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PLANET/373: Lavaströme des Vulkans Arsia Mons in Daedalia Planum auf dem Mars (DLR)


Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) - 09.10.2009

Lavaströme des Vulkans Arsia Mons in Daedalia Planum auf dem Mars


Im Gebiet Tharsis auf dem Mars finden sich vier der höchsten Vulkane im Sonnensystem. Neben dem 24 Kilometer hohen Olympus Mons im Nordwesten der Region sind auch die drei Tharsis-Vulkane Ascraeus, Pavonis und Arsia wahre Giganten, deren Gipfel Höhen von fast 20 Kilometer erreichen. Südöstlich des südlichsten der drei Tharsis-Vulkane, dem 14 Kilometer hohen Arsia Mons, befindet sich Daedalia Planum, eine Ebene mit relativ wenigen Einschlagkratern. In Daedalia Planum finden sich zahlreiche erkaltete Lavaströme unterschiedlichen Alters, von denen mehrere in den hier vorgestellten Bildern dargestellt sind. Die Bilddaten wurden am 25. Dezember 2008 mit der vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betriebenen Stereokamera HRSC (High Resolution Stereo Camera) auf der ESA-Raumsonde Mars Express während Orbit 6396 aufgenommen.

Der abgebildete Ausschnitt aus Daedalia Planum - die Ebene wurde nach Daedalus benannt, in der griechischen Mythologie der Vater des Ikarus - befindet sich bei 21 Grad südlicher Breite und 243 Grad östlicher Länge. Er hat eine Ausdehnung von zirka 150 Kilometer mal 75 Kilometer und bedeckt eine Fläche von etwa 11.250 Quadratkilometern. Die gezeigte Region ist damit in etwa so groß wie die Karibikinsel Jamaika. Die Bildauflösung beträgt etwa 17 Meter pro Bildpunkt. Das gesamte Gebiet zeigt zahlreiche erkaltete Lavaströme verschiedenen Alters und unterschiedlicher Oberflächenstrukturen. Die Lava hat ihren Ursprung an der Südflanke des Vulkans Arsia Mons, der sich nordwestlich, außerhalb des Bildausschnittes befindet.

Im Übersichtsbild sind zwei große Lavaströme zu erkennen (Bildausschnitt 1). Der jüngere Lavastrom im oberen Teil des Bildausschnitts zeigt deutliche Fliessstrukturen, wie zum Beispiel einen Lavakanal, oder so genannte "Druckrücken". Diese entstehen, wenn die Lava an den Rändern oder auf der Oberfläche zu erstarren beginnt, unter der erkalteten Decke aber noch fließfähig ist und dadurch die Kruste zu Runzeln zusammenschiebt und aufwölbt. Im Gegensatz dazu ist ein deutlich älterer Lavastrom in der unteren Hälfte des Bildausschnitts zu sehen. Auf diesem sind mehr Einschlagkrater zu erkennen, und die Oberfläche erscheint glatter, weil sich im Laufe der Zeit darauf Sand und Staub abgelagert haben.

Auffällig sind zwei parallele, schräg zur Fliessrichtung verlaufende Absenkungen (Bildausschnitte 2 und 3), die etwa Nord-Süd bis Nordnordost-Südsüdwest orientiert sind. Diese Strukturen sind auf Gräben zurückzuführen, die sich unter dem Lavastrom gebildet hatten. Die Lavaströme flossen in diese Gräben und füllten diese teilweise oder sogar vollständig auf. Dort, wo es nur zu einer teilweisen Verfüllung kam, sind die Grabenstrukturen noch erkennbar. Ein Grabenabschnitt, der nicht von Lava gefüllt wurde, ist im obersten linken Ausschnitt der Draufsichten auf Daedalia Planum zu erkennen.

Interessant zu beobachten ist, wie bereits existierende Einschlagkrater von Lava angeflutet, gefüllt oder gar vollständig bedeckt wurden. Dies ist an den zwei größten Einschlagkratern im Gebiet deutlich erkennbar und besonders gut bei Betrachtung des (3D-) Anaglyphenbildes mit einer Rot-Blau-Brille zu erkennen. Der größte in der Szene erkennbare Krater (am unteren Bildrand) von etwa sieben Kilometer Durchmesser wurde nicht von den Lavaströmen verändert, jedoch sind Teile der Auswurfdecke davon überlagert. Der zweitgrößte Krater (am rechten Bildrand) hingegen wurde fast bis zum Rand aufgefüllt. Durch eine Öffnung im Kraterrand strömte Lava in den Krater hinein und füllte ihn auf. Vollständig bedeckte Einschlagkrater, deren Umrisse nur noch schwach erkennbar sind, werden auch "Geisterkrater" genannt. Ein solcher Geisterkrater befindet sich in unmittelbarer Nähe links unterhalb des zweitgrößten Impaktkraters.

Die Farbansicht wurde aus dem senkrecht blickenden Nadirkanal und den Farbkanälen der High Resolution Stereo Camera (HRSC) erstellt, die Schrägansichten wurden aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Das Anaglyphenbild, das bei Verwendung einer Rot-Cyan- oder Rot-Grün-Brille einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft vermittelt, wurde aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die schwarzweißen Bilder wurden dem Nadirkanal entnommen, der von allen Kanälen die höchste Auflösung liefert. Die höhenkodierte Bildkarte wurde aus dem digitalen Geländemodell abgeleitet, das mit dem Nadir- und den Stereokanälen erzeugt wird.

Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 45 Co-Investigatoren aus 32 Institutionen und zehn Nationen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der Leitung des PI G. Neukum entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena-Optronik GmbH). Sie wird vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am DLR. Die Darstellungen wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planetenforschung erstellt.

DLR Mars Express-Sonderseite:
http://www.dlr.de/mars/

Vollständiger Artikel mit Bildmaterial:
http://www.dlr.de/desktopdefault.aspx/tabid-5105/8598_read-20280/


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Quelle:
Pressemitteilung vom 09.10.2009
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Unternehmenskommunikation, Linder Höhe, 51147 Köln
http://www.dlr.de/


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2009