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BUNDESTAG/3058: Heute im Bundestag Nr. 063 - 06.02.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 063
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 6. Februar 2012 Redaktionsschluss: 16:15 Uhr


1. Experten bestätigen Reformbedarf im Tarifvertragsgesetz
2. Bundesregierung legt Rahmenprogramm "Forschung für die zivile Sicherheit (2012 bis 2017)" vor
3. Im Bundestag notiert: Sicherheitsproblematik bei Offshore-Windenergie
4. Im Bundestag notiert: Schrottimmobilien als Vermögensanlage


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1. Experten bestätigen Reformbedarf im Tarifvertragsgesetz

Ausschuss für Arbeit und Soziales (Anhörung)

Berlin: (hib/CHE) Die Vorschläge der Opposition, die 50-Prozent-Klausel im Tarifvertragsgesetz zu ändern, stoßen bei Experten auf ein weitgehend positives Echo. Das wurde in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales deutlich, die sich am Montagnachmittag mit drei Anträgen der Opposition (17/8459, 17/8148, 17/4437) zum Tarifsystem in Deutschland befasste.

Die 50-Prozent-Klausel im Tarifvertragsgesetz besagt, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Tarifverträge auf Antrag der Tarifparteien für allgemeinverbindlich erklären kann, wenn erstens ein öffentliches Interesse daran besteht und zweitens die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens die Hälfte aller unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Personen beschäftigen. SPD, Linke und Grüne wollen dieses System der Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) reformieren, um in mehr Branchen als bisher Mindestlohnstandards beziehungsweise Mindestlöhne durchzusetzen. Die 50-Prozent-Hürde halten sie angesichts der sinkenden Tarifbindung in Deutschland für nicht mehr zeitgemäß. Darüber hinaus plädieren sie für eine Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) auf alle Branchen.

Der Arbeitsrechtler Ralf Wank sagte, die 50-Prozent-Klausel sei zu Zeiten angemessen gewesen, als es noch eine stärkere Tarifbindung in Deutschland gab. Angesichts der ständig abnehmenden Tarifbindung sei eine Senkung dieses Schwellenwertes auf beispielsweise 40 Prozent, wie es die Grünen vorschlagen, angebracht. Auch Franz-Josef Düwell, bis 2011 Vorsitzender des 9. Senats des Bundesarbeitsgerichts, machte einen erheblichen Reformbedarf bei den Regelungen der AVE aus. Derzeit seien nur etwa 0,65 Prozent alle Tarifverträge allgemeinverbindlich, rechnete er vor. Sie erfüllten demnach für den Arbeitsmarkt nur eine marginale Funktion. Das 50-Prozent-Quorum sollte nach Ansicht Düwells für den Erlass einer Rechtsverordnung keine Voraussetzung sein. Ein zahlenmäßig festgelegtes Quorum führe immer nur zu Rechtsstreitigkeiten, argumentierte er. Florian Rödl, Arbeitsrechtler aus Frankfurt am Main, sagte, es sei dringend geboten, das 50-Prozent-Quorum zugunsten der Repräsentativität abzulösen und verwies, wie Düwell, auf "erstaunliche Schwierigkeiten" bei der Handhabung aus juristischer Sicht.

Kritisch bewerteten einige Experten den Vorschlag, das AEntG auf alle Branchen auszudehnen. Jan Dannenbring vom Zentralverband des Deutschen Handwerks bezeichnete dies als "überflüssig". Bereits jetzt hätten die einzelnen Wirtschaftsbranchen die Möglichkeit, die Aufnahme in das AentG zu beantragen und ihre Tarifverträge über das Gesetz über den Weg der AVE erstrecken zu lassen, sagte er. Einer solchen Ausweitung erteilte auch Ralf Wanke eine Abfuhr. Dies widerspräche dem Grundgedanken des Gesetzes, betonte er. Für Rainer Huke von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sei eine Ausweitung deshalb "falsch", weil das Gesetz Entsendungsprobleme lösen soll und die gäbe es nun einmal nicht in allen Branchen.


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2. Bundesregierung legt Rahmenprogramm "Forschung für die zivile Sicherheit (2012 bis 2017)" vor

Bildung und Forschung/Unterrichtung

Berlin: (hib/TYH) Großflächiger Stromausfall, Terrorismus, Erdbeben, Cyberattacken. Die moderne Welt bringt nicht nur neue Chancen mit sich, sondern auch neue Herausforderungen und Risiken. Mit einem Rahmenprogramm "Forschung für die zivile Sicherheit" möchte die Bundesregierung darauf reagieren. Eine entsprechende Unterrichtung (17/8500) liegt dem Bundestag nun vor und steht am Donnerstag im Plenum auf der Tagesordnung.

Das Programm ist auf die Jahre 2012 bis 2017 angelegt und baut auf dem ersten nationalen Forschungsprogramm für die zivile Sicherheit aus dem Jahr 2007 auf. Im Mittelpunkt stünden Lösungen, die die zivile Sicherheit vor Bedrohungen durch Terrorismus, Sabotage, organisierte Kriminalität und Piraterie, aber auch durch Naturkatastrophen und Großunfälle gewährleisten sollen, schreibt die Bundesregierung. Gleichzeitig solle die Balance von Freiheit und Sicherheit bewahrt werden.

Laut Unterrichtung soll sich die Forschungsförderung auf die globalen Herausforderungen ausrichten: Neben der Sicherheit der Bürger und kritischer Infrastrukturen - also Organisationen und Einrichtungen, deren Ausfall dramatische Folgen wie Versorgungsengpässe haben könnten - steht die Sicherheit der Wirtschaft im Mittelpunkt. Hier sollen der Vorlage zufolge vor allem mittelständische Unternehmen dabei unterstützt werden, ihre technologischen Kompetenzen besser vor natürlichen Risiken und Wirtschaftskriminalität zu schützen. Ein weiteres Thema sei die Sicherheit im Cyberraum.

Wie die Bundesregierung in ihrer Unterrichtung schreibt, verfolgt das Rahmenprogramm einen ganzheitlichen Ansatz, der die gesamte Innovationskette von der Forschung bis zur Anwendung einbezieht. Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Staat sollen demnach konkrete Fragestellungen aufgreifen und gemeinsam an der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen arbeiten. Ziel des Rahmenprogramms sind der Vorlage zufolge unter anderem der Schutz des "freiheitlichen Lebensstils", die Förderung datenschutzfreundlicher Lösungen, ein "breiter gesellschaftlicher Dialog zur Ausgestaltung von ziviler Sicherheit in Deutschland" und der Ausbau von internationalen Forschungskooperationen. Zudem solle die wirtschaftliche Chance genutzt werden und Deutschland als führender Anbieter von Sicherheitstechnologien etabliert werden.


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3. Im Bundestag notiert: Sicherheitsproblematik bei Offshore-Windenergie

Verkehr und Bau/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MIK) Über die Sicherheitsproblematik bei Offshore-Windenergie will sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (17/8521) informieren. Die Bundesregierung soll unter anderem mitteilen, inwieweit sie die Empfehlungen des 49. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar zum Sicherheitshandeln aufgenommen hat und welches Bundesressort für die Sicherheit an Offshore-Windanlagen zuständig ist.


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4. Im Bundestag notiert: Schrottimmobilien als Vermögensanlage

Wirtschaft und Technologie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Der Schutz der Verbraucher vor Schrottimmobilien als Vermögensanlage ist Gegenstand einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/8516). Die Bundesregierung soll zu Immobiliengeschäften Stellung nehmen, bei denen es auch zu kurzfristigen Vertragsabschlüssen bei sogenannten Mitternachtsnotaren gekommen sei, wie die Fraktion in ihrem Vorwort zur Kleinen Anfrage schreibt. Außerdem fragt die Fraktion, ob in großem Stil vertriebene Immobilien vom Anwendungsbereich des Vermögensanlagegesetzes erfasst werden.


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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 063 - 6. Februar 2012 - 16:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2012