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INNEN/2463: Beschluss des Bundesvorstands - Internetfreiheit weltweit sicherstellen und fördern


Pressedienst von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 12. März 2012

Berlin, 12. März 2012

Beschluss des Bundesvorstands
Internetfreiheit weltweit sicherstellen und fördern!


Das Internet bietet große Möglichkeiten für die Verbreitung und Stärkung der Meinungs- und Pressefreiheit. Gerade der Arabische Frühling oder die Proteste in Russland haben uns gezeigt, wie wichtig das Internet bei der Vernetzung und dem Austausch von AktivistInnen ist. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN treten daher für ein weltweit offenes und freies Internet ein. Die Gefahr weiterer Zensur und Überwachung des Internets durch staatliche wie private Stellen steigt jedoch permanent.

Am heutigen Tag (12. März) veranstalten "Reporter ohne Grenzen" zum vierten Mal den "Welttag gegen Internetzensur". Auch wir Grüne nehmen diesen Tag zum Anlass, um auf die Situation vieler schikanierter, verfolgter und inhaftierter BloggerInnen und JournalistInnen sowie auf die Zunahme von Zensur im Internet hinzuweisen und dies zu verurteilen. Wir erinnern an die zahlreichen Internet-AktivistInnen, die weltweit in Gefängnissen sitzen, gefoltert und ermordet werden, weil sie ihr Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit wahrnehmen und sich dieses Menschenrecht nicht verbieten lassen.

Die Gefahr für Internet-AktivistInnen, Ziel staatlicher Angriffe, Tötungen und von Verfolgung zu werden, sind in den letzten Jahren weltweit permanent gestiegen. Der individuelle oder gemeinsame Einsatz für ein freies Internet kann in einzelnen Ländern zu Tod, Folter und mehrjährigen Haftstrafen führen. Im Iran wurde Hossein Ronaghi Maleki zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er Technik zum freien Internetzugang unterstützte. In Aserbaidschan, Gastgeber des diesjährigen Eurovision Song Contests und des Internet Governance Forums 2012 der Vereinten Nationen, saßen die Blogger Emin Milli und Adnan Hajizadeh 17 Monate im Gefängnis, weil sie regimekritische Inhalte im Internet verbreitet haben sollen. In Syrien werden InternetaktivistInnen massiv verfolgt, gefoltert und ermordet, sie sind für eine freie Kommunikation mit dem Ausland auf technische Unterstützung wie Satellitentelefone angewiesen. Die Situation in China, Weißrussland oder Vietnam ist ähnlich.

Menschenrechtspolitik steht im digitalen Zeitalter vor neuen Herausforderungen. Lippenbekenntnisse oder Show-Veranstaltungen, wie die Einsetzung von Karl-Theodor zu Guttenberg als Berater der EU-Kommission für Internetfreiheit, sind nutzlos und bringen angesichts der aktuellen Situation in vielen Ländern keine Veränderungen. Wir fordern vielmehr ein schnelles und konsequentes Handeln, damit Zensur und Kontrolle des Internets gestoppt und Meinungs- und Pressefreiheit weltweit durchgesetzt werden. Alle Menschen müssen die Möglichkeit haben, ohne staatliche Repressionen das Internet frei nutzen und ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrnehmen zu können.

Es ist ein Skandal, dass ein Großteil der Technik, die von Diktaturen weltweit zur Filterung, Sperrung und Kontrolle des Internets genutzt wird, vor allem aus Europa und den USA geliefert wird. Mit einem solchen doppelten Standard beim Schutz der Menschenrechte - auf dem Papier die Wahrung der Meinungsfreiheit zu fordern und zugleich die Mittel zu liefern, damit die Meinungsfreiheit unterdrückt werden kann - untergraben Europa und die USA ihre eigene Glaubwürdigkeit. Mittlerweile ist ein veritabler Markt entstanden, um Handykommunikation oder den Internetverkehr zu kontrollieren. Eine Regulierung in diesem Bereich ist größtenteils nicht vorhanden, effektive Ausfuhrkontrollen finden nicht statt. Die Einschränkung des freien Internets durch den Aufbau von Sperrinfrastruktur, die systematischen Filterung von Inhalten und der Trend zur Deanonymisierung finden jedoch auch in Europa statt. Gerade erst wurden in Dänemark 8.000 legale Webseiten wie Facebook oder Google für mehrere Stunden gesperrt, da sie durch ein Versehen der Polizei auf die staatliche Sperrliste gelangten.


Wir fordern:

- Exportverbote und Exportkontrollen sowie einen Stopp staatlicher Förderung für Know-How, Technik und Software, die Zensur, Sperrungen und die Überwachung des Internets ermöglichen,

- sofortige Freilassung aller aus politischen Motiven inhaftierten BloggerInnen, InternetaktivistInnen und JournalistInnen,

- ein Ende der Filterung und Sperrung von Internetinhalten sowie ein Ende der Totalprotokollierung digitaler Kommunikation durch die Vorratsdatenspeicherung,

- die Förderung von technischem Wissen und Software zur Anonymisierung, um den sicheren Zugang zum Internet und die Verschlüsselung von Inhalten zu gewährleisten, zu unterstützen und zu verbreiten.


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Quelle:
Pressedienst vom 12. März 2012
Bündnis 90/Die Grünen Bundesvorstand
Sigrid Wolff, Pressesprecherin
Platz vor dem Neuen Tor 1, 10115 Berlin
E-Mail: presse@gruene.de
Tel: 030/28 442-131, -134, Fax: 030/28 442-234
Internet: www.gruene.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2012