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ZOOLOGIE/951: Genetische Grundlagen der Partnerwahl - Forschungsnetzwerk gegründet (idw)


Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin - 22.02.2012

Genetische Grundlagen der Partnerwahl - Forschungsnetzwerk gegründet


Unter Federführung des Leibniz-Instituts Museum für Naturkunde Berlin hat sich ein Netzwerk aus Evolutionsbiologen, Molekulargenetikern und Bioinformatikern aus sechs Forschungseinrichtungen in Berlin und Potsdam im Forschungsnetzwerk GENART zusammengeschlossen. Mit 1,04 Millionen Euro gefördert von der Leibniz-Gemeinschaft, werden die genetischen Grundlagen der biologischen Artbildung untersucht. Die Arten der ausgewählten Tiergruppen - Feldheuschrecken, Grillen und Nilhechte - verwenden zur Partnerfindung komplexe Gesänge bzw. elektrische Entladungen. Inwieweit die artspezifischen Kommunikationssignale genetisch beeinflusst werden, wird nun untersucht.

"Generell gilt sexuelle Selektion als wichtige Triebfeder für die Entstehung biologischer Vielfalt", so Projektleiter und Sprecher Dr. Frieder Mayer vom Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Aufspaltung einer biologischen Art in zwei fortpflanzungsfähige isolierte Arten ist der entscheidende Schritt bei der Entstehung biologischer Artenvielfalt. Ein Verständnis der evolutionären Mechanismen, die zur Differenzierung von Populationen und Entstehung neuer Arten führen, gehört daher zu den grundlegendsten und auch aktuellsten Themen der Evolutions- und Biodiversitätsforschung. Während die ökologischen Mechanismen und biogeographischen Muster der Artbildung vergleichsweise gut untersucht sind, wissen wir nur wenig über die genetischen Grundlagen von ökologischer Anpassung und Artbildung. Einen neuen Forschungsansatz ermöglicht ein systematisches Durchsuchen ganzer Genome nach funktionell wichtigen Genen. Diese Perspektive bietet nun die Next-Generation-Sequencing (NGS)-Technologie, die es erlaubt, die Beschränkung auf genetische Modellorganismen zu überwinden und neue Fokusarten entsprechend ihrer Eignung für ökologische und evolutionsbiologische Fragestellungen heranzuziehen.

Bei drei evolutionär erfolgreichen Tiergruppen werden nun die Genome nach den für die Artbildung funktionell wichtigen Genen durchsucht. Die ausgewählten Tiergruppen zeigen eine entscheidende Gemeinsamkeit: zur Partnerfindung verwenden sie artspezifische Kommunikationssignale, die unter sexueller Selektion stehen und deren Zeitstruktur die entscheidenden Merkmale für Arterkennung und damit für die reproduktive Isolation von Arten liefern. Entsprechend sind auch bei allen drei Tiergruppen die sensorischen Empfängermechanismen auf die Analyse von Zeitmustern spezialisiert. So erzeugen z.B. die Heuschrecken der Gattung Chorthippus, die durch eine außerordentlich große Zahl nah verwandter Arten charakterisiert ist, sehr artspezifische Gesänge, obwohl sich nahe verwandte Arten morphologisch und genetisch kaum unterscheiden. Männchen und Weibchen einer Art finden also über den Gesang zueinander. Untersuchungen an afrikanischen Nilhechten (Mormyridae) der Gattung Campylomormyrus haben gezeigt, dass die Divergenz im Zeitmuster der Entladung elektrischer Signale der evolutionäre Auslöser für die rasche Artbildung in dieser Gattung ist. Weibchen wählen ihren Partner entsprechend der artspezifischen Entladung aus, wobei es unerheblich ist, ob dieses Signal von einem realen Männchen oder artifiziell als Playback erzeugt wird.

Es fanden sich bereits Hinweise darauf, dass bei ganz unterschiedlichen Tiergruppen dieselben Gene das Zeitmuster von Kommunikationssignalen beeinflussen können. Diese These muss nun weiter überprüft werden.


Beteiligte Institutionen

Museum für Naturkunde (MfN) - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin;
www.naturkundemuseum-berlin.de
und die Vernetzungspartner Humboldt-Universität zu Berlin;
www.hu-berlin.de
Universität Potsdam;
www.uni-potsdam.de
Berlin Centre for Genomics in Biodiversity Research (BeGenDiv),
www.begendiv.de
Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW);
www.izw-berlin.de
Berlin Institute for Medical Systems Biology (BIMSB) des Max-Delbrück-Zentrums für Molekulare Medizin;
www.mdc-berlin.de/de/bimsb/index.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1323


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und
Biodiversitätsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin,
Dr. Gesine Steiner, 22.02.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2012