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MELDUNG/183: Preis für Astrophysikalische Software der Astronomischen Gesellschaft an Volker Springel (idw)


Astronomische Gesellschaft - 21.08.2018

Preis für Astrophysikalische Software der Astronomischen Gesellschaft an Volker Springel


Prof. Dr. Volker Springel erhält den von der Astronomischen Gesellschaft (AG) in diesem Jahr erstmals vergebenen Preis für Astrophysikalische Software. Mit dieser Auszeichnung möchte die AG herausragende Leistungen rund um die Entwicklung und den Einsatz von astrophysikalischen Computerprogrammen würdigen.

Mit Prof. Dr. Volker Springel ehrt die Astronomische Gesellschaft einen der weltweit renommiertesten Astrophysiker im Bereich computergestützter Simulationen, dessen Arbeiten auch in der allgemeinen Öffentlichkeit sehr bekannt geworden sind. Berühmtes Beispiel ist seine "Millennium-Simulation" aus dem Jahre 2005, welche die zeitliche Entwicklung des Kosmos abbildet und die - auch aufgrund ihrer ästhetischen Schönheit - bis heute in zahlreichen wissenschaftlichen Filmen und Planetarien gezeigt wird.

Das Universum ist vor etwa 14 Milliarden Jahren beim Urknall entstanden und dehnt sich seither aus. Aber erst nach einiger Zeit bildeten sich erste Sterne und Galaxien aus der anfangs eher strukturlosen "Ursuppe". Seit Jahrzehnten zählt es deshalb zu den größten Herausforderungen der Astrophysik, durch komplexe Vielteilchen-Simulationen zu verstehen, wie die heute beobachtbare dreidimensionale kosmische Struktur aus Galaxien und Galaxienhaufen - das sogenannte "kosmische Netz" - entstanden ist. Durch die Entdeckung, dass offenbar 95% des Materie-Energie-Inhaltes des Universums durch dunkle Materie und dunkle Energie bestimmt sind und nur 5% auf "normale" Materie wie Sterne, Galaxien oder Gas entfallen, wurde die Herausforderung an zuverlässige Simulationen eher größer.

"Mit der Millenniums-Simulation gelang es Volker Springel, die Entwicklung des Universums mit mehr als 10 Milliarden Teilchen über das gesamte Alter des Universums zu verfolgen. Die dabei entstandenen Strukturen entsprachen in Ihrer Morphologie und Verteilung erstaunlich gut dem tatsächlich beobachteten 'kosmischen Netzwerk' aus Galaxien und Galaxienhaufen, die durch Filamente verbunden sind. Das war ein herausragendes wissenschaftliches Ergebnis!", sagt Prof. Dr. Joachim Wambsganß, Präsident der Astronomischen Gesellschaft.

Dies ist tatsächlich nicht selbstverständlich, denn auch andere Universen mit ganz anderer Strukturbildung sind denkbar (und simulierbar!) in Abhängigkeit von den verwendeten kosmologischen und physikalischen Parametern. Basis für die Millenniums-Simulation war das von Volker Springel entwickelte Computer-Programm GADGET: ein gegenüber früheren Simulationen deutlich verbessertes Programm, das zudem auch komplexere physikalische Aspekte wie galaktische Winde und die Entstehung von Sternen berücksichtigt. Mit GADGET setzte der Preisträger weltweit einen Maßstab für Simulationen dieser Art. Durch die Veröffentlichung der Daten haben die Millennium-Simulation und deren Folgeprojekte vielen Astrophysikern die Möglichkeit gegeben, eigene Untersuchungen damit zu unternehmen und damit die kosmologische Forschung maßgeblich beeinflusst. Doch Volker Springel konnte dies noch steigern: mit seinem nächsten Projekt, dem AREPO-Code, gelang ihm federführend ab 2010 die - erneut bahnbrechende - Illustris- bzw. IllustrisTNG-Simulation: die erste große, kosmologische hydrodynamische Computersimulation, mit der die im realen Universum beobachtete Mischung aus verschiedenen Galaxientypen reproduziert werden konnte. Mit neueren Simulationen (wie Aquarius und Auriga) berücksichtigt er jetzt bereits schon Magnetfelder oder das Wachstum schwarzer Löcher. Kein Wunder, dass die von Professor Springel entwickelten Computer-Codes weltweit genutzt werden und seine Veröffentlichungen höchste Zitationsraten erzielen.

Volker Springel studierte Physik an den Universitäten in Tübingen und Berkeley, promovierte 2000 am MPI für Astrophysik (MPA) und der Ludwig-Maximilians-Universität München, arbeitete anschließend an der Harvard University und im Anschluss wieder am MPA. Im Jahre 2010 wurde er als Professor ans Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) berufen und leitete die Gruppe Theoretische Astrophysik am Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS). Im August 2018 wechselte er als Direktor ans Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching. 2000 erhielt er die Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft, 2004 den Heinz Maier-Leibnitz-Preis und 2009 den Klung-Wilhelmy-Weberbank-Preis.

Die Ehrung der diesjährigen Preisträger der Astronomischen Gesellschaft findet erst im kommenden Jahr 2019 im Rahmen einer Festveranstaltung auf der Tagung der Astronomischen Gesellschaft in Stuttgart statt (17. September 2019), da in diesem Jahr aufgrund einer großen Konferenz der Internationalen Astronomischen Union in Wien keine separate Jahrestagung der AG stattfindet.


Die 1863 gegründete Astronomische Gesellschaft (AG) (http://www.astronomische-gesellschaft.de) ist eine moderne astronomische Organisation mit mehr als 800 Mitgliedern zur Förderung von Astronomie und Astrophysik und der wissenschaftlichen Vernetzung. Zu ihren wichtigsten Aktivitäten zählen die Durchführung von wissenschaftlichen Tagungen, die Herausgabe von Publikationen, die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die Auszeichnung hervorragender WissenschaftlerInnen, sowie Öffentlichkeitsarbeit und Bildung

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1644

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Astronomische Gesellschaft, 21.08.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2018

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