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AUSSEN/1051: Ägypten - Die Todesurteile müssen zurückgenommen werden (Annette Groth)


Annette Groth, Menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag
Pressemitteilung vom 24. März 2014

Anlässlich der Verurteilung von 529 Anhängern der Muslimbruderschaft in Ägypten erklärt die menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Annette Groth:

Die in einem Massenprozess verhängten Todesurteile müssen zurückgenommen werden!



Ein ägyptisches Gericht in al-Minya hat heute 529 Muslimbrüder zum Tode verurteilt. Vorgeworfen wurde ihnen Mord an einem Polizisten, die versuchte Ermordung zweier Beamter, Brandstiftung, Störung der öffentlichen Ordnung und Diebstahl von Polizeiwaffen. Mit dem bereits am zweiten Tag nach Prozessbeginn gefällten Urteil wird die höchste Anzahl an Todesurteilen in der Geschichte der ägyptischen Justiz beschlossen.

Annette Groth:

"Ich verurteile die Verhängung der Todesstrafe aufs Schärfste. Erstens, weil ich die Todessstrafe grundsätzlich ablehne und mich für ihre Abschaffung einsetze. Zweitens halte ich die heute stattgefundene Massenverurteilung von über 500 Menschen für eine völlig falsche Botschaft in der aufgeheizten Lage, in der sich Ägypten ohnehin befindet. Unabhängig davon, wie man zur Muslimbruderschaft und ihrer Ideologie steht, muss allen Ägypterinnen und Ägyptern ein faires Gerichtsverfahren ermöglicht werden. Das heutige fand weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit und in Abwesenheit der Mehrzahl der Angeklagten statt."

Annette Groth weiter:

"Erst letzte Woche wurde ein Polizist zu 10 Jahren Haft verurteilt, weil er gemeinsam mit drei weiteren Beamten Tränengas in einen Gefangenentransporter gesprüht hatte - an demselben Tag im letzten August, an dem die 529 Muslimbrüder den Mord begangen haben sollen, für den sie heute verurteilt wurden. Die anderen drei beteiligten Beamten kamen mit einjährigen Bewährungsstrafen davon. Es ist allzu offensichtlich, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird!

Anstatt die Situation weiter zu eskalieren, sollten die ägyptischen Machthaber versuchen, die Muslimbrüder in ein säkulares Ägypten zu integrieren. Gerade mit Blick auf die Präsidentschaftswahl im Mai, bei der aller Wahrscheinlichkeit nach auch Armeechef Abdel-Fattah al-Sisi kandidieren wird, darf einer weiteren Radikalisierung der Muslimbrüder auf keinen Fall Vorschub geleistet werden. Anstatt die noch geplanten Massenverfahren mit ca. 700 Angeklagten durchzuführen, sollten die Verantwortlichen in Ägypten der Demokratisierung des Landes eine Chance geben. Nur wenn Versöhnung möglich wird und die Justiz gerecht urteilt können die Ägypterinnen und Ägypter im Mai eine Führung wählen, von der sie sich repräsentiert fühlen.

Die berechtigten sozialen und politischen Forderungen der Menschen in Ägypten zu erfüllen muss drei Jahre nach dem Rücktritt des ehemaligen Präsidenten Mubarak in Folge der überwältigenden Proteste oberstes Gebot sein!"

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Quelle:
Pressemitteilung vom 24. März 2014
Annette Groth, MdB
Menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-77210, Fax: +49 30 227-76207
E-Mail: annette.groth@bundestag.de
Internet: www.linksfraktion.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2014