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MELDUNG/249: Paläontologie - Schwefel nährt "lebende Fossilien" in der Tiefsee (idw)


Georg-August-Universität Göttingen - 25.02.2015

Schwefel nährt "lebende Fossilien" in der Tiefsee

Göttinger Paläontologe analysiert Ursprung und Evolution von Tieren an heißen Quellen


(pug) Die meisten Lebewesen auf der Erde ernähren sich von Landpflanzen oder Algen im Meer, die mithilfe des Sonnenlichts durch Photosynthese erzeugt werden. An heißen Schwefel- oder Methanquellen in der Tiefsee dagegen leben Tiere in Symbiose mit Schwefel-oxidierenden Bakterien. Sie bekommen also ihre Nahrung von Bakterien, die Schwefel als Energiequelle nutzen, um Biomasse zu produzieren. Der Paläontologe Dr. Steffen Kiel von der Universität Göttingen hat die Fossilgeschichte dieser Ökosysteme der vergangenen 150 Millionen Jahre analysiert. Er zeigt auf, dass die Evolution dieser Tiere von der im Ozean gelösten Menge Schwefel angetrieben wird - unabhängig von Ereignissen an der Erdoberfläche, die die photosynthetische Nahrungsproduktion beeinflussen. Seine Ergebnisse stützen die These, dass es sich bei diesen ungewöhnlichen Lebewesen um "lebende Fossilien" handelt. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht.

Für seine Studie hat Dr. Kiel tausende von Fossilien dieser Faunen analysiert. Der Paläontologe kommt zu dem Schluss, dass die wichtigsten Veränderungen in ihrer Evolutionsgeschichte mit starken Änderungen im Schwefel-Gehalt der Ozeane einhergehen. Zudem waren während weiter Teile der Kreidezeit, als der Schwefel-Gehalt der Ozeane besonders niedrig war, die Muscheln und Schnecken an den Methanquellen deutlich kleiner als zu anderen Zeiten. "Diese Tiere sind vollständig von ihren Schwefel-oxidierenden Symbionten abhängig", erklärt Dr. Kiel. "Wenn die Bakterien mit nur wenig Schwefel im Wasser gefüttert werden, dann können auch die Tiere nicht sehr groß werden".

Der Schwefel-Gehalt der Ozeane hängt in erster Linie vom Wechselspiel zwischen Bildung und Erosion von Kalzium-Sulfat ab - besser bekannt als Gips. Es bildet sich bei der Verdunstung von Meerwasser und wird bei der Auffaltung und Erosion großer Gebirge ins Meer zurückgespült. "Photosynthese spielt hierbei keine Rolle" sagt Dr. Kiel. "Während Dinosaurier und Ammoniten den Mangel an Nahrung durch eine Unterbrechung der photosynthetischen Nahrungsproduktion, zum Beispiel nach einem Meteoriteneinschlag, nicht überlebten, konnten sich die Tiere an ihren stinkigen Quellen in der Tiefsee munter weiterentwickeln."

Originalveröffentlichung:
Kiel, Steffen (2015). Did shifting seawater sulfate concentrations drive the evolution of deep-sea methane-seep ecosystems". Proceedings of the Royal Society B 20142908.
http://dx.doi.org/10.1098/rspb.2014.2908



Weitere Informationen unter:
http://dx.doi.org/10.1098/rspb.2014.2908
http://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=5071
http://www.geobiologie.uni-goettingen.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution77

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Georg-August-Universität Göttingen, Romas Bielke, 25.02.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2015

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