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ORNITHOLOGIE/167: Zebrafinken - Gesang angeboren und erlernt (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 9/2009

Ornithologie aktuell

Zebrafinken: Gesang angeboren und erlernt


Lautäußerungen spielen eine elementare Rolle im Leben von Vögeln. Zebrafinken (Taeniopygia guttata) verfügen über ein Repertoire an Liedern, die sie - nicht zuletzt dank eines speziellen Taktgebers im Gehirn (dem sogenannten HVC-Areal) - immer in exakt der gleichen Weise wiedergeben können. Sie lernen den Gesang auch ohne Vorbilder, doch dann klingt er anders als beim Rest der Familie. Man ließ Zebrafinkenmännchen isoliert aufwachsen und verglich ihre Gesänge mit denen von Artgenossen, die das Singen von älteren Männchen gelernt hatten. Der Gesang, der ab dem Alter von 30 Tagen einzeln gehaltenen Vögel wich, nachdem er sich drei Monate allein entwickeln konnte, stark von dem der übrigen Artgenossen ab. Bei den isolierten Männchen war der Gesang - eine Abfolge von individuellen feststehenden Silben, die in der gleichen Reihenfolge wiederholt gesungen werden - sehr viel weniger strukturiert, lauter, mit hohen Ausreißern und besaß auch keinen Rhythmus. Man setzte die isoliert aufgewachsenen, bereits älteren Männchen dann zu je einem männlichen Jungvogel. Letztere orientierten sich an den älteren und imitierten deren weniger klangvolle Tonfolgen. Sie übernahmen die Silben ihrer Lehrer, sangen aber in einem Rhythmus, der mehr dem normalen Gesang ähnelte. Diese Jungvögel setzte man wieder der nächsten Generation als Lehrer vor und nach drei bis vier Generationen hafte sich der Gesang der Jungvögel dem normaler Populationen angeglichen. Demzufolge ist der Gesang offenbar teilweise genetisch festgelegt und wird in der Jugend durch die Umwelt weiter beeinflusst. Zunächst brabbeln die Jungen also munter vor sich hin und lernen dann nach und nach den arttypischen Gesang. Auf diese Weise kann das Liedgut von Kolonie zu Kolonie variieren und gleichzeitig immer noch nach Zebrafink klingen - biologisch betrachtet ein "Multigenerationen-Phänotyp", der mehrere Generationen für seine Ausbildung benötigt. Nicht nur am Rande von Interesse: Beim Üben in ihrer Jugend nutzen die Vögel eine andere Hirnregion als später beim Singen. (wir)

O. Fehér u.a., Nature, online-Vorabversion
doi: 10.1038/nature079994, 2009.


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Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 9/2009
56. Jahrgang, September 2009, S. 323
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2009