Technische Universität Dortmund - 13.04.2017
Warum Nanokristalle magnetisch werden und dabei auch noch das Licht anschalten
Nanokristalle sind Objekte mit Ausdehnungen von wenigen Milliardstel
Metern. Für die Forschung und die Industrie sind sie ziemlich attraktiv,
weil sie vergleichsweise einfach hergestellt werden können und vielfältig
anwendbar sind - in der Photovoltaik, der Optoelektronik oder der
medizinischen Diagnostik und Therapie. Obwohl fast drei Jahrzehnte
intensiv geforscht wurde, gibt es immer noch offene Fragen. Eine davon hat
ein internationales Wissenschaftler-Team unter der Leitung der TU Dortmund
nun geklärt: Die Physikerinnen und Physiker haben herausgefunden, weshalb
Nanokristalle unter bestimmten Bedingungen Licht aussenden obwohl dies
eigentlich nicht möglich sein sollte.
Seine Erkenntnisse hat das Wissenschaftler-Team in der renommierten
Fachzeitschrift Nature Nanotechnology veröffentlicht.
Injiziert man - beispielsweise über Strom - Ladungsträger in einen
Nanokristall mit dem Ziel, diese in Licht umzuwandeln, so fallen ihre
Ladungen in den sogenannten Grundzustand. Dort bilden die geladenen
Elementarteilchen eine "dunkle" Konfiguration aus. Ursache hierfür ist der
Eigendrehimpuls der Elektonen, also der Spin, der mit einem Kreisel
vergleichbar ist. Im Grundzustand verhalten sich die Spins der injizierten
Ladungsträger in ihrer Summe so, dass eine Umwandlung in Licht eigentlich
nicht möglich ist - daher der Begriff "dunkel". Dies würde ihren Einsatz
in der Optoelektronik allerdings erheblich einschränken. Schließlich
werden bei der Optoelektronik Bauelemente und Verfahren entwickelt, die
elektrische Energie in Licht oder Licht in elektrische Energie umwandeln.
Obwohl eine Emission von Licht eigentlich nicht möglich ist, wurde trotzdem eine intensive Lichtemission aus diesem Grundzustand heraus beobachtet. Eine Kollaboration von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Gent, Paris, St. Petersburg und Washington hat unter Federführung von Prof. Dmitri Yakovlev aus dem Bereich Experimentelle Physik 2 der TU Dortmund den Grund für den scheinbaren Widerspruch gefunden. So weisen die Nanostrukturen an ihrer Oberfläche ungebundene Elektronen auf. Mit diesen Ladungen treten die injizierten geladenen Elementarteilchen in Wechselwirkung über sogenannte Flip-Flop-Prozesse. Dabei tauschen die Eigendrehimpulse einer injizierten Ladung und einer Ladung an der Oberfläche ihre Rotationsrichtung. Dadurch wird die ursprünglich dunkle Konfiguration hell, und Lichtemission ist möglich.
Dies hat aber auch noch eine weitere Konsequenz: Durch das wiederholte Umkehren der Spins nach jeder Injektion von Ladungen werden alle Spins der Elektronen an der Oberfläche entlang einer Richtung orientiert. Darüber wird der Nanokristall magnetisch, was ebenfalls aus der Lichtemission eindeutig hervorgeht. Das im Nanokristall vorhandene Magnetfeld ist nahezu um eine Million stärker als das Erdmagnetfeld. Die kollektive Orientierung der Oberflächenspins, ohne dass hierfür ein starkes externes Magnetfeld angelegt werden muss, war die Vision eines Pioniers der Spinphysik, Igor Merkulov aus St. Petersburg. Bedauerlicherweise hat er die Umsetzung seiner Vision nicht mehr miterleben dürfen, da er 2012 viel zu früh verstorben ist.
Weitere Informationen unter:
http://www.nature.com/nnano/journal/vaop/ncurrent/full/nnano.2017.22.html
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution12
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Dortmund, Martin Rothenberg, 13.04.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 19. April 2017
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang