Humboldt-Universität zu Berlin - 25.01.2016
Einstein auf dem Prüfstand - zwei Präzisionsexperimente mit Lasern aus Berlin im Weltraum
Erfolgreiche Tests der Projekte KALEXUS und FOKUS an Bord der Forschungsrakete TEXUS-53 in Schwerlosigkeit durchgeführt
Albert Einsteins Relativitätstheorie zufolge werden im Vakuum alle Körper, unabhängig von ihren sonstigen Eigenschaften, gleich schnell durch die Erdanziehungskraft beschleunigt. Dieses Äquivalenzprinzip gilt für Steine, Federn und Atome gleichermaßen. Unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit kann besonders lange und damit präzise gemessen werden, ob verschieden schwere Atome tatsächlich "gleich schnell fallen".
Für die ersten Präzisionsmessungen im Weltraum mit kalten Atomen sind
Kalium und Rubidium als Atomspezies geeignete Kandidaten. In Vorbereitung
auf diese Messungen wurden am 23. Januar in Kiruna, Schweden, gleich zwei
Experimente erfolgreich auf einer Höhenforschungsrakete durchgeführt.
Dies hat nun eine erste Auswertung gezeigt. Die Humboldt-Universität zu
Berlin (HU) und das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für
Höchstfrequenztechnik (FBH) testen in den Projekten KALEXUS und FOKUS
modernste Lasertechnologien. Die anspruchsvollen Technologiedemonstratoren
legen die Grundlagen für präzise Tests des Äquivalenzprinzips mit
sogenannten Kalium- und Rubidium-Atominterferometern und weiteren
Experimenten zur Einstein'schen Relativitätstheorie. Forscher erhoffen
sich von entsprechenden Experimenten Hinweise zur Bewältigung einer der
womöglich größten Herausforderungen der modernen Physik: Die Vereinigung
der Gravitation mit den anderen drei grundlegenden Wechselwirkungen in
einer einheitlichen Theorie.
In dem Projekt KALEXUS wurde unter der Leitung der Arbeitsgruppe Optische Metrologie an der HU ein stabiles Lasersystem für die Manipulation von Kaliumatomen aufgebaut. Herzstück sind zwei vom FBH entwickelte, mikrointegrierte Halbleiterlasermodule. In KALEXUS wird die Wellenlänge dieser Lasermodule auf einen atomaren Übergang von Kalium eingestellt. Während der sechsminütigen Schwerelosigkeit stabilisiert das Experiment die Wellenlänge beider Laser selbstständig. Außerdem kann das Lasersystem während des Fluges eigenständig zwischen den Laserquellen hin und her schalten. Schließlich lassen sich derartige Experimente nicht einfach wiederholen, und die Wissenschaftler können während des Flugs nicht korrigierend eingreifen. Zudem dürfen die Messungen nicht gefährdet sein, falls einer der Laser ausfallen sollte.
Zusätzlich wurde im Projekt FOKUS, geleitet von Menlo Systems, ein weiteres Lasermodul des FBH an der HU zum System aufgebaut. Der auf einen atomaren Übergang von Rubidium stabilisierte Laser soll die Technologiereife entsprechender Aufbauten für spätere Falltests von Atomen in Schwerelosigkeit demonstrieren. Das Lasersystem ermöglicht zudem einen Uhrenvergleich. Dabei wird die Frequenz dieses "optischen Oszillators" mit der eines Quarzoszillators, der wie eine moderne Armbanduhr im Radiofrequenzbereich "tickt", verglichen. Die Allgemeine Relativitätstheorie sagt nämlich auch voraus, dass der Gang aller Uhren in gleicher Weise von der Gravitation beeinflusst wird, unabhängig davon, wie diese Uhren physikalisch oder technisch realisiert sind. Ein erster Test im April 2015 bestätigte die Tauglichkeit derartiger "Atomuhren" und der dafür benötigten Lasersysteme zur Überprüfung der Allgemeinen Relativitätstheorie im Weltraum. Ziel ist es nun, diese ersten Ergebnisse nach einigen technischen Optimierungen des Systems zu bestätigen.
Die beiden Experimente verwenden verschiedene Lasertypen aus dem FBH, was einen Vergleich ihrer Lasertechnologien für das Einsatzszenario erlaubt. Kernstück des FOKUS-Moduls ist ein DFB (Distributed Feedback) Laser, der Licht in einem engen Frequenz- beziehungsweise Wellenlängenbereich bei 780 nm abgibt. Diese spektrale Schmalbandigkeit ist eine der zentralen Anforderungen an das Lasermodul, welches für die Spektroskopie der Rubidiumatome und damit für Präzisionsmessungen benötigt wird.
KALEXUS nutzt einen ECDL-Aufbau (Extended Cavity Diode Laser), der dank eines externen Gitters eine noch schmalere Linienbreite liefert. Der Laser ist für spektroskopische Messungen mit Kaliumatomen optimiert und emittiert bei einer Wellenlänge von 767 nm. Das externe Gitter macht ihn jedoch - im Gegensatz zum monolithischen Aufbau des FOKUS-Lasers - potenziell störungsanfälliger. Schließlich müssen die handtellergroßen Module die mechanischen Belastungen beim Raketenstart mit Beschleunigungen bis zum 15-fachen der Erdbeschleunigung überstehen und anschließend im Weltraum reibungslos funktionieren.
Die Projekte KALEXUS und FOKUS werden vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) finanziert.
Über das Joint Lab Laser Metrology
Im Rahmen dieses Joint Labs werden sehr schmalbandige Diodenlaser, unter
anderem für die optische Präzisionsspektroskopie im Weltraum entwickelt.
Hierbei arbeiten die Arbeitsgruppe Optische Metrologie der
Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der HU und das
Ferdinand-Braun-Institut eng zusammen. Dadurch können die gemeinsamen
Interessen und komplementären Expertisen der HU und des FBHs optimal
gebündelt werden.
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution46
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Humboldt-Universität zu Berlin, Hans-Christoph Keller, 25.01.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Januar 2016
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