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ENERGIE/1406: Smart Grids - Beitrag zur Weiterentwicklung intelligenter Stromnetze (idw)


University of Twente - 29.06.2016

Beitrag zur Weiterentwicklung intelligenter Stromnetze - Smart Grids auf die Erfolgsspur verhelfen


Prof. Dr. Angèle Reinders von der University of Twente erhält für ihr CESEPS-Projekt 1,7 Millionen Euro, um Smart Grids erfolgreicher zu machen. Auch der deutsche Energiemarkt kann von den Ergebnissen profitieren.

Intelligente Stromnetze in Wohnvierteln könnten noch erfolgreicher werden, wenn die Interaktion mit ihren Anwendern deutlich verbessert würde. Davon ist Prof. Angèle Reinders (Sustainable Energie & Design) von der University of Twente überzeugt. So ergaben Auswertungen von niederländischen und österreichischen Wohnvierteln, die als Smart Grid-Versuchsfelder dienten, dass der Fokus bisher noch zu sehr auf technologischen Aspekten liegt. Diese überfordern allerdings häufig den "normalen", nicht technikaffinen Bürger. Reinders erhält für ihr Projekt "Co-Evolution of Smart Energy Products and Services" (CESEPS) von der niederländischen Organisation für wissenschaftliche Forschung (NWO). Fördermittel in Höhe von 1,7 Millionen Euro, um diesen Aspekt zu untersuchen. Ein Projekt, das gerade auch Deutschland wichtige Hinweise zur Effizienz zu liefern vermag, da hier der Anteil erneuerbarer Energien in den nächsten Jahren deutlich steigen wird.

Auch das Energiesystem in den Niederlanden verändert sich durch erneuerbare Energien radikal. Für das Verteilernetz besteht - genauso wie in Deutschland - noch eine gewisse "Intelligenzlücke", weil die Steuerung und Überwachung bei erneuerbaren Energien komplexer ist. Eine stärkere Anpassung ist unvermeidbar. Und hier kommen Smart Grids ins Spiel.

Dabei nimmt das Wohngebiet eine wesentliche Rolle bei dem Übergang zu einer kompletten Versorgung mit nachhaltiger Energie ein. In Wohngebieten wird viel Energie erzeugt und verbraucht, gleichzeitig werden neue Technologien gekoppelt. Bei dieser dezentralen Energieerzeugung werden mit Hilfe von Smart Grids und ICT-Anlagen Angebot und Nachfrage lokal aufeinander abgestimmt.

Energie in andere Wohnviertel weiterleiten

Ein Smart Grid ist ein Energienetz, das mit einem Mess- und Regelsystem ausgestattet wurde. Hiermit wird die Nachfrage des Konsumenten auf das Angebot verschiedener Energiequellen abgestimmt. Wenn beispielsweise ein Haus einen Energieüberschuss produziert, kann die übriggebliebene Energie in andere Wohnviertel in der Umgebung weitergeleitet werden. Die Niederlande haben verschiedene Versuchsfelder, etwa in Groningen (PowerMatching City), Heerhugowaard und in einem Dutzend anderer Gemeinden. "Ein Teil dieser Pilotprojekte wird ausgewertet, das gleiche gilt übrigens für ähnliche Projekte in Österreich", berichtet Angèle Reinders.

Schöne Grafiken, aber was dann?

Die Untersuchung im Rahmen des Projekt CESEPS findet auf der Schnittfläche von Energiestudien und industriellen Entwürfen statt. Reinders: "Wir untersuchen, wie Endverbraucher in der Praxis das Konzept von Energiesystemen und -produkten erleben. Es zeigt sich, dass viele Energieprojekte überwiegend mit einer technischen Bandbreite aufgestellt sind. Menschen können beispielsweise ihren Geschirrspüler oder Trockner so programmieren, dass diese bei einem Angebot von nachhaltiger Energie oder bei niedrigem Strompreis im Netz eingeschaltet werden. Die Schnittstellen sind allerdings noch zu oft Zukunftsmusik.

Die Menschen sehen zwar eine schöne Grafik, aber was dann? In den Versuchsgebieten haben die Bewohner eine Art Hülle von automatisch funktionierenden Energietechnologien um ihre Wohnungen herum, die allerdings kaum Einfluss auf die eigene Energieeffizienz bieten. "Bei diesem Projekt entwickeln wir ein Gesamtbild, das gut zum menschlichen Verhalten passt. Wir schauen auf Nutzungserfahrungen, Energiemessungen und neue Energieprodukte und -dienste."

Alte Stromnetze unzureichend vorbereitet

Reinders ist eine große Befürworterin eines Übergangs zu Smart Grids und nachhaltiger Energie. Allerdings ist die Stromerzeugung durch Sonnenenergie und Windenergie unregelmäßig und nicht vorhersehbar. Außerdem sind "alte Netzwerke nicht gut vorbereitet auf ein großes Angebot von nachhaltiger Energie und können die Spitzen nicht gut bewältigen. Sie benötigen daher ein Smart Grid, um die Spitzen zu streuen und Störungen im Netzwerk zuvorzukommen."

Reinders lernte viel aus der Kooperation mit österreichischen Kollegen. "In Österreich liegt der Anteil der erneuerbaren Energien bei 75 Prozent, der vor allem aus Wasserkraft, Wind und Sonne resultiert. In sonnigen Gebieten Österreichs werden sogar 100 Prozent nachhaltig erzeugt." Die Niederlande seien dagegen eines der Schlusslichter in Europa mit Blick auf den Anteil der erneuerbaren Energie, der nur 5,5 Prozent beträgt. Die Niederlande wollen mehr auf Nachhaltigkeit setzen, nun sollen Angebot und Nachfrage aufeinander abgestimmt und stabil gehalten werden. "Diese zusammenzuführen, ist eine interessante, aber sicherlich nicht unmögliche Herausforderung."

Deutschland könnte von Ergebnissen profitieren

Damit dies möglichst effektiv gelingt, müssen die Bürger durch anwenderfreundlichere Smart-Grid-Systeme mitgenommen werden. Ein Wunsch, den auch deutsche Haushalte haben dürften. Denn ihre Energieversorgung wird zunehmend von erneuerbaren Energien bestimmt. Bis 2050 soll der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch von derzeit rund 33 Prozent auf 80 Prozent steigen. Die Ergebnisse aus dem CESEPS-Projekt liefern hierzu wertvolle Ergebnisse.


Über CESEPS
CESEPS ist eine von drei durch die NWO (Netherlands Organisation for Scientific Research) finanzierten Projekten im europäischen Kooperationsprogramm ERA-Net Plus Smart Grids. In den Niederlanden stehen insgesamt ca. 2,7 Millionen Euro für Untersuchungen in transnationalen Projekten zur Verfügung. Ein Drittel hiervon erhält CESEPS. Verschiedene Untersuchungen zielen auf die Entwicklung von Smart Grids im Zusammenhang von Anteilshaltern, Technologie und Märkten.
Das Projekt erhielt eine Förderung durch das Horizon 2020 Forschungs- und Innovationsprogramm der EU unter dem ERA-Net Smart Grids plus grant agreement No 646039 von der NWO und vom österreichischen Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT)/Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) durch das Programm Energie der Zukunft.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1932

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
University of Twente, Alf Buddenberg, 29.06.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2016

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