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PLANET/407: Auf der Suche nach extrasolaren Transitplaneten (SuW)


Sterne und Weltraum 6/10 - Juni 2010
Zeitschrift für Astronomie

Auf der Suche nach extrasolaren Transitplaneten

Von René Heller


Planeten um andere Sonnen, die von der Erde aus gesehen einmal während ihres Orbits vor ihrem Zentralstern vorbeiziehen, eröffnen eine bis vor Kurzem ungeahnte Palette an Möglichkeiten zu ihrer Untersuchung. Nur: Wo am Himmel lassen sich diese Kandidaten für Sternbedeckungen eigentlich finden?


Im Jahr 1995 gelang zwei Wissenschaftlerteams unabhängig voneinander die Entdeckung eines jupitergroßen Planeten um den Stern 51 Pegasi. Seitdem vergrößerte sich die Anzahl der mit verschiedenen Methoden aufgespürten Exoplaneten auf mehr als 450 Exemplare. Einige von ihnen nehmen für irdische Beobachter eine so günstige geometrische Konstellation ein, dass sie einmal pro Umlauf um ihr Muttergestirn direkt vor dessen winziger Scheibe vorbeiziehen. Dabei verringert sich die von der Erde aus gemessene Helligkeit für einige Stunden um ungefähr ein Prozent. Im Jahr 2000 gelang Astronomen erstmals die Beobachtung eines solchen Transits, und zwar um den Stern HD 209458. Heute zählt man 79 Sterne, deren periodische Lichtabfälle von der Passasage eines planetaren Begleiters herrühren.

Dank solcher Transitplaneten erfuhren Astronomen in den letzten Jahren auf der einen Seite viel über die strukturelle und atmosphärische Zusammensetzung dieser Welten. Auf der anderen Seite gewannen sie auch Aufschlüsse über die Oberflächen der während des Transits teilweise verdeckten Sterne. Auch ließ sich in einigen Fällen die geometrische Ausrichtung der Rotationsachse eines bedeckten Sterns in Bezug auf die Bahnebene des Planeten ermitteln. Die Entdeckung von Monden um Transitplaneten, der so genannten Exomonde, steht noch aus, ebenso der Nachweis chemischer Signaturen von Leben in den Atmosphären von Transitplaneten. Beides notieren die Astronomen an hoher Stelle auf ihrer Agenda, und sie analysieren dies derzeit mit Hilfe theoretischer Modelle.


Die Strategie der Transitjäger

Seit Anfang dieses Jahrtausends starteten die Forscher mehrere Projekte, deren Ziel die Entdeckung dieser begehrten Transitobjekte ist. Die meisten dieser Projekte verwenden erdgebundene Teleskope. Zwei weitere, CoRoT und Kepler, nutzen im Weltall stationierte Teleskope. Da solche geometrischen Bahnlagen von Exoplaneten, die einen Transit ermöglichen, sehr selten sind, besteht die Strategie der Suchprojekte darin, viele hunderte oder tausende von Sternen in einem bestimmten Himmelsfeld über mehrere Nächte hinweg immer wieder zu beobachten. Die gemessenen Helligkeiten lassen sich dann per Software durchforsten und nach Lichtschwankungen einzelner Sterne in dem überwachten Feld durchsuchen.

Das Ziel, möglichst viele Sterne gleichzeitig einzufangen, könnten die Astronomen durch das Ausrichten der Teleskope auf die Gebiete mit den höchsten Sterndichten am Himmel erreichen. Alternativ ließe sich ein Teleskop-Kamera-System mit einem riesigen Gesichtsfeld konstruieren. Während die letztgenannte Option aus technischen und finanziellen Gründen schwer umsetzbar ist, verbieten physikalische Gründe die blinde Wahl bei der ersten Option: In Gebieten mit sehr dichten Sternpopulationen mag es nämlich vorkommen, dass mehrere Sterne auf ein und dasselbe Pixel der verwendeten CCD-Kamera abgebildet werden. Die eventuelle Schwankung in der Helligkeit eines Sterns könnte so durch das Licht eines störenden anderen Sterns übertrumpft werden und der für die Helligkeitsschwankung ursächliche Transit bliebe unentdeckt. Sollte die Schwankung dennoch detektiert werden, ließe sich ihre Quelle unter Umständen trotzdem nicht auflösen. Die höhere Dichte an stellaren Doppel- und Dreifachsystemen, deren Komponenten durch gegenseitige Bedeckungen einen Planetentransit imitieren und die automatisierten Suchalgorithmen foppen mögen, erschweren die Suche in solchen Gebieten weiter. Auch ist die Wahl des Beobachtungsfelds durch den Aufstellungsort des Instruments auf der Erde eingeschränkt.

Hier stellt sich die Frage: Wo liegt eigentlich der für die Suche nach Transitplaneten günstigste Beobachtungsstandort auf der Erde? Von wo aus lassen sich die meisten Transits beobachten? Die Antworten hängen natürlich von der Verteilung der Sterne am Himmel ab, dürften aber aufgrund der unterschiedlichen CCD-Auflösungen und der verschieden großen Gesichtsfelder nicht für jedes Instrument gleich ausfallen. Wäre es nicht schön, die Astronomen könnten sich eine Brille mit den speziellen Eigenschaften eines bestimmten Instruments aufsetzen und am Himmel nur noch jene Sterne sehen, die einen hinreichend großen Transitplaneten beherbergen und mit dem jeweiligen Instrument zu beobachten sind? Dann ließe sich das Teleskop ganz einfach auf diese Objekte richten, und man müsste nur noch warten, bis sich der Durchgang ereignet.


Die Transitvorhersage für morgen...

So einfach ist es zwar nicht, aber mit einem damit verwandten und durchaus verheißungsvollen Ansatz lassen sich zumindest die Transitwahrscheinlichkeiten an den Himmel projizieren. Diese Projektion vermag dann den Beobachtern zumindest eine Empfehlung zu liefern. Dazu möchten wir erst einmal wissen, an welchen Positionen am Himmel es überhaupt Sterne gibt. Unsere Wahl fiel auf den Tycho-Katalog. Dort sind die Positionen von etwas mehr als einer Million Sterne aufgeführt. Der Katalog basiert auf den Daten des Astrometriesatelliten Hipparcos und wurde Anfang der 1990er Jahre erstellt. In ihm findet man neben der Position noch weitere Parameter der vermessenen Sterne, etwa ihre scheinbare Helligkeit, ihren Farbindex und für die meisten von ihnen auch die Entfernung zur Erde.

Für Sterne auf der Hauptreihe gelten stabile Beziehungen zwischen dem Farbindex und der Oberflächentemperatur (siehe Kasten auf S. 30). Neben dieser empirischen Beziehung existieren noch andere, mit deren Hilfe sich der Radius, die Masse und sogar die Metallizität eines Sterns aus den Daten im Tycho-Katalog ableiten lassen. Als Metallizität bezeichnen die Astronomen den Anteil aller Elemente schwerer als Helium relativ zum leichtesten und zugleich häufigsten Element Wasserstoff.


Was sich aus den Daten des Tycho-Katalogs lernen lässt

Der umfangreiche Tycho-Katalog, unter Astronomen kurz TYC genannt, enthält die Positionsangaben von rund einer Million Sterne. Die Messungen führte der europäische Astrometriesatellit Hipparcos zwischen August 1989 und März 1993 durch. Neben den Positionen vermaß Hipparcos auch die Helligkeit der Sterne in zwei Farben, die annähernd den bekannten Farben B and V des Farbsystems UBV nach Johnson entsprechen, das der amerikanische Astronom Harold Lester Johnson in den 1950er Jahren aufstellte. Die Präzision dieser Messungen war bis dato unerreicht. Die Positionswerte sind auf plus/minus 0,02 Bogensekunden genau, die Helligkeitsmessungen auf wenigstens 0,06 mag. Als ganz wichtigen Parameter enthält der Katalog auch die Parallaxen der Sterne, also den Winkel, um den sie am Himmel hin- und herwackeln, je nachdem, auf welcher Seite der Erdbahn sich die Erde und Hipparcos gerade befinden. Aus der Parallaxe π lässt sich die Entfernung des Sterns berechnen: d = 1/π, wobei sich d in der astronomischen Längeneinheit Parsec (= 3,26 Lichtjahre) ergibt, sofern man π in Bogensekunden angibt.

Für Hauptreihensterne existiert eine stabile Beziehung zwischen dem Farbindex B - V und der Oberflächentemperatur der Sterne, auch effektive Temperatur Teff genannt. Für solche Sterne zeigte sich, dass die Beziehung

eine sehr gute Näherung ist. Beispielsweise folgt für die Sonne mit ihrem Farbindex B - V ≈ 0,65 mag eine Oberflächentemperatur von rund 5900 Kelvin. Das kommt recht nahe an den tatsächlichen Wert 5778 Kelvin heran.

Neben dieser empirischen Beziehung zwischen Farbindex und effektiver Temperatur lassen sich für Hauptreihensterne noch andere Beziehungen nutzen, um den Radius, die Masse und sogar die Metallizität [Fe/H] eines Sterns aus den Daten im Tycho-Katalog abzuleiten. Aus Messungen der Radialgeschwindigkeiten von 850 Sternen fanden Astronomen eine bestimmte Wahrscheinlichkeit PPlanet für das Auftreten von jupiterähnlichen Planeten in engen Umlaufbahnen um einen Stern. Die Planetenhäufigkeit hängt dabei erstaunlicherweise lediglich von der Sternmetallizität ab:

PPlanet = 0,03 · 10² · [Fe/H].

Zusammen mit dieser statistischen Aussage lässt sich aus den im Tycho-Katalog enthaltenen Daten damit die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Planeten um einen bestimmten Stern errechnen.


An dieser Stelle ist man der Vorhersage eines Transits um einen bestimmten Stern schon sehr nahe. Es gilt noch eine weitere empirische Relation zu nutzen: Auf der Basis von Radialgeschwindigkeitsmessungen an 850 Sternen konnten Astronomen nämlich eine bestimmte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von jupiterähnlichen Planeten in engen Bahnen um einen Stern finden. Der erstaunliche Zusammenhang ist, dass die Planetenhäufigkeit in statistischer Weise lediglich von der Metatallizität des Stern abhängt (siehe Kasten auf S. 30 Printausgabe). Mit der Kenntnis der Metallizität ist es also an dieser Stelle gelungen, die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Planeten um einen bestimmten Stern zu errechnen. Berücksichtigt man nun noch den geometrischen Aspekt der Wahrscheinlichkeit eines Transits und beschränkt man sich auf einen bestimmten Beobachtungszeitraum, in unserem Fall auf 50 Tage, so kann man den statistischen Erwartungswert der um einen Stern auftretenden Transits innerhalb des Beobachtungszeitraums vorhersagen.

Ist der Erwartungswert für alle Hauptreihensterne im Tycho-Katalog berechnet, so lässt sich eine Himmelskarte erstellen, in der diese Erwartungswerte für Transits aufgetragen sind (siehe Bild auf S. 31 Printausgabe). Deutlich zeichnet sich in der Grafik eine Verteilung ab, die jener der Sternverteilung sehr ähnlich ist und dem Band der Milchstraße folgt (siehe Infografik auf S. 36 Printausgabe).

Die Auswertung dieser Karte verheißt Gutes für Transit(planeten)jäger und ist im Bild links dargestellt. Die Grafik zeigt die Anzahl der tatsächlich beobachteten Transitplaneten, aufgetragen gegen die scheinbare visuelle Helligkeit der Sterne, und zum direkten Vergleich die entsprechende Auswertung der Karte mit den Erwartungswerten. Die Vorhersage lautet, dass am Himmel rund zwanzig Transits um Sterne heller als 8 mag sichtbar sein sollten, während aktuell nur zwei bekannt sind, nämlich die um die Sterne HD209458 und HD189733. Hier schlummert also ein gewaltiges Entdeckungspotenzial.


Empfehlungen für laufende Durchmusterungen

Die erwartete Verteilung von Transitplaneten über den Himmel liefert eine weitere Erkenntnis: Die meisten Transits dürften von einer bestimmten geografischen Breite aus sichtbar sein: ein Grad südlich. Wäre die Verteilung der Sterne und ihrer Eigenschaften am Himmel homogen, so hätte man dieses Resultat bereits ahnen können. Denn am Äquator einer idealen rotierenden Kugel stehend, vermag ein Beobachter innerhalb nur eines Umlaufs, also im Verlauf eines Tages, von Pol zu Pol blickend die gesamte Himmelssphäre zu sondieren. Befindet sich der Standpunkt jedoch an einem der Pole, so erlangt der Beobachter lediglich Zugang zur halben Sphäre, also nur zur Hälfte der Sterne bei einer homogenen Sternverteilung. Die ungleichmäßige Verteilung der Sterne am Himmel ist bedingt durch die Neigung der Erdrotationsachse gegen die Scheibe der Milchstraße mit ihrer darüber hinaus inhomogenen Sternverteilung entlang des Milchstraßen bands. Sie ließe eigentlich auch andere Breitengrade als aussichtsreichste Standorte zu. Unsere Untersuchung zeigt jedoch: Will man ein Instrument zur Entdeckung und Messung von Transits aufstellen, dann sollte man seine Ausrüstung am besten einen Breitengrad südlich des Äquators aufstellen.

Doch wie steht es um die Programme zum Auffinden von Transits, die bereits im Gange sind? Lässt sich aus der Himmelskarte der erwarteten Transits vielleicht gar für jedes dieser Instrumente eine Einsicht in die potenziell ertragreichsten Plätze am Himmel gewinnen? Eine Empfehlung wäre doch schön.


Transits und Suchprogramme

BEST - Zum »Berlin Exoplanet Search Telescope« BEST in Südfrankreich gesellte sich mittlerweile ein zweites Weitwinkelteleskop BEST II in Chile. Das Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt betreibt die beiden kleinen automatischen 25-Zentimeter-Teleskope zur Suche nach Transits, die von jupitergroßen Exoplaneten verursacht werden.

XO Project - Auf dem Haleakala auf Maui, Hawaii, sucht ein automatisches System aus Objektiv und CCD-Kamera mit 20 Zentimeter Öffnung nach Transits. Das von der NASA getragene Projekt vereint Wissenschaftler vom Space Telescope Science Institute und von mehreren amerikanischen Universitäten.

SuperWASP - Das britische Projekt »Wide Angle Search for Planets« zur Suche nach Transits betreibt zwei robotische Observatorien, je eines pro Hemisphäre. SuperWASP-North befindet sich auf La Palma, SuperWASP-South steht auf dem Gelände des südafrikanischen astronomischen Observatoriums SAAO. Jeweils acht Weitwinkelkameras überwachen simultan Millionen Sterne.

HATNet - Das ursprünglich von der ungarischen Astronomischen Gesellschaft HAA entwickelte automatische Teleskop mit elf Zentimeter Öffnung HAT (Hungarianmade Automated Telescope) ist mittlerweile Teil eines Netzwerks von sechs gleichartigen Teleskopen. Das HATNet wird nun vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics betreut. Die zwei Hauptstationen befinden sich beim Fred Lawrence Whipple Observatory auf dem Mount Hopkins in Arizona und beim Submillimeter Array SMA auf dem Mauna Kea, Hawaii.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Liegt die Bahnebene eines Exoplaneten um seinen Zentralstern nahe der Sichtlinie zur Erde, so kann es zu einem Transit kommen, bei dem der Exoplanet vor seinem Stern vorbeizieht. Dabei schwächt er dessen Licht geringfügig ab. Die bisher gefundenen Transitplaneten überstreichen die Sternscheibe in wenigen Stunden und senken dessen Helligkeit dabei um etwa ein Prozent, was sich recht einfach nachweisen lässt - ist das Objekt erst einmal gefunden.

Die Erwartungswerte der zu beobachtenden Transits im Gesichtsfeld der vier etablierten Transitsuchprogramme BEST, XO, SuperWASP und HATNet sind hier farbig kodiert. Die Rauten markieren die Erstentdeckungen der Durchmusterungen. Die weißen Areale liegen permanent unter dem Horizont.


Zunächst gilt es zu begutachten, welche Parameter die Effizienz eines Instruments bestimmen. Da ist zum einen die Pixelgröße der verwendeten CCD-Kamera. Sie bestimmt das Auflösungsvermögen und liegt für Weitfeld-Durchmusterungen typischerweise in der Größenordnung von einigen Bogensekunden am Himmel pro Millimeter auf dem CCD-Chip. Je kleiner dieses Verhältnis ist, desto höher ist die Auflösung und umso besser ließe sich ein Stern, der Lichtfluktuationen von einem Transitobjekt aufweist, von einem benachbarten Stern getrennt beobachten. Des Weiteren muss die Größe des Gesichtsfelds berücksichtigt werden. Mit zunehmender Größe gewinnt man mehr Sterne, die sich gleichzeitig beobachten lassen, und erhöht so die Chance, im überwachten Feld einen Transit zu erhaschen. Die Sensibilität des Chips bestimmt schließlich den Helligkeitsbereich, welcher der Instrumentierung zugänglich ist. Die drei bis heute erfolgreichsten erdgebundenen Transitprogramme HATNet, SuperWASP und XO haben Zugang zu Objekten im Helligkeitsbereich von ungefähr 8 bis 12 mag. In diesem Bereich befinden sich auch die meisten Sterne des Tycho-Katalogs.

Die Pixelgröße, das Gesichtsfeld und die Empfindlichkeit des CCDs definieren also die virtuelle Brille eines Instruments, durch die hindurch man sich nun die Grafik auf S. 31 erneut anschauen kann. In unserer Arbeit berücksichtigten wir die Standorte der Instrumente der Programme BEST, XO, SuperWASP und HATNet (siehe Kasten auf S. 33 Printausgabe). Das Ergebnis zeigen die Grafiken auf S. 32 und 33 unten. Hier ist nun nicht mehr die erwartete Anzahl der auftretenden Transits um die Sterne gezeigt, sondern der Erwartungswert der tatsächlich beobachtbaren Ereignisse für das Gesichtsfeld des jeweiligen Instruments. Dabei zeich et sich ab, dass BEST mit seinnem Teleskop eher mäßig abschneidet. Grund hierfür ist das kleine Gesichtsfeld von 3,1 x 3,1 Grad, das trotz der relativ hohen Auflösung des CCDs von 5,5 Bogensekunden pro Millimeter nur geringe »Fangquoten« zulässt. Die drei erfolgreichsten Programme nutzen hingegen nicht Teleskope, sondern Linsensysteme mit weitaus größeren Gesichtsfeldern. So umfasst beispielsweise dasjenige von SuperWASP immerhin 7,8 x 7,8 Grad. Die in der Reihenfolge steigender Effizienz geordnete Vorhersage für die vier Surveys - also BEST, XO, SuperWASP und HATNet - deckt sich fast mit der Erfahrung: Während BEST keine Erstdetektion vorweisen kann, waren XO mit fünf, SuperWASP mit 26 und HATNet mit 13 weitaus erfolgreicher. Der Verbund mehrerer Instrumente an verschiedenen Standorten und die unterschiedlichen Beobachtungsstrategien und Prozeduren in der Datenauswertung der einzelnen Programme verzerren unsere optimistische Vorhersage für HATNet zugunsten von SuperWASP, der bisher erfolgreichsten Unternehmung.

Mit diesen Transithimmelskarten erhalten Astronomen eine Abschätzung der noch zu erwartenden Anzahl an beobachtbaren exoplanetaren Transits, insbesondere um helle Sterne, sowie ihrer Verteilung am Himmel. Die Methode der virtuellen Transitbrille für die jeweiligen Suchprogramme gibt konkrete Hinweise auf fruchtbare Beobachtungsfelder. Das geplante »Panoramic Survey Telescope and Rapid Response System« Pan-STARRS wird schon bald mit hoher Auflösung den Himmel bis zu extrem leuchtschwachen Sternen der Helligkeit 24 mag kartieren und die Erstellung noch deutlich detaillierterer Karten zulassen. In der Zukunft kommen auch neue, weitaus empfindlichere Spektrografen zum Einsatz. Dazu gehören zum Beispiel ESPRESSO für das Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO und CODEX für das European Extremely Large Telescope E-ELT. Im Zusammenspiel mit ihnen lassen sich dann für viele leuchtschwache Objekte auch die stellaren Radialgeschwindigkeiten messen, welche die Transitkandidaten konkret bestätigen oder aber als Fehlalarm enttarnen. Auf Basis des schnellen Reaktionssystems Pan-STARRS und unter Berücksichtigung der Kapazitäten der dann möglichen spektralen Nachuntersuchung der Kandidaten eröffnen sich neue Möglichkeiten: Mit der hier vorgestellten Methode lassen sich nach den zuvor erstellten Transitkarten regelrechte Transitsurveys beginnen und die instrumentellen Eigenschaften bereits im Voraus an die geografische Lage anpassen.


RENÉ HELLER promoviert an der Hamburger Sternwarte über die Entwicklung Brauner Zwerge und die Eigenschaften extrasolarer Planeten.



Literaturhinweise

Mayor M., et al.: A Jupiter-mass companion to a solar-type star. In: Nature 378, S. 355-359, 1995.

Marcy, G. W., et al.: The planet around 51 Pegasi. In: The Astrophysical Journal 481, S. 926-935, 1997.

Charbonneau, D., et al.: Detection of planetary transits across a sun-like star. In: The Astrophysical Journal 529, S. L45-L48, 2000.

Fischer, D. und Valenti, J.: The planet-metallicity correlation. In: The Astrophysical Journal 622, S. 1102-1117, 2005.

Heller, R., et al.: Transit detections of extrasolar planets around main-sequence stars - I. A sky map for Hot Jupiters. In: Astronomy and Astrophysics 508, S. 1509-1514, 2009 (arxiv:0910.2887).


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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. S. 31:
Die Karte zeigt farbig kodiert die erwartete Anzahl von Transits pro virtuellem 838-Grad-Gesichtsfeld am Himmel. Die Positionen der 79 bis zum April 2010 bekannt gewordenen Transitplaneten sind markiert.

Abb. S. 32:
Die Anzahl beobachteter Transitplaneten sollte gemäß der Voraussage der Grafik auf S. 31 mit abnehmender Helligkeit der Zentralsterne - also zunehmender Magnitude - stark zunehmen (grüne Linie). Detektiert wurde bisher eine weit geringere Anzahl (orangefarbene Balken, geordnet pro Helligkeitsstufe von einer Magnitude im sichtbaren Licht der Zentralterne). Das Potenzial ist also enorm.

Abb. S. 34:
Seit 1995 emtdeckte Exoplaneten
Die Anzahl der pro Jahr entdeckten Exoplaneten hat seit 1995 beständig zugenommen (übereinanderliegende Etagen dieser Grafik). Nach links hinten ist die Bahnexzentrizität der Planeten aufgetragen, nach rechts ihr Bahnradius. Der Durchmesser der Körper beschreibt ihre Masse; Transitplaneten sind als Würfel dargestellt.


© 2010 René Heller, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg


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Quelle:
Sterne und Weltraum 6/10 - Juni 2010, Seite 30 - 35
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
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Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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Internet: www.astronomie-heute.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. August 2010