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MILITÄR/8402: Sicherheitspolitik, Rüstung und Konflikte - 28.02.2020 (SB)


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Ankara beantragt Beratungen nach Artikel 4 des Nordatlantikvertrags

In der nordsyrischen Provinz Idlib sind am Donnerstagabend mindestens 33 türkische Soldaten bei einem Luftangriff getötet und 36 verwundet worden. Das Verteidigungsministerium in Moskau meldete, an dem Angriff sei die eigene Luftwaffe nicht beteiligt gewesen. Die türkischen Soldaten seien zusammen mit Al-Kaida nahestehenden Milizen Haiat Tahrir al-Scham (HTS) unterwegs gewesen, obwohl sie dort nicht hätten sein dürfen und ihre Anwesenheit auch nicht vermittelt hätten. Die Regierung des NATO-Mitglieds Türkei machte die mit Rußland verbündeten, syrischen Regierungstruppen für den Angriff verantwortlich und ordnete Gegenangriffe auf syrische Stellungen an.

Ein Sprecher des türkischen Präsidenten Erdogan forderte von der internationalen Gemeinschaft und der NATO Unterstützung ein. Außerdem machte er deutlich, daß sein Land Hunderttausende syrischer Flüchtlinge an der syrischen Grenze möglicherweise nicht daran wird hindern können, die Flucht nach Europa anzutreten.

Am Freitagvormittag befaßten sich die NATO-Botschafter in Brüssel mit dem Unterstützungsgesuch der Türkei auf Grundlage von Artikel 4 des Nordatlantikvertrags. Demnach sind Beratungen vorgesehen, wenn ein Allianz-Mitglied die Unversehrtheit seines Gebiets, seine politische Unabhängigkeit oder seine Sicherheit bedroht sieht. Ein Bündnisfall nach Artikel 5 kann eintreten, wenn ein bewaffneter Angriff auf einen oder mehrere NATO-Staaten erfolgt. Das würde als Angriff auf alle NATO-Mitglieder gewertet und entsprechend von diesen beantwortet.

Der NATO-Generalsekretär Stoltenberg forderte nach der Sitzung des Nordatlantikrats die Türkei, Syrien und Rußland zur Deeskalation auf und sicherte Ankara die Solidarität der NATO zu.

Die Türkei ist bereits von zwei Jahren in die syrische Grenzprovinz Afrin eingerückt und hat mit Unterstützung von islamistischen Milizen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG von dort vertrieben. Im Herbst 2019 stießen die türkischen Streitkräfte in den Nordosten des Bürgerkriegslandes vor. Dort haben regierungsfeindliche syrische Milizen und Verbündete ihre letzte Hochburg. Die Türkei etablierte sich in beiden Regionen als Besatzungsmacht.

28. Februar 2020


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