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MELDUNG/058: Weniger Reibung sorgt für leistungsfähigere Motoren (idw)


Universität Kassel - 08.12.2011

Weniger Reibung sorgt für leistungsfähigere Motoren


Kleinere, leichtere, leisere und zugleich leistungsfähigere Motoren: Mit ihrer europaweit herausragenden Simulationstechnik und Expertise sind Kasseler Wissenschaftler vor allem die Minimierung der Reibungsverluste in Motor und Getriebe auf der Spur.

Aus relativ kleinvolumigen Motoren holen die Ingenieure immer mehr Leistung heraus. Gleichzeitig spritzen die Pumpen von Benzin- und Dieselaggregaten in Common-Rail-Technik mit immens hohem Druck den Kraftstoff in die Brennkammern. Die Leistungssteigerung hat jedoch eine Kehrseite: Die Antriebe sind hohem Stress und Verschleißgefahr ausgesetzt. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Reibung der bewegten Teile untereinander in Motor und Getriebe zu. Ihr sind die Wissenschaftler des Fachgebiets Maschinenelemente und Tribologie mit ausgefeilten Simulationsprogrammen auf der Spur.

"Unsere Vision ist die Verminderung der mechanischen Reibungsverluste im Motor um 30 Prozent. Das würde den Normverbrauch eines typischen Pkw um etwa drei bis fünf Prozent reduzieren", sagt Professor Dr. Ing. Adrian Rienäcker, Leiter des Fachgebiets. Die Minimierung der Reibungsverluste würde den Wirkungsgrad der Motoren steigern. Denn 50 Prozent von dessen Leistung gehen durch Wärme und Reibung verloren. Auch auf das Abgasverhalten der Fahrzeuge wirke sich eine reduzierte Reibung positiv aus, sagt der Professor.

Simulationsprogramme, für die schon Rienäckers Vorgänger, Professor Dr.-Ing. Gunter Knoll, mit komplexen Algorithmen die Grundlagen gelegt hat, ermöglichen es den Kasseler Forschern, die neuralgischen Stellen in einem Antrieb, wo Metall auf Metall trifft, aufzuspüren. Diese Programme erlauben eine zeitabhängige grafische Darstellung der periodischen und dynamischen Bewegungen der Teile in Motor und Getriebe: Unter Belastung wird beispielsweise die Kurbelwelle verbogen, das Schwungrad verbiegt sich, der Kolben zieht das Pleuel in die Länge, der Zünddruck staucht es dagegen zusammen. Alle diese Verformungen haben Auswirkungen auf den Schmierfilm aus Öl, der die Reibung vermindern soll. Ist der Druck auf diesen Film zu stark, schadet das dem Motor. "Verschleiß ist ein Thema, das immer wichtiger wird", sagt Rienäcker.

Verschleiß droht modernen Motoren etwa von der Einspritztechnik. In immer kleinere Zylinder werde immer mehr Kraftstoff eingespritzt, erklärt der Professor. Hochleistungspumpen von Common-Rail-Dieselmotoren arbeiteten dabei mit einem Druck von bis zu 2500 Bar. Das hat aber zur Folge, dass der Kraftstoff an die Zylinderwand spritzt und in verstärktem Maß ins Motorenöl gelangt. Dadurch veränderten sich dessen Schmiereigenschaften negativ, sagt Rienäcker. Weiterer Verschleiß drohe den Aggregaten von steigenden Aufladegraden der Motoren.

Diesem Problem kann die Technik mit maßgeschneiderten Konstruktionen von Motorteilen begegnen. Ein Pleuel könnte schmaler konstruiert, das Spiel eines Lagers vergrößert, ein Kolbenring anders positioniert werden, um die Strömung des Schmiermittels zu optimieren. Mit ihren Simulationsprogrammen liefern die Kasseler Wissenschaftler vielen Autokonzernen und Zulieferern -Input für solche konstruktiven Änderungen. Pro Jahr werbe das Fachgebiet so bis zu 800.000 Euro Drittmittel ein, sagt Rienäcker. Mit dem international tätigen Autozulieferer Schaeffler arbeite man momentan an Nockenwellen und - mit mehreren Partnern - an Turboladern. Bei ihrem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Forschungsverbundprojekt zur Minimierung von Reibungsverlusten in Antriebssträngen (Low friction power train) arbeiten die Kasseler Wissenschaftler unter anderem mit der Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen (FVV) und mehreren deutschen Hochschulen zusammen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Kassel, Dr. Guido Rijkhoek, 08.12.2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2011