Institute of Science and Technology Austria - 25.06.2018
Neuer Wirkungsmechanismus des Pflanzenhormons Auxin nachgewiesen
Das Hormon Auxin ist für die Entwicklung von Pflanzen essentiell. Es steuert eine Vielzahl von Prozessen, von der Embryonalentwicklung im Samen bis zur Verzweigung der wachsenden Pflanze. Bislang glaubte man, dass sein Signalmechanismus hauptsächlich im Zellkern wirkt und ausschließlich über ein Regulieren der Gentranskription funktioniert. WissenschaftlerInnen um Jiří Friml vom Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) haben nun aber bewiesen, dass ein anderer Wirkmechanismus existiert und dass die Zellen in den Wurzeln auch unmittelbar auf Auxin reagieren können. Diese Wirkungsweise ermöglicht eine schnelle Richtungsanpassung des Wurzelwachstums.
Eine Wurzel die von dem Forscherteam beim Wachsen beobachtet wurde.
Die Farben kommen durch einen fluoreszierenden Auxinindikator zustande.
Rot zeigt große Mengen von Auxin, grün geringe.
Bild: © Matouš Glanc
Wenn der Samen einer Pflanze keimt, muss die Wurzel schnell die Richtung der Schwerkraft erkennen, sich entsprechend biegen und nach unten wachsen, um festen Halt, Wasser und Nährstoffe zu finden. Eine solche Biegung wird erreicht, indem sich das Wachstum der Zellen auf einer Seite der Wurzel fortsetzt, während es auf der anderen Seite gehemmt wird. Diese Hemmung wird bekanntermaßen durch das Hormon Auxin ausgelöst und erfolgt sehr schnell, die genauen Reaktionszeiten waren aber schwierig zu messen. Mit einem innovativen Experimentaufbau konnten die ForscherInnen nun herausfinden, wie schnell genau die Wurzeln auf Änderungen der Auxinkonzentration reagieren. Sie fanden, dass die Anpassung der Wachstumsrate extrem schnell erfolgt - viel zu schnell, um durch den Mechanismus der Gentranskription erklärt zu werden. Sie folgern, dass es einen entsprechend schnellen Wahrnehmungsmechanismus geben muss.
Der neue Mechanismus ist jedoch nicht völlig unbekannt. Komponenten des gut untersuchten Signalweges, der TIR1-Rezeptor, werden für die neue Wirkungsweise benötigt. "Wir haben mit unserem Experiment bewiesen, dass die Signalübertragung tatsächlich nicht über Transkription funktioniert, aber wir haben auch gesehen, dass Komponenten des ursprünglichen Transkriptionssignalweges benötigt werden", erklärt Jiří Friml, Professor am IST Austria und Leiter der Forschungsgruppe. "Dies bedeutet, dass wir es nicht mit einem völlig neuen Weg, sondern mit einem neuen Zweig des kanonischen Weges zu tun haben", fügt er hinzu.
Für ihre Studie nutzte das Team eine Technik, die in derselben Forschungsgruppe entwickelt und im Vorjahr bereits dazu genutzt worden war, ein atemberaubendes Video von wachsenden Wurzeln zu produzieren, das zum Sieger des "Nikon Small World in Motion Award" gekürt wurde: ein gekipptes Mikroskop. Dieses ermöglicht es, die Wurzeln in ihrer natürlichen Orientierung zu beobachten. Die Messung der Reaktionszeit erforderte jedoch noch eine Weiterentwicklung der Technik: Die ForscherInnen mussten in der Lage sein, die Lösung, in der die Wurzeln wachsen, schnell zu verändern.
"Normalerweise würde man das Auxin auftragen und dann die Probe in das Mikroskop einlegen, doch dabei verliert man wertvolle Sekunden oder sogar Minuten. Aber genau diese ersten Minuten sind für diese Studie essenziell", erklärt Erstautor der Studie Matyáš Fendrych, ehemaliger Postdoc in der Gruppe von Jiri Friml und jetzt Assistenzprofessor an der Karls-Universität in Prag. Die Lösung, die das Team fand, bestand darin, die Wurzeln in mikroskopisch kleinen Kanälen wachsen zu lassen, die mit der gewünschten Flüssigkeit gefüllt waren. "Dadurch konnten wir die Auxinkonzentration ändern und sofort die Reaktion der Wurzel messen", fügt er hinzu.
Originalpublikation:
Matyáš Fendrych, et al: "Rapid and reversible root growth inhibition
by TIR1 auxin signaling", Nature Plant, DOI: 10.1038/s41477-018-0190-1
Über das IST Austria
Das Institute of Science and Technology (IST Austria) in Klosterneuburg
ist ein Forschungsinstitut mit eigenem Promotionsrecht. Das 2009 eröffnete
Institut widmet sich der Grundlagenforschung in den Naturwissenschaften,
Mathematik und Computerwissenschaften. Das Institut beschäftigt
ProfessorInnen nach einem Tenure-Track-Modell und Post-DoktorandInnen
sowie PhD StudentInnen in einer internationalen Graduate School. Neben
dem Bekenntnis zum Prinzip der Grundlagenforschung, die rein durch
wissenschaftliche Neugier getrieben wird, hält das Institut die Rechte
an allen resultierenden Entdeckungen und fördert deren Verwertung. Der
erste Präsident ist Thomas Henzinger, ein renommierter
Computerwissenschaftler und vormals Professor an der University of
California in Berkeley, USA, und der EPFL in Lausanne, Schweiz.
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Institute of Science and Technology Austria, 25.06.2018
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2018
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