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MELDUNG/259: Forscher entdecken neues Leben in Reinräumen der NASA und ESA (idw)


Universität Regensburg - 02.12.2013

Mikroben in der Raumschiff-Werkstatt: Forscher entdecken neues Leben in Reinräumen der NASA und ESA



Ein internationales Forscherteam hat eine neue Form von Bakterien entdeckt, die in Reinräumen der NASA und der ESA überleben können. In diesen Reinräumen werden Raumschiffe und Raumsonden gebaut. Gemeinsam mit Kollegen aus den USA konnten die Forscher um Dr. Christine Moissl-Eichinger vom Lehrstuhl für Mikrobiologie der Universität Regensburg die Mikroorganismen bereits an zwei Orten nachweisen, die zudem 4.000 km voneinander entfernt sind: im Kennedy Space Center in Florida/USA und im ESA-Raumfahrtzentrum in Kourou/Französisch-Guyana. Die Entdeckung wurde in der Fachzeitschrift "International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology" veröffentlicht (DOI: 10.1099/ijs.0.047134-0).

Die NASA und die ESA nutzen sterile Reinräume für den Bau von Raumschiffen oder Raumsonden, um jegliche Form der Kontamination bei der Suche nach extraterrestrischem Leben im Vorfeld zu vermeiden. Die entsprechenden Räume werden regelmäßig mit speziellen Chemikalien gereinigt und bei Überdruck gehalten. Ultraviolettes Licht und Hitzebehandlung werden dazu genutzt, um Objekte zu säubern, die in die Räumlichkeiten gelangen. Die Arbeiter müssen zudem Spezialanzüge tragen. "Es ist einer der saubersten Plätze auf Erden", erklärt der Mikrobiologe Dr. Parag Vaishampayan vom NASA Jet Propulsion Laboratory im kalifornischen Pasadena, der an der neuen Entdeckung maßgeblich beteiligt war.

Allen Sicherheitsvorkehrungen zum Trotz finden sich aber immer wieder Mikroben in den Reinräumen. NASA und ESA nehmen regelmäßig Proben auf der Suche nach möglichen Verunreinigungen durch Bakterien. Allerdings konnte bislang noch kein Organismus an zwei unterschiedlichen und weit voneinander entfernten Orten nachgewiesen werden.

Doch nicht allein deshalb ist das beerenförmige Bakterium Tersicoccus phoenicis ungewöhnlich, das jetzt erstmals entdeckt wurde. Es hat auch weniger als 95 % der genetischen Informationen mit seinen nächstverwandten Balkterien gemeinsam, weshalb Tersicoccus phoenicis nicht nur als neue Art, sondern sogar als neue Gattung klassifiziert wurde.

Die lediglich einen Mikrometer großen Bakterien können sich gut an die in den Reinräumen vorherrschenden extremen Umweltbedingungen - Trockenheit, Nahrungsmangel oder besondere Desinfektionsmittel - anpassen. "Wir sind uns aber derzeit noch nicht sicher, ob Tersicoccus phoenicis nur in Reinräumen zu finden ist, oder ob es auch woanders vorkommt und bislang einfach einer Entdeckung entkommen konnte", so Dr. Moissl-Eichinger.

Seinen Beinamen hat das Bakterium aber auf jeden Fall seinem ersten Fundort zu verdanken. Während der "Vorname" auf die lateinischen Begriffe "tersus" für rein oder sauber und "coccus" für Beere zurückgeht, bezieht sich der Beiname "Phoenicis" auf den Phoenix Mars Lander; das Vehikel, das sich in Florida im Bau befand, als das Bakterium erstmals gefunden wurde.

Die biochemische Analyse der Bakterien erfolgte in Kooperation mit Forschern der Deutschen Kulturensammlung (www.dsmz.de). In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum in Köln (DLR) wurde dort bereits eine eigene Sammlung für Raumfahrt-Mikroben aufgebaut [1].

So ist die Entdeckung von Tersicoccus phoenicis auch für die Suche nach extraterrestrischem Leben von Bedeutung. Detaillierte Informationen über die in den Reinräumen vorkommenden Mikroben können dabei helfen zu klären, ob man bei einem neuen Fund wirklich außerirdisches Leben vor sich hat oder lediglich Anzeichen auf blinde Passagiere von der Erde.

Der Originalaufsatz im Netz unter:
http://ijs.sgmjournals.org/content/63/Pt_7/2463.full.pdf


Anmerkung:
[1] www.dsmz.de/catalogues/catalogue-microorganisms/specific-catalogues/esa-strains.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution87

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Regensburg, Alexander Schlaak, 02.12.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2013