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BUNDESTAG/3746: Heute im Bundestag Nr. 146 - 14.03.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 146
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 14. März 2013 Redaktionsschluss: 14:45 Uhr

1. Soko-Leiter Jehle: LKA Sachsen war nur punktuell in Fahndung nach NSU-Trio eingebunden
2. Grüne fordern Aktionsplan für queere Jugendliche
3. Die Linke will Auskunft über die Situation von Opiat-Abhängigen
4. Im Bundestag notiert: Neuausschreibung des Mautsystems



1. Soko-Leiter Jehle: LKA Sachsen war nur punktuell in Fahndung nach NSU-Trio eingebunden

2. Untersuchungsausschuss (Rechtsterrorismus)

Berlin: (hib/HAU) Das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen war in die Fahndungsmaßnahmen nach den untergetauchten Rechtsterroristen Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nur punktuell eingebunden. Das sagte Wolfgang Jehle, von 2000 bis 2004 Leiter des Dezernats Rechtsextremismus (Soko Rex) in der Staatsschutzabteilung des LKA Sachsen, am Donnerstag als Zeuge vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Das LKA Thüringen habe die Fahndung geleitet, sagte der Kriminalhauptkommissar. Seine Abteilung habe die Thüringer Kollegen bei Observierungsmaßnahmen, Zeugenbefragungen und Routinefahndungen unterstützt. Das sei ein "übliches Verfahren", fügte Jehle hinzu. Die Maßnahmen hätten jedoch nicht dazu geführt, den Aufenthaltsort zu ermitteln.

Erstmals gehört habe er von dem Trio im Jahr 2000, als eine TV-Fahndung in der Sendung "Kripo Live" geplant wurde. Seinerzeit, so erinnerte sich der Zeuge, sei ein Aufenthalt des Trios in Chemnitz "nicht ausgeschlossen gewesen". Ebenso habe es aber Gerüchte gegeben, die drei seien im Ausland untergetaucht. Ende 2000 habe es dann im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Volksverhetzung eine Hausdurchsuchung bei Thomas S. gegeben, der in Sachsen als "Größe" des im September 2000 verbotenen rechtsextremen Netzwerks Blood and Honour bekannt war. Dabei, so Jehle, sei auch ein Notizbuch gefunden worden, in dem die Geburtstage von Zschäpe und Böhnhardt vermerkt waren. Ein Jahr später habe dann Thomas S. einen befreundeten Neonazi benannt, der angeblich Kontakt mit den Untergetauchten halten würde. Auf Wunsch des LKA Thüringen habe man diesem Kontaktmann zweimal eine Ladung zu einer Befragung zugestellt, der aber nicht gefolgt wurde.

Für Kopfschütteln sorgte diese Aussage beim Unionsabgeordneten Clemens Binninger. "Jedem Rotlichtsünder wird mit mehr Akribie nachgegangen", sagte er. Der sächsische LKA-Beamte stimmte dem grundsätzlich zu. Weitere Maßnahmen hätten jedoch vom LKA Thüringern ergriffen werden müssen, machte er deutlich. Auf die Frage, ob man nicht auf Thomas S. einen genaueren Blick hätte werfen müssen, verwies Jehle ebenfalls auf die Zuständigkeit Thüringens und machte gleichzeitig deutlich: "Wir haben damals nicht nach Mördern gesucht." Insofern habe das Ganze nicht die oberste Priorität besessen. Da es für die Soko Rex in Sachsen nicht erkennbar gewesen sei, "inwieweit Thomas S. involviert ist", habe man den Kollegen in Thüringen nur mitgeteilt, "was wir über ihn wissen". Die SPD-Abgeordnete Eva Högl zeigte sich überrascht ob der eher geringen Priorität, die die Suche offenbar gehabt habe. Ob es denn oft vorkomme, "dass Gewaltbereite untertauchen", wollte sie wissen. Jehle antwortete mit Nein, fügte aber hinzu, es sei ein Unterschied, ob man eigene Ermittlungen führe, oder lediglich unterstützend wirke. "Aus heutiger Sicht", so der Beamte, "hätte man manche Nachfrage energischer stellen sollen."

Mangelnde personelle Ausstattung sei nicht das Problem gewesen, sagte Jehle weiter. Während seiner Leitung der Soko Rex hätten 35 bis 40 Personen darin mitgearbeitet, erläuterte er auf Nachfrage des FPD-Abgeordneten Patrick Kurth. Petra Pau (Die Linke) wollte wissen, ob man sich beim LKA auch mit den Strategien der Neonazis in Sachsen beschäftigt habe. Jehle bejahte dies. Aufgabe der Soko Rex sei es aber gewesen, sich mit konkreten Straftaten zu beschäftigen. Zugleich räumte er ein, dass es bekannt gewesen sei, dass ehemalige Mitglieder von Blood and Honour zum bewaffneten Kampf aufgerufen hätten. Ob bei ihm nicht die Alarmglocken geschrillt hätten, als dann das LKA Thüringen im Rahmen der Fahndung nach Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt um die Überprüfung einzelner ehemaliger Blood-and-Honour-Mitglieder gebeten habe, wurde Jehle gefragt. "Der Zusammenhang ist von mir nicht hergestellt worden", antwortete der Kriminalbeamte.

Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Die Grünen) erkundigte sich schließlich danach, ob Jehle bekannt gewesen sei, dass das LKA Berlin laut Aktenlage Thomas S. Ende 2000 als V-Mann angeworben hat und ihn den sächsischen Kollegen als Quelle zu Verfügung stellen wollte. Nein, so Jehle, davon wisse er nichts. Das fand Wieland merkwürdig: "Wie kann es denn sein, dass so etwas bei der Soko Rex nicht ankommt?" Der damalige Soko-Leiter konnte darauf keine Antwort geben.

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2. Grüne fordern Aktionsplan für queere Jugendliche

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert mehr Unterstützung für queere Jugendliche. In einem Antrag (17/12562) fordert sie die Bundesregierung auf, einen nationalen Aktionsplan gegen Homo- und Transphobie vorzulegen und auf die Bundesländer einzuwirken, entsprechende Aktionspläne auch auf Länderebene aufzustellen. Nach Ansicht der Grünen werden Jugendliche, "die ein Coming-out als Lesbe, als Schwuler oder als Trans durchlaufen oder ihre Intersexualität entdecken", in der Gesellschaft häufig diskriminiert. Für viele Jugendliche verlaufe ihr Coming-out im Elternhaus, in der Schule und im Freundeskreis problematisch. Nach Studien seien sie signifikant stärker selbstmordgefährdet als ihre heterosexuellen Altersgenossen. Die Grünen fordern deshalb spezialisierte Beratungsstellen für queere Jugendliche einzurichten und Aus- und Weiterbildungsprogramme für Lehrkräfte und Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe durchzuführen. Zudem sprechen sich die Grünen für ein Verbot von geschlechtszuweisenden und -anpassenden Operationen an minderjährigen intersexuellen Menschen ohne deren ausdrückliche Einwilligung aus.

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3. Die Linke will Auskunft über die Situation von Opiat-Abhängigen

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/TVW) Die Fraktion Die Linke will von der Bundesregierung wissen, wie viele Opiat-Abhängige sich derzeit in einer Substitutionsbehandlung mithilfe von Ersatzstoffen befinden. In einer Kleinen Anfrage (17/12614) erkundigt sich die Linke ferner danach, wie viele Opiat-Abhängige es in Deutschland gibt und wie viele Patienten mittels der Substitutionsbehandlung langfristig Opiat-Abstinenz erreichen. Nach Ansicht der Linken stellt die Therapie mithilfe eines Ersatzstoffs bei einer Abhängigkeit von Opiaten, vor allem Heroin, die derzeit erfolgreichste Behandlung dar. Allerdings gelinge es nur einem kleineren Teil der Behandelten, letztlich auch auf das Substitut zu verzichten. "Der Nutzen, also die positive Auswirkung auf Sterblichkeit, Morbidität und Lebensqualität, ist dennoch seit langem unbestritten", schreibt die Linke.

Die Abgeordneten weisen darauf hin, dass seit der 2009 vom Bundestag beschlossenen Überführung der Diamorphin-Substitution von einem Modellversuch in die Regelversorgung noch keine weitere Diamorphin-Ambulanz eingerichtet worden sei. Zudem nehme bis jetzt nur die Hälfte der Opiat-Abhängigen an einer Substitutionsthearapie teil. Die Linke führt dies auch auf die Rechtlage zurück. Die Betäubungsmittelverordnung (BtMVV) "schreibt als vorrangiges Behandlungsziel die Abstinenz vor und steht damit im Widerspruch zur internationalen medizinischen Wissenschaft", führen die Abgeordneten dazu aus. Die Linke will daher von der Bundesregierung erfahren, ob die gesetzlichen Bestimmungen zu den Voraussetzungen für eine Substitutionstherapie dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen. "Sieht die Bundesregierung die Ausgestaltung der BtMVV als mitverantwortlich für die stagnierende Entwicklung bei der Diamorphin-Behandlung an?", lautet eine weitere Frage der Abgeordneten.

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4. Im Bundestag notiert: Neuausschreibung des Mautsystems

Verkehr und Bau/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MIK) Die Neuausschreibung des Mautsystems interessiert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. In einer Kleinen Anfrage (17/12596) wollen die Abgeordneten unter anderem von der Bundesregierung erfahren, ob sie weiterhin die Möglichkeit der im Betreibervertrag vorgesehenen Übernahme der Toll Collect GmbH prüft und ob sie vorbereitende Maßnahmen für eine Ausschreibung zur Fortführung der Mauterhebung getroffen hat.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 146 - 14. März 2013 - 14:45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2013