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ZOOLOGIE/1193: Die Eiflecken der Buntbarsche - Wie in der Evolution neue Merkmale entstehen (idw)


Universität Basel - 09.10.2014

Die Eiflecken der Buntbarsche: Wie in der Evolution neue Merkmale entstehen



Die Entstehung von komplett neuen Merkmalen mit neuen Funktionen stellt die Evolutionsbiologie seit jeher vor ein Rätsel. Basler Forscher konnten nun an einem Farbmerkmal von Buntbarschen - den Eiflecken - zeigen, was die Entstehung dieser evolutionären Innovation ausgelöst hat: nämlich ein mobiles genetisches Element im Schaltbereich eines Farb-Gens. Ihre Arbeit wird in der aktuellen Ausgabe des renommierten Wissenschaftsmagazins «Nature Communications» vorgestellt.

Biologische Evolution beruht im Allgemeinen auf der allmählichen Veränderung von Merkmalen durch natürliche oder sexuelle Selektion. Immer wieder werden jedoch komplexe Merkmale mit neuen Funktionen gebildet wie etwa Insektenflügel, Federn oder die Plazenta. Die Entstehung solcher evolutionärer Innovationen lässt sich oft nur schwer mit der schrittweisen Modifikation bereits bestehender Merkmale erklären. Es ist ausserdem weitgehend unbekannt, welche Veränderungen im Erbgut zu evolutionären Neuerungen führen.

Foto: © Fachbereich Zoologie, Universität Basel

Die Analflosse des Buntbarschs Astatotilapia burtoni mit dem charakteristischen Eifleckenmuster
Foto: © Fachbereich Zoologie, Universität Basel

Einem Team von Basler Forschern um Prof. Walter Salzburger vom Fachbereich Zoologie und Prof. Markus Affolter vom Biozentrum ist es nun gelungen, die genetischen und entwicklungsbiologischen Grundlagen einer evolutionären Innovation bei den afrikanischen Buntbarschen aufzuklären. Die Männchen von über 1500 Arten besitzen ein auffälliges Farbmuster auf der Analflosse - sogenannte Eiflecken -, die eine zentrale Rolle beim Befruchtungsvorgang dieser maulbrütenden Fische spielen. Das Weibchen nimmt die Eier nämlich direkt nach der Eiablage in ihr Maul, bevor sie ein Männchen befruchtet. Dieses präsentiert nun seine auffällig gefärbten Ei-Attrappen, worauf das Weibchen mit Aufschnappen reagiert - und erst jetzt kommt es zur Befruchtung der Eier im Maul des Weibchens.


Die Rolle der «springenden Gene»

Die Basler Biologen konnten nun zeigen, dass die Entstehung der Eiflecken mit der Einlagerung eines mobilen genetischen Elements - eines «springenden Gens» - in der regulatorischen Region eines neu entdeckten Farb-Gens gekoppelt ist. Solche mobile Elemente sind kurze DNA-Abschnitte, die ihre Position im Erbgut verändern und unter anderem die Regulation von andern Genen beeinflussen können. Die Forscher kamen dieser Erbgutveränderung durch eine eingehende Analyse des Erbguts von fünf Buntbarscharten auf die Spur, von deren Entschlüsselung ein internationales Konsortium - unter Beteiligung der Basler Zoologen - kürzlich im Wissenschaftsmagazin «Nature» berichtete.

Im Fall der Eiflecken der Buntbarsche führt die Präsenz des «springenden Gens» vor einem Farb-Gen mit der Bezeichnung fhl2b zu einer Veränderung der Gen-Expression in Pigmentzellen und somit zur Ausbildung des Eifleckenmusters auf der männlichen Analflosse. Zu diesem Schluss kamen die Forscher, nachdem sie jenen Bereich des Buntbarsch-Erbguts, der das mobile genetische Element enthält, in Zebrafisch-Embryonen eingeschleust hatten. Tatsächlich konnten sie in einer speziellen Gruppe von Pigmentzellen eine entsprechende Expression feststellen. «Einmal mehr zeigen diese Ergebnisse, welch eine wichtige Rolle die Veränderung der Gen-Expression in der Evolution spielt», kommentiert Prof. Walter Salzburger die Befunde.

Foto: © Anya Theis, Fachbereich Zoologie, Universität Basel

Ein Buntbarschweibchen beim Maulbrüten
Foto: © Anya Theis, Fachbereich Zoologie, Universität Basel


Originalbeiträge
M. Emilia Santos, Ingo Braasch, Nicolas Boileau, Britta S. Meyer, Loic Sauteur, Astrid Böhne, Heinz-Georg Belting, Markus Affolter & Walter Salzburger
The evolution of cichlid fish egg-spots is linked with a cis-regulatory change
Nature Communications 5:5149 (10.1038/ncomms6149)

David Brawand et al.
The genomic substrate for adaptive radiation in African cichlid fish
Nature 513: 375-381.


Weitere Informationen unter:
http://www.unibas.ch/index.cfm?uuid=EFD2A894CFF39024457223916C8B6E46&type=search&show_long=1

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Basel, Olivia Poisson, 09.10.2014
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Oktober 2014