euro dotiert ist, zeichnete die Jury ein Projekt der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Schleswig-Holstein aus. Unter dem Projekttitel: "Geschichte leben - embracing history" und mit Unterstützung von vielen Kooperationspartnern hat die AWO Pflege die sogenannten Kriegskinder - also die Menschen, die in den Jahren des Zweiten Weltkriegs geboren oder aufgewachsen sind - eingeladen, ihre Geschichten den nachkommenden Generationen zu erzählen. "In unseren Pflegeeinrichtungen und Diensten begegnen wir vielen Menschen, die den Krieg miterlebt haben und die in Zeiten des Wiederaufbaus keine Zeit oder Möglichkeit hatten, sich mit der erlebten Trauer im Krieg zu beschäftigen. Erst jetzt können und wollen sie sich intensiver mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Wir haben diesen Erinnerungen einen Raum gegeben", erklärte AWO-Geschäftsführer Volker Andresen den Anstoß zu diesem Projekt.

Begleitet von Künstlern des Bundesverbandes Bildender Künstler (BBK) und seiner Vorsitzenden Deborah DiMeglio, haben die Erinnerungen auf unterschiedliche Art und Weise Gestalt angenommen. Ältere Kriegskinder und Zeitzeugen, Schülerinnen, Großeltern und Enkelkinder haben Brücken zwischen schweren Erinnerungen und glücklichen Momenten der Kindheit gestaltet und gebaut. Dabei sind viele Anschauungsobjekte entstanden: Erinnerungskisten von älteren Menschen aus Schleswig-Holstein und aus Estland, Erinnerungs-Leporellos (faltbare Hefte), ein wachsendes Erinnerungsbuch, Videoaufzeichnungen von Gesprächen zwischen der Enkel- und Großelterngeneration und ein gemeinsames Theaterstück.

Der Verein kriegskind.de e.V., der Verein Mahnmal Kilian mit seinem Kriegszeugenprojekt und die Bürgerinitiative "Gedenkstein für Zwangsarbeit" haben das AWO-Projekt fachlich begleitet und im Rahmen von Fachveranstaltungen und Fortbildungen die Thematik "Kriegskinder und deren Traumatisierungen" vertieft. "Dies ist ,Erinnerungspflege' im wortwörtlichen Sinne. Die Beschäftigung mit schweren Traumatisierungen ist ein wichtiger Schritt, um mit der eigenen oder der fremden Lebensgeschichte vertrauter zu werden. Pflegeplanungen oder auch Betreuungsangebote orientieren sich jetzt noch stärker an der Lebensgeschichte und berücksichtigen leidvolle Erfahrungen und Erlebnisse", sagte Uwe Braun, Leiter des Unternehmensbereichs Pflege der AWO Schleswig-Holstein gGmbH. "Mit dem Projekt ist den Mitarbeitern in den Pflegeeinrichtungen in gGmbH. "Mit dem Projekt ist den Mitarbeitern in den Pflegeeinrichtungen ein neuer Blick in die Gefühlswelt der von ihnen gepflegten und betreuten Menschen eröffnet worden." Die Erinnerungskisten und die Leporellos können bei der AWO Schleswig-Holstein, Unternehmensbereich Pflege, ausgeliehen werden.

Der 2. Preis (2.000 Euro) ging an die Norddeutschen Diakoniedienste für Senioren gGmbH in Rendsburg für ihr Projekt zum besseren Management von Zeitarbeit in der Pflege. Ziele sind eine bessere Koordination der eingesetzten Zeitarbeitskräfte und eine größere Mitarbeiterzufriedenheit. Den 3. Preis (1.000 Euro) erhielt die Alzheimer Gesellschaft Schleswig-Holstein e.V. in Norderstedt für ihr Projekt "Demenzkoffer", mit dem Jugendlichen das Thema Demenz nähergebracht wird. Schulen im Land wurden dabei zur Durchführung von Projektwochen zum Thema angeregt.   (PM/Red.)


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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 1/2010 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2010/201001/h100104a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Januar 2010
63. Jahrgang, Seite 22
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2010