Schattenblick →INFOPOOL →PANNWITZBLICK → PRESSE

MELDUNG/381: Auch bei der Europa-Wahl dürfen Menschen mit Behinderung ihre Stimme nicht abgeben (Lebenshilfe)


Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V.
Pressemitteilung: 02.05.2014

Auch bei der Europa-Wahl dürfen Menschen mit Behinderung ihr Stimme nicht abgeben

Zum 5. Mai protestiert die Lebenshilfe gegen verfassungswidrige Wahlrechtsausschlüsse



Berlin. Erneut dürfen Menschen mit Behinderung an einer wichtigen Wahl nicht teilnehmen. Wer in Deutschland einen rechtlichen Betreuer für alle Angelegenheiten hat, ist von der Europa-Wahl am 25. Mai ausgeschlossen. Darauf macht die Bundesvereinigung Lebenshilfe zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung behinderter Menschen am 5. Mai aufmerksam.

Die Lebenshilfe hält die Wahlrechtsausschlüsse für verfassungswidrig: "Das Recht, zu wählen und gewählt zu werden, wird in Artikel 38 des Grundgesetzes garantiert. Der Entzug des Wahlrechts bedeutet daher einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte und das Recht behinderter Menschen auf uneingeschränkte politische Beteiligung", so die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Ulla Schmidt.

In Deutschland wird nach Schätzung der Lebenshilfe rund 10.000 Menschen das Wahlrecht verweigert. Schon vor der Bundestagswahl 2013 hat sie mehrfach auf den eklatanten Verstoß hingewiesen und mittlerweile Einspruch gegen die Gültigkeit der Bundestagwahl erhoben. Gemeinsam mit der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie unterstützt die Lebenshilfe acht Personen, die in der Vergangenheit nicht wählen durften. Beide Verbände sind bereit, in dem Verfahren bis vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Auch der europäische Dachverband Inclusion Europe fordert ein Wahlrecht für ausnahmslos alle EU-Bürgerinnen und -Bürger. Die Wahlrechtsausschlüsse sind laut Lebenshilfe willkürlich: Kein Bürger, mag er alt, krank oder sonst beeinträchtigt sein, müsse befürchten, dass seine Fähigkeit zu "vernünftigen" Wahlentscheidungen überprüft wird.

Weil die Wahlrechtsausschlüsse sich auf eine bestimmte Gruppe von Menschen mit Behinderung beziehen, seien sie zudem unvereinbar mit der Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), dem 1. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und Artikel 25 des UN-Paktes über bürgerliche und politische Rechte. Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und das Ministerkomitee des Europarates als auch der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hätten sich in diesem Sinne geäußert. Ulla Schmidt: "Unsere Nachbarn Österreich, Niederlande und Großbritannien sind bereits weiter als wir. Diese Staaten verzichteten auf Wahlrechtsausschlüsse."


Link zum Wahl-Manifest von Inclusion Europe, an dem auch die Bundesvereinigung Lebenshilfe mitgearbeitet hat:
http://www.e-include.info/votingforall/images/Manifesto_translations/DE_Elections_Manifesto.pdf

*

Die 514 Orts- und Kreisvereinigungen der Lebenshilfe mit ihren rund 134.500 Mitgliedern sind Träger oder Mitträger von mehr als 3200 Einrichtungen und Diensten für Menschen mit geistiger Behinderung. In Frühförderstellen, (meist integrativen) Kindergärten und Krippen, Schulen und Tagesförderstätten, Werkstätten, Fortbildungs- und Beratungsstellen, Sport-, Spiel- und Freizeitprojekten, Wohnstätten und Wohngruppen sowie Familienentlastenden Diensten werden zirka 170.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene gefördert, betreut und begleitet.

Rund 60.000 hauptamtliche und etwa 15.000 ehrenamtliche Mitarbeiter(innen) der Lebenshilfe sind mit diesen Aufgaben betraut. Angehörige von Menschen mit geistiger Behinderung können sich in Elterngruppen austauschen, behinderte Menschen selbst arbeiten immer stärker in den Vorständen und anderen Gremien der Lebenshilfe mit. Die 16 Landesverbände der Lebenshilfe und die Bundesvereinigung Lebenshilfe sind in der Beratung, Fortbildung und Konzeptentwicklung tätig und vertreten die Interessen geistig behinderter Menschen und ihrer Familien gegenüber den Ländern bzw. der Bundespolitik.

*

Quelle:
Pressemitteilung: 02.05.2014
Herausgeber: Bundesvereinigung Lebenshilfe
für Menschen mit geistiger Behinderung e.V.
Leipziger Platz 15, 10117 Berlin
Peer Brocke, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: 030 / 20 64 11 -140, Fax: 030 / 20 64 11 -240
E-Mail: presse@lebenshilfe.de
Internet: www.lebenshilfe.de; www.lebenshilfe-aktiv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2014