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MEDIEN/193: "Himmel und mehr" - Ein Film über Dorothea Buck (Der Ring)


DER RING
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel - Juni 2009

Bielefelder Filmfestival mit Schwerpunkt Psychiatrie
"Himmel und mehr" - Ein Film über Dorothea Buck

Von Robert Burg


Kinopremiere in der "Kamera": "Himmel und mehr" heißt eine Filmbiografie, die aus dem Leben der ehemaligen Betheler Psychiatrie-Patientin Dorothea Buck berichtet. Im Rahmen des Festivals "Ausnahmezustand - Verrückt nach Leben" wurde der Film der Regisseurin Alexandra Pohlmeier jetzt in Bielefeld gezeigt.


Am Anfang stand eine erfundene Geschichte: Alexandra Pohlmeier hatte ein Spielfilmdrehbuch geschrieben, das von einer Frau handelt, die psychisch krank wird. Die Filmemacherin aus Berlin interessierte sich schon lange für die Psychiatrie, hatte selbst als 19-jährige Pflegehelferin auf einer geschlossenen Station gearbeitet. Dann fiel ihr der Erlebnisbericht einer Frau in die Hände, die durch mehrere schwere psychische Krisen gegangen ist und dabei die deutsche Psychiatrie-Geschichte miterlebt - und miterlitten - hat. "Vieles, was ich erfunden hatte, deckte sich mit ihren Erlebnissen."

Alexandra Pohlmeier schrieb der Autorin, Dorothea Buck, und bald war die Idee zu einem Filmprojekt geboren: "Wir fingen an zu filmen, obwohl wir noch gar keine sichere Finanzierung hatten", blickt Alexandra Pohlmeier zurück. Ihre Hauptdarstellerin drängte." Ich bin 87 - wenn noch jemand was von mir wissen soll, dann muss er jetzt fragen." So entstand zunächst ein Interview, und in den folgenden Jahren vertraute Dorothea Buck der Kamera ihren leidvollen Lebenslauf an. Mit ihrer lebhaften Ausstrahlung trägt die 92-Jährige den Film mühelos über 90 Minuten, lediglich ergänzt durch die Einblendung einiger alter Fotos und die "Außenperspektive" ihrer Schwester.

Mit 19 Jahren erlitt Dorothea Buck ihren ersten von insgesamt fünf schizophrenen Schüben. Bis 1959 erlebte sie in verschiedenen Psychiatrien die jeweils neuesten Heilmethoden: Dauerbad, Insulinschocks, Elektroschocks und Psychopharmaka. Als "unheilbar Kranke" wurde die junge Frau, die sich Kinder und Familie wünschte, in Bethel zwangssterilisiert. Was damals mit ihr geschah, sollte sie erst viel später erfahren. Ihren Aufenthalt in der "Unruhigen Station" des Bethel-Hauses Magdala beschreibt sie heute als ihre schlimmste Erfahrung auf einer geschlossenen Station. Nach 50 psychosefreien Jahren, in denen sie als Bildhauerin erfolgreich war, prangert Dorothea Buck die Gräuel von Zwangssterilisation und Euthanasie an. Für ihren unermüdlichen Einsatz wurde ihr 1997 das Bundesverdienstkreuz erster Klasse verliehen. Eine psychiatrische Einrichtung in Bottrop trägt ihren Namen.

Am Ende bleibt eine wahre Geschichte, geschildert aus nächster Nähe - eine bedrückende Geschichte der deutschen Psychiatrie, aber auch die Erzählung einer Frau, die ihr Leben trotz widrigster Umstände gemeistert hat. In Bielefeld wird "Himmel und mehr" voraussichtlich im Oktober wiederholt.


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Quelle:
DER RING, Juni 2009, S. 20
Monatszeitschrift für Mitarbeiter, Bewohner, Freunde
und Förderer der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel
Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl in Zusammenarbeit mit der
Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2009