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BERICHT/051: Sternwindtango auf Teneriffa (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 12/09 - Dezember 2009
Zeitschrift für Astronomie

Sternwindtango auf Teneriffa
Eine professionelle Langzeitbeobachtung mit Amateuren

Von Thomas Eversberg


Hobbyastronomen beneiden die Profis oft um ihre Ausrüstung und ihren Zugang zu den besten Beobachtungsplätzen. Die Grenze zwischen Amateurastronomen und Forschern ist jedoch oft fließend und beide Gruppen können einander unterstützen. Innerhalb von vier Monaten besuchten 15 Sternfreunde die Kanarischen Inseln, um dort für die Forschung die Begegnung zweier Riesensterne zu dokumentieren.


In vielen Bereichen der Astronomie lassen sich auch heute noch mit kleinen Teleskopen und preisgünstigen Instrumenten wertvolle Daten gewinnen. Ein Beispiel ist die Untersuchung der Lichtspektren massereicher Sterne. Einen hierfür geeigneten Spektrografen kann jeder handwerklich begabte Amateurastronom mit Teilen aus dem Fachhandel bauen. Die Genauigkeit eines solchen Geräts genügt durchaus wissenschaftlichen Ansprüchen und er möglicht es, die Entwicklung der Sternspektren über einen längeren Zeitraum hinweg zu verfolgen (siehe SuW 10/2005, S. 76).

Andererseits ist es für professionelle Astronomen schwierig, solche langfristigen Beobachtungen durchzuführen, da die Beobachtungszeit an den Großteleskopen wissenschaftlicher Einrichtungen knapp bemessen ist.

Im Januar 2009 kam es genau zu einem solchen langfristigen Himmelsereignis, das Astronomen nur mit Hilfe einer länger andauernden Beobachtung interpretieren können: Zwei riesige Sterne im Sternbild Schwan mit der 20- beziehungsweise 50-fachen Masse unserer Sonne, die sich in einer langgestreckten elliptischen Umlaufbahn umkreisen, näherten sich bis auf den doppelten Abstand Erde-Sonne an.

Einer der Partner dieses als WR 140 bezeichneten Doppelsternsystems in rund 4800 Lichtjahren Entfernung gehört der Klasse der Wolf-Rayet-Sterne an. Diese hoch instabilen Riesensterne haben das Ende ihrer kurzen Lebensspanne erreicht und verströmen einen intensiven Sternwind mit einer typischen Geschwindigkeit von mehr als 2000 Kilometern pro Sekunde. Dabei verlieren sie jährlich rund eine zehntel Jupitermasse.

Das Exemplar in WR 140 erreicht mit seiner selbst für Wolf-Rayet-Sterne hohen Masse sicherlich mühelos solche Werte. Auch sein »kleiner« Partner gibt als Blauer Riese einen beachtlichen Strom elektrisch geladener Partikel ab. Nähern sich beide an, so weht der stärkere Wind des Wolf-Rayet-Sterns den schwächeren Wind des zweiten Sterns in die Gegenrichtung zurück und bildet einen Kegel um ihn herum (siehe Bild rechts).

In den Gebieten, wo die Sternwinde beider Riesen aufeinanderprallen, entsteht eine Stoßfront aus extrem verdichtetem, heißem Material. Dieses kühlt ab und verlässt danach als Staub das System. Je nach seiner Zusammensetzung, Temperatur und Geschwindigkeit strahlt es in unterschiedlichen charakteristischen Wellenlängen. Aus der Analyse dieses Lichts lassen sich neue Erkenntnisse über den räumlichen Aufbau des Systems ableiten - in unserem Fall die Neigung der Bahnkurven und der Öffnungswinkel des Sternwindkegels. Dazu müssten Beobachter jedoch die Lichtspektren der Sterne während der Annäherung über mehrere Monate hinweg aufzeichnen.

Bereits im Jahr 2006 diskutierte ich die möglichen Erkenntnisse aus diesem Ereignis mit meinem Freund und früheren Mentor, dem Astrophysiker Tony Moffat von der Université de Montréal in Kanada. Uns war sofort klar, dass eine so lange Beobachtungsphase nur mit kleineren Teleskopen und einer koordinierten Kampagne an mehreren Standorten möglich war. Die Annäherung der beiden Sterne des 7 mag hellen Doppelsternsystems ließ sich problemlos mit einem Spektrografen mittlerer Qualität verfolgen, wie sie heute auch Amateurastroomen zur Verfügung stehen. Daher sollten auch interessierte Sternfreunde an dem Projekt teilhaben.

Kurz darauf stellte ich das Projekt im Online-Forum der Fachgruppe Spektroskopie der Vereinigung der Sternfreunde e.V. (VdS) und im Forum des in Frankreich beheimateten Astronomical Ring for Access to Spectroscopy (ARAS) vor. Außerdem erstellte ich eine Projektwebseite mit Informationen zu WR 140 und dem Vorhaben (siehe Weblink am Schluss des Beitrags).

Innerhalb weniger Tage kündigten Amateurastronomen aus Deutschland, Frankreich, Portugal, England und Spanien ihre Beteiligung in Form eigener Mes sungen an. Darüber hin us etablierten a sich auch Kampagnen professioneller Astronomen in Finnland, Indien, Kanada und den USA sowie für die Röntgen-Weltraumteleskope Rossi und Chandra.


Ein MONSter lädt uns ein

Einige Wochen später besuchte ich meinen Freund Johan Knapen vom Instituto de Astrofísica de Canarias (IAC), das die großen Sternwarten auf Teneriffa und La Palma betreibt. Im Anflug auf Teneriffa entdeckte ich das Teide-Observatorium hoch über den Wolken und dachte sofort: »Hier müsste man hin, um von diesem WR-Biest Nacht für Nacht Spektren aufzunehmen.« Als ich dies später Johan gegenüber erwähnte, entgegnete er lapidar: »Wir haben ein kleines Teleskop oben am Teide - ich denke, du kannst es nutzen.«

Voller Spannung sah ich mir also mit ihm das Teleskop MONS auf dem Berg an. Das Instrument ist nach der belgischen Université de Mons-Hainaut benannt, die es im Jahr 1972 finanzierte. Die technische Ausstattung dieses 50-Zentimeter Cassegrain-Teleskops war nicht so gut wie die moderner Amateurteleskope, doch für unsere Zwecke reichte sie völlig aus. Das Teleskop lässt sich elektrisch nachführen, jedoch besitzt es keine Computersteuerung. Eine ST8-CCD-Kamera von SBIG dient als Standardinstrument und steht für Studenten und Besucher bereit, damit die anderen Arbeiten vor Ort nicht gestört werden.

Johans Interesse war geweckt, und er sagte seine Unterstützung zu. Eine Kostenrechnung ergab für eine 16-wöchige Kampagne mit acht Beobachtergruppen von je zwei bis vier Personen einen Preis von etwa 700 Euro pro Kopf. Dies beinhaltete den Flug, einen Mietwagen und die Unterkunft am Observatorium. Ich annoncierte diese Planung erneut in den Internetforen der VdS- und ARAS, und innerhalb weniger Wochen meldeten sich 24 Amateure und Profis vom Schüler (18 Jahre) bis zum ehemaligen Iberia-Piloten (68 Jahre) aus Portugal, Holland, England, Kanada, USA, Spanien, Belgien, Schottland und Deutschland. Davon wollten 15 auch auf Teneriffa arbeiten.

Tony Moffats Doktorand Remi Fahed aus Kanada gehörte ebenfalls zum Beobachterteam. Er würde die Daten von WR 140 bearbeiten und anschließend die Ergebnisse als Erstautor in einem internationalen astronomischen Fachjournal veröffentlichen.

Gregor Rauw und Thierry Morel von der Unversité de Liège in Belgien schlugen einige weitere Riesensterne als zusätzliche Beobachtungsziele für die Kampagne vor. Sie wollten periodische Phänomene in den Winden dieser Sterne genauer untersuchen. Diese typischen Zeitskalen dieser Schwankungen betrugen drei bis 15 Tage und passten somit bestens in unser Programm. Die Daten sollten in zwei weitere Fachartikel münden, bei denen ebenfalls alle Beteiligten als Koautoren vertreten sein würden. Natürlich beteiligten sich die beiden Astrophysiker auch an der wissenschaftlichen Schulung der Teneriffa-Reisenden.

Vor Ort würde darüber hinaus Johan jederzeit für Fragen und Anweisungen der Beobachter bereit stehen.

Tony, Remi und ich erarbeiteten zusammen alle physikalischen Parameter für den wirksamsten und zugleich einfachsten instrumentellen Aufbau am Teleskop MONS. Anschließend stellten wir einen Beobachtungsantrag beim IAC mit dem Titel »Stellar Wind Tango«. Das Kommittee bewilligte die gesamte beantragte Beobachtungszeit von sechzehn Wochen im Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis zum 23. März 2009!


Wir basteln uns ein High-End-Teleskop

Das Teleskop MONS genießt bei den Technikern auf dem Berg keine hohe Priorität. Deshalb entschieden wir uns, die nötige Ausrüstung selbst mitzubringen. Mit Berthold Stober und Lothar Schanne gehörten glücklicherweise zwei im Selbstbau von Spektrografen erfahrene Amateurastronomen zu unserem Team, die das Teleskop mit teilweise eigens angefertigten Teilen nach unseren Bedürfnissen modifizierten (siehe Bild auf Seite 72 unten).

Unter anderem sorgten sie dafür, dass wir die Sterne visuell mit Hilfe eines Leitrohrs nachführen und den Zielstern im Spektrografen positionieren konnten. Sie hatten das Teleskop selbst noch nie gesehen und mussten alles mit Unterstützung durch Johan aus der Distanz bewerkstelligen - eine große Herausforderung. Als erfahrene Beobachter würden sie zudem den schwierigsten Teil der gesamten Kampagne übernehmen und als erstes bei MONS eintreffendes Beobachtungsteam das Gesamtsystem aufbauen und in Betrieb nehmen müssen.

Wolfgang Arnold steuerte freundli cherweise seinen LHIRES-III-Spektrografen bei, und Gerhard Fischer stellte uns eine exzellente CCD-Kamera zur Verfügung, so dass wir technisch auf einem guten Stand arbeiteten. Eine erfolgreiche Kampagne organisiert sich nicht über einen einzelnen Planer, der über alle Vorgänge Bescheid weiß. Häufig genügt es, die Experten für Teilbereiche »von der Kette zu lassen« und dann zu sehen, wie sich alle Probleme in Luft auflösen.

Unser Bastler Berthold Stober war Gastgeber unserer beiden vorbereiten den Workshops. Dies kam ihm sehr entgegen, da er beruflich als Arzt tätig ist und wegen seiner Bereitschaftsdienste nur wenig abkömmlich ist (wir alle erklärten uns natürlich bereit, ihm im Fall einer Notoperation zur Hand zu gehen). Leider konnten die portugiesischen und kanadischen »MONSter« aufgrund der zu großen Entfernung nicht teilnehmen, doch alle deutschen Beteiligten waren vor Ort.

Wir diskutierten über Korrekturaufnahmen, Suchkarten, Stoßfronten, Nachführprobleme, atmosphärische Absorptionslinien, Anregungszustände, ftp-Server, fits-Formate - und es war herrlich! Bei dieser Gelegenheit bemerkten wir jedoch auch, dass wir vieles noch nicht wussten. In den nächsten Wochen gingen daraufhin noch Dutzende E-Mails mit Detailfragen zur Technik und zum Standort bei Johan auf Teneriffa ein.

Schließlich waren alle offensichtlichen Fragen geklärt und alle Gerätschaften organisiert. Wir packten alles in eine große Materialkiste und verschifften sie nach Teneriffa. Dies geschah nicht völlig ohne Sorge um die empfindlichen Teile, denn die Kanaren gehören nicht der europäischen Zollunion an, und Zollfahnder durchsuchen große Alukisten gerne nach geschmuggelter Ware. Wir waren daher erleichtert, als Johan uns vom unbeschädigten Eintreffen der Teile informierte.

Als unser erstes Team pünktlich am 1. Dezember 2008 vor Ort war, wäre es natürlich zu schön gewesen, hätten alle Teile sofort ineinander gepasst und funktioniert - aber dem war natürlich nicht so. Der USB-Transceiver unserer CCD-Kamera war beim Transport beschädigt worden. Zum Glück konnten wir auf die Kamera vor Ort zurückgreifen, bis unser Exemplar wieder einsatzbereit war. Auch der Fokus im Spektrografen ließ sich nur sehr schwer justieren. Oft wuchs die Spannung in der Gruppe, wenn wieder ein technischer Alarm per E-Mail eintraf, doch mit der nötigen Geduld und zahlreichen Ratschlägen der Beteiligten vom Festland ließen sich alle Probleme lösen.


16 Wochen Staffellauf

Das erste Beobachtungsteam bemerkte sehr schnell, dass die Messungen nicht einfach werden würden, doch es war genau diese Herausforderung, die alle Beteiligten so liebten. Zur fehlenden GoTo-Technik kam noch hinzu, dass sich unser Hauptziel WR 140 im Sternbild Schwan stets nur während eines sehr kurzen Zeitfensters nahe der Dämmerung am Horizont zeigte. Zudem musste jedes Team erst die nötige Routine für die Arbeit auf dem Berg erwerben und dann so gut wie möglich an das nächste Team vermitteln.

Während der Weihnachtszeit sammelte das zweite Team hervorragende Daten. Doch schon die darauf folgende Gruppe aus Portugal hatte eine ganze Woche mit dichter Bewölkung zu kämpfen, die zudem noch den Berg mit einer dicken Eisschicht überzog. Einer der Beobachter dokumentierte die Rutschpartie am »Icy Observatory« auf der Video-Website You-Tube und sorgte so vor den Heimrechnern der Kollegen zu Hause für allgemeine Heiterkeit. Durch schlechtes Wetter verursachte Datenlücken füllten wir mit Werten auf, die unsere Teamkollegen mit ihrer privaten Ausrüstung in Deutschland und England gemessen hatten.

Einige der aufgenommenen Spektren unterzogen wir sofort einer vorläufigen Auswertung und waren auf diese Weise immer über den Status von WR 140 informiert. Dank unserer Erklärungen konnten auch die Amateure aus den Daten herauslesen, wie sich der Stoßkegel des Sternwinds bildete und langsam wanderte (siehe Infokasten oben).

Ich selbst war Teil des letzten Teams. Das Zusammenspiel von Software, Teleskop und Spektrograf war zu diesem Zeitpunkt perfekt. Uns blieb nach unseren Messungen nur noch der Abbau der Gerätschaft sowie der Rücktransport nach Deutschland.


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Der Doppelstern WR 140

Sternsysteme mit kollidierenden Sternwinden sind natürliche Experimentallabore der Hochenergiephysik. Hier treffen extrem energiereiche Teilchen frontal aufeinander. Deshalb sind sie für Physiker so interessant.

Das System WR 140 dient häufig als Lehrbeispiel für kollidierende Sternwinde. In diesem System umkreisen ein O-Stern und ein Wolf-Rayet-Stern (WR) auf stark elliptischen Bahnen innerhalb von 7,9 Jahren einen gemeinsamen Schwerpunkt (Bild ganz rechts). Die Distanz der Sterne variiert zwischen zwei und 30 Astronomischen Einheiten. Während ihrer größten Annäherung, dem Periastron, weht der deutlich stärkere Wind des WR-Sterns denjenigen des O-Sterns kegelförmig in die Gegenrichtung zurück.

Da unsere Blickrichtung günstig zur Umlaufebene des Systems liegt, lässt sich anhand der spektralen Dopplerverschiebung gut beobachten, wie der Teilchenwind des Kegels vor der Passage auf uns zu und nach der Annäherung von uns weg strömt. Des Weiteren wird der kohlenstoffhaltige Sternwind des WR-Sterns in der Stoßfront beider Winde komprimiert, so dass sich dort Staubpartikel bilden, die sich mit dem Material des O-Sterns vermischen und entlang des Stoßkegels aus dem System wehen. Der Staub fliegt weit ins All hinaus und formt dabei aufgrund der Kreisbewegung der Sterne eine heiße einarmige Spirale, die sich als Helligkeitsanstieg im visuellen und infraroten Spektralbereich zeigt.

Der Wolf-Rayet-Stern des Systems besitzt 50 Sonnenmassen und befindet sich im Stadium des Kohlenstoffbrennens. Er hat also bereits seinen Wasserstoffvorrat zu Helium und weiter zu Kohlenstoff fusioniert und gewinnt nun Energie, indem er diesen zu Sauerstoff, Magnesium und Neon verbrennt. Diese Phase dauert nur wenige tausend Jahre an - eine für astronomische Verhältnisse sehr kurze Zeit. Weitere Fusionsstufen laufen danach innerhalb einiger Jahre ab und enden schließlich in einer Supernova vom Typ II.

Der begleitende leuchtkräftige blaue O5-Stern befindet sich mit 20 Sonnenmassen am unteren Ende des Massenspektrums dieser Klasse. Im Hertzsprung-Russell-Diagramm steht er noch auf der Hauptreihe, verbrennt also noch immer Wasserstoff. Dies geht jedoch so rasch vonstatten, dass auch der Vorrat innerhalb der nächsten Millionen Jahre verbraucht ist. Danach würde auch er zu einem WR-Stern. Die Supernova seines Partners wird ihn jedoch vermutlich zuvor bereits einen großen Teil seiner Masse kosten.

Steckbrief von WR 140
Henry-Draper-Katalognummer:
Position:

Scheinbare visuelle Helligkeit:
Entfernung zur Erde:
Periode:
Inklination:
Bahnexzentrizität:
Nächste Periastronpassage:
Halber Öffnungswinkel des Stoßkegels:
HD 193793
Rektaszension: 20h20m5
Deklination: +43°51‹
­7,07 mag
­4800 Lichtjahre
­2899,0 ± 1,3 Tage
­50° ± 15°
­0,881 ± 0,005
­20.12.2016 (± 9 Tage)
­40° ± 15°

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Bildunterschrift a:
An der Stoßfront der kollidierenden Sternwinde bildet sich Staub (rot), der sich innerhalb der Bahnebene des Systems spiralförmig ins All ausbreitet.

Bildunterschrift b:
Die Sterne des Systems WR 140 kommen sich auf ihren Ellipsenbahnen sehr nahe. Eingezeichnet sind die Sichtlinie und der zurückgebogene Sternwindkegel.


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Die Botschaft von WR 140

Unsere spektroskopischen Beobachtungen des Sternwinds von WR 140 erbrachte rund fünfmal so viele Spektren wie die professionelle Kampagne während der Begegnung der Sterne im Jahr 2001. Das Diagramm rechts zeigt ein vorläufiges Ergebnis. Die Messungen konzentrierten sich auf einen kleinen Wellenlängenbereich im grünen Spektralbereich, zwischen 565 und 575 Nanometer. Hier lässt sich das Licht des zweifach ionisierten Kohlenstoffs (C III) beobachten, der verstärkt in der Stoßfront der beiden kollidierenden Sternwinde entsteht (siehe Bilder auf Seite 73).

Die Auswertung der Daten in Kanada und Belgien wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bevor die Ergebnisse in der Fachpresse erscheinen. Thomas Bergmann, das jüngste Mitglied in unserem Team, schrieb über seine Erfahrungen eine Schülerarbeit. Außerdem sollen die gesammelten Eindrücke aller Beteiligten als Buch erscheinen. Zudem veranstalten wir im Mai 2010 in Portugal einen gemeinsamen Workshop mit allen beteilgten Amateuren und Profis.

Unsere Kampagne bewies, dass eine Zusammenarbeit zwischen Amateur- und Profiastronomen sehr erfolgreich sein kann. Wir hoffen, dass in Zukunft Amateure und Wissenschaftler ähnliche Projekte ins Leben rufen werden. Mit unserem Beispiel sollte es hoffentlich einfacher werden, mit einem vergleichbaren Projekt Anklang zu finden - besonders wenn es um Beobachtungsanträge an professionellen Observatorien geht.

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Das Spektrum von WR140 zeigt während der Periastronpassage einen Strahlungsüberschuss, der im linken Teil des Diagramms als Abweichung der roten Kurve von der blauen Kurve zu erkennen ist. Dieser Überschuss wanderte im Spektrum allmählich nach rechts, denn vor der größten Annäherung der Sterne strömt der Stoßkegel in unsere Richtung, so dass sein Licht blauverschoben ist; später ist er uns abgewandt, sein Licht dann rotverschoben. Das hohe Maximum bei 580 Nanometer stammt von dreifach ionisiertem Kohlenstoff (C IV), der stets unverändert im Wind des Wolf-Rayet-Sterns vorkommt.


Weblinks zum Thema unter: www.astronomie-heute.de/artikel/100958


Thomas Eversberg ist Astrophysiker und arbeitet beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Bereich Erdbeob achtung. Er ist Mitgründer des »Schnörringen Telescope Science Institute« (STScI), das mit der professionellen Astronomie zusammen arbeitet.


WIS - Wissenschaft in die Schulen"

Damit Schüler aktiv mit den Inhalten dieses Beitrags arbeiten können, stehen auf unserer Internetseite www.wissenschaft-schulen.de didaktische Materialien zur freien Verfügung. Darin wird gezeigt, wie das Thema im Rahmen des Physikunterrichts in der gymnasialen Oberstufe behandelt werden kann. Unser Projekt »Wissenschaft in die Schulen!« führen wir in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Bad Wildbad durch. Es wird von der Klaus Tschira Stiftung gGmbH großzügig gefördert.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Bildunterschrift 1:
Das Doppelsternsystem WR 140 besteht aus einem heißen Wolf-Rayet-Stern, den ein Stern des Spektraltyps O begleitet. Ein vom Wolf-Rayet-Stern ausgehender starker Wind aus elektrisch geladenen Partikeln verformt den schwächeren Wind des Begleiters.

Bildunterschrift 2:
Die Kuppel des 0,8-Meter-Teleskops gehört zum Teide-Observatorium auf Teneriffa. Sie befindet sich auf dem Berg Izaña in einer Höhe von 2400 Metern über dem Meeresspiegel, in direkter Nachbarschaft des von den Autoren genutzten Teleskops MONS.

Bildunterschrift 3:
Das Teleskop MONS besitzt einen 50-Zentimeter-Spiegel und weist im Cassegrain-Modus eine Brennweite von 7,5 Metern auf. Im Newton-Modus lässt sich mit dem Gerät auch visuell beobachten.

Bildunterschrift 4:
Johan Knapen (links) und Berthold Stober (rechts) installieren zusammen mit dem Techniker John Morrison vom IAC den Spektrografen im Cassegrain-Fokus des Teleskops MONS.

Bildunterschrift 5:
Tony Moffat (links) und Remi Fahed von der Université de Montréal betreuten das Projekt wissenschaftlich. Fahed übernimmt die Auswertung und die Publikation. Alle Projektbeteiligten zeichnen als Koautoren.


© 2009 Thomas Eversberg, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg


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Quelle:
Sterne und Weltraum 12/09 - Dezember 2009, Seite 70 - 75
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/528-0, Fax: 06221/528-246
Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Slevogtstraße 3-5, 69126 Heidelberg
Tel.: 06221/912 66 00, Fax: 06221/912 67 51
Internet: www.astronomie-heute.de

Sterne und Weltraum erscheint monatlich (12 Hefte pro Jahr).
Das Einzelheft kostet 7,90 Euro, das Abonnement 85,20 Euro pro Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2010