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BUNDESTAG/4462: Heute im Bundestag Nr. 327 - 23.06.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 327
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 23. Juni 2014, Redaktionsschluss: 15.15 Uhr

1. Haftungsfond für Hebammen gefordert
2. BfV sichtet politikforen.net
3. Deutsche Burschenschaft
4. Abkommen mit USA zu DNA-Datentausch
5. Sammelklagen sind bereits möglich
6. Neuregelung der Gebäudewerte verlangt



1. Haftungsfond für Hebammen gefordert

Petitionsausschuss

Berlin: (hib/HAU) Mit einem Haftungsfond sollte dem Problem der ständig steigenden Beiträge für die Haftpflichtversicherung von Hebammen entgegengetreten werden. So lautete die Forderung der Petentin Sabine Schmuck, über deren Eingabe der Petitionsausschuss am Montag in öffentlicher Sitzung beriet. Die Petentin, seit 25 Jahren als "außerklinische, traditionelle Hebamme" tätig, machte dabei deutlich, dass der Beitrag für die Haftpflichtversicherung, der ab 1. Juli 2014 bei 5.091 Euro liegen soll (2009: 2.370 Euro) viele freiberufliche Hebammen zur Aufgabe der Geburtshilfe zwingen würde. Mit Folgen für die werdenden Mütter, wie Schmuck sagte: "Die freie Wahl des Geburtsortes gibt es schon lange nur noch auf dem Papier", urteilte die Petentin.

Schmuck sprach sich daher für einen Haftungsfond aus, "der nicht über privatwirtschaftliche Versicherungskonzerne läuft". Wenn man eine Haftpflichtversicherung vorschreibe, was aus Sicht Schmucks sinnvoll ist, dürfe man diese jedoch nicht dem freien Markt überlassen. Die Petentin forderte einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs zu dem Thema. "Das geht nicht nur die kleine Berufsgruppe der Hebammen an", sagte sie.

Ingrid Fischbach (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) räumte ein, dass die Haftpflichtversicherung gerade bei Hebammen, die wenige Kinder zur Welt bringen, ein großes Problem sei. Die Bundesregierung, so Fischbach, habe darauf reagiert, indem sie einen Sicherstellungszuschlag beschlossen habe, der die Kosten abfedern solle. Zudem habe man dazu beigetragen, dass sich die Versicherungswirtschaft - zumindest vorerst - nicht aus dem Geschäftsbereich zurückzieht. "Wir haben für eine Entwarnung bis 2016 gesorgt", sagte die Staatssekretärin und kündigte gleichzeitig an, weiter an dem Problem zu arbeiten.

Skeptisch zeigte sich Fischbach in der Frage eines staatlichen Haftungsfonds. Es sei fraglich, ob man einen solchen Fonds für eine einzelne Gruppe aus den Heilberufen auflegen könne. Das BMG, so die Staatssekretärin, denke stattdessen über eine Regressbegrenzung nach. Damit ließen sich die Schadensersatzsummen und damit auch die Haftpflichtbeiträge eingrenzen, sagte sie.

Aus Sicht der Petentin sind die jüngsten Aktivitäten des Gesundheitsministeriums lediglich Lippenbekenntnisse, die der Beruhigung der Bevölkerung und der Hebammen dienen sollen. "Das ist nicht zielführend", sagte Schmuck. So greife etwa der Sicherungszuschlag nicht für die zweite Hebamme, die bei den meisten Geburten hinzugezogen werde und ebenfalls voll haftbar sei. Die Petentin wandte sich auch gegen den Eindruck, dass weniger Geburten auf weniger Qualität der Hebammen hinweisen würden. Das Gegenteil sei der Fall. "Es hat eine hohe Qualität, wenn die Hebamme sehr individuell auf die schwangere Frau und ihr Kind eingehen kann."

Den Einwand der Staatssekretärin aufgreifend, es sei nicht möglich nur einer Gruppe innerhalb der Heilberufe einen Haftungsfond anzubieten, machte die Hebammen-Vertreterin deutlich, dass aus ihrer Sicht der Fond für alle Gesundheitsberufe gelten soll. So werde es in Österreich und auch den Niederlanden praktiziert, betonte Schmuck. "In Österreich zahlen die Hebammen einen jährlichen Beitrag von 100 Euro", sagte sie und kam zu dem Fazit: "Ein gestaffelter Haftpflichtfond ist die einzig mögliche Lösung."

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2. BfV sichtet politikforen.net

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sichtet im Rahmen der "Koordinierten Internetauswertung Rechtsextremismus" laut Bundesregierung auch das Internetforum "politikforen.net". In den Kommentarbereichen des Internetforums würden tagespolitische Themen zum Teil zugespitzt, rechtspopulistisch oder mit verschwörungstheoretischem Ansatz diskutiert, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/1735) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/1547). Dabei komme es "vereinzelt auch zu drastischen Äußerungen, die aber insgesamt keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung" böten.

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3. Deutsche Burschenschaft

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Der Bundesregierung liegen nach eigenen Angaben "keine hinreichenden Anhaltspunkte" dafür vor, dass die "Deutsche Burschenschaft" Bestrebungen verfolgt, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Wie aus der Antwort der Bundesregierung (18/1736) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/1542) weiter hervorgeht, gilt dies "ungeachtet des Umstands, dass in der jüngeren Zeit etwa 40 Bünde den Dachverband 'Deutsche Burschenschaft' (DB) verlassen haben sollen".

Vereinzelt seien Burschenschaftler Mitglieder rechtsextremistischer Organisationen beziehungsweise bestünden Kontakte rechtsextremistischer Personen und Organisationen zu einzelnen Burschenschaften, heißt es in der Vorlage weiter. Verdichteten sich dahingehende Anhaltspunkte bei einer Burschenschaft, erfolge die förmliche Beobachtung durch das zuständige Landesamt für Verfassungsschutz. Für die überwiegende Mehrheit der Mitgliedsburschenschaften sei dies nach Kenntnis der Bundesregierung bislang nicht der Fall.

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4. Abkommen mit USA zu DNA-Datentausch

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Ein deutsch-amerikanisches Abkommen zum Austausch von DNA- und Fingerabdruckdaten ist Gegenstand der Antwort der Bundesregierung (18/1739) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/1407). Darin schreibt die Bundesregierung, dass die wirksame Bekämpfung der schwerwiegenden Kriminalität und insbesondere des Terrorismus eine enge grenzüberschreitende Zusammenarbeit erfordere. Vor diesem Hintergrund hätten die Bundesregierung und die US-Regierung am 1. Oktober 2008 ein Abkommen über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität unterzeichnet, dessen Ratifikation am 19. April 2011 erfolgt sei. Damit seien die Regelungen des Abkommens mit Ausnahme des Abgleichs von DNA-Mustern in Kraft getreten.

Ziel des Abkommens sei es, "einen Zugriff auf die nationalen Fingerabdruckdatenbanken und DNA-Datenbanken im Einzelfall und zur Verfolgung beziehungsweise Verhinderung schwerwiegender Kriminalität zu gestatten sowie im Einzelfall Gefährderdaten zur Verhinderung terroristischer Straftaten zu übermitteln". Ein anlassloser, massenhafter Abgleich von Fingerabdrücken beziehungsweise DNA-Mustern etwa aller Menschen, die in die USA einreisen, sei nicht zulässig.

Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, findet ein Abgleich von DNA-Daten zurzeit nicht statt. Artikel 7 bis 9 des Abkommens, die den automatisierten DNA-Abgleich regeln, treten den Angaben zufolge erst nach dem in Artikel 24 des Abkommens festgelegten Verfahren in Kraft. Das heiße, dass das Recht beider Vertragsparteien den Abgleich von DNA-Daten nach den Artikel 7 bis 9 des Abkommens erlauben müsse, die Einzelheiten der technischen Ausgestaltung und des Ablaufs des DNA-Abgleich in einer oder mehrerer Durchführungsvereinbarung(en) geregelt seien und ein diplomatischer Notenwechsel erfolgt ist, "mit dem festgestellt wird, dass jede Vertragspartei in der Lage ist, das Verfahren der Artikel 7 bis 9 des Abkommen auf Basis der Gegenseitigkeit durchzuführen". Keine dieser Voraussetzungen sei bisher erfüllt. Insbesondere verfüge die US-Seite "derzeit nicht über die notwendigen Rechtsgrundlagen für einen DNA-Austausch".

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5. Sammelklagen sind bereits möglich

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/KOS) Das von der Brüsseler Kommission den EU-Mitgliedsstaaten empfohlene "System des kollektiven Rechtsschutzes existiert in Deutschland im Grundsatz bereits": Mit dieser Feststellung in einer Antwort (18/1719) reagiert die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (18/1470), in der sich die Grünen im Interesse einer effektiveren rechtlichen Durchsetzung von Verbraucherinteressen für die Einführung von Sammelklagen ausgesprochen haben.

Aus Sicht der Regierung enthält hierzulande die Zivilprozessordnung geeignete Instrumente, "die eine gebündelte Behandlung gleich gelagerter Ansprüche ermöglichen". Auf dieser Grundlage seien gerade in jüngerer Vergangenheit erfolgreiche Sammelklagen unter anderem gegen Banken, Energieversorger oder Versicherungsunternehmen geführt worden. Die Antwort verweist zudem darauf, dass Verbände Kollektivklagen auch nach dem Unterlassungsklagegesetz und nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb einreichen könnten, was in der Praxis ebenfalls mit Erfolg genutzt werde. Von der Regierung werde derzeit geprüft, "ob über die bereits bestehenden Möglichkeiten für Muster- und Sammelklagen hinaus gesetzgeberische Schritte zur Verbesserung des kollektiven Rechtsschutzes erforderlich sind". In diese Überlegungen würden auch die Stellungnahmen der Bundesrechtsanwaltskammer einbezogen, heißt es in der Antwort. Diese Kammer begrüße zwar prinzipiell die Zielsetzung des Konzepts der EU-Kommission, übe jedoch an Einzelheiten vielfältige Kritik. Eine vollständige Übernahme des Brüsseler Modells lehnt die Regierung vor allem wegen der Vorgaben zur Finanzierung kollektiver Klagen ab, dies sei "verbraucherpolitisch nicht optimal".

In ihrer Anfrage hatten die Grünen auf die im Juni 2013 formulierte Aufforderung der Kommission an die EU-Länder verwiesen, kollektive Rechtsinstrumente wie etwa Sammelklagen zu schaffen. Allerdings ist dieser Brüsseler Appell für die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten nicht verbindlich.

Nach Auffassung der Oppositionspartei geht es bei Sammelklagen vor allem darum, Bürgern bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu helfen. Als Beispiele wurden in der Anfrage Rückzahlungen bei überhöhten Strompreisen oder Kompensationen für Flugausfälle genannt. Solche Anliegen könnten Verbraucher mit Hilfe von Sammelklagen vor Gericht leichter und kostengünstiger durchsetzen. Im Fall von Einzelklagen, so die Fraktion, existiere bislang ein "Ungleichgewicht" zwischen "wirtschaftlich ohnmächtigen" Konsumenten und mächtigen Unternehmen. Dieses Missverhältnis müsse abgebaut werden. Zu dem ökonomischen Ungleichgewicht komme die Scheu vor Prozessrisiken hinzu. Im Ergebnis führe dies dazu, kritisierten die Grünen, dass Rechte und Ansprüche von Verbrauchern nur unzureichend realisiert werden könnten: "Geschädigten muss es möglich sein, sich zusammenzuschließen, um eine gemeinsame Klage führen zu können."

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6. Neuregelung der Gebäudewerte verlangt

Finanzen/Unterrichtung

Berlin: (hib/HLE) Der Bundesrat schlägt eine Neuregelung der Bestimmungen zur Ermittlungen von Gebäudesachwerten und zur wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer von Gebäuden vor. Außerdem soll das Verfahren zur Ermittlung der Gebäuderegelherstellungswerte geändert werden. So soll bei Ermittlung des Gebäudesachwerts von den Regelherstellungskosten ausgegangen werden. Der Wert ergebe sich dann durch Multiplikation mit der Brutto-Grundfläche eines Gebäudes, heißt es in der von der Bundesregierung als Unterrichtung (18/1776) vorgelegten Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (18/1529).

Vom Gebäudeherstellungswert soll eine Alterswertminderung abgezogen werden, empfiehlt der Bundesrat. Als wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer werden für Ein-Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und für Wohnungseigentum jeweils 70 Jahre genannt. Schulen, Kindergärten und Pflegeheime haben eine Nutzungsdauer von 50 Jahren, bei Wirtschaftsgebäuden gibt es noch kürzere Fristen. Die Regelherstellungskosten liegen zum Beispiel für ein freistehendes Einfamilienhaus je nach Stufe zwischen 655 und 1.260 Euro pro Quadratmeter. Bei Mehrfamilienhäusern reicht die Spanne bei bis zu sechs Wohneinheiten von 650 bis 1.190 Euro

Nach Angaben des Bundesrates wird das Sachwertverfahren mit den Änderungen an die Sachwertrichtlinie angepasst und vereinfacht. Außerdem werde eine Koppelung der Werte mit dem Baukostenindex des Statistischen Bundesamtes eingeführt. "Mit der Anpassung ist keine Steuererhöhung verbunden; die in der Sachwertrichtlinie vorgesehene Reduzierung der Lebensdauer von Gebäuden kann vielmehr zu einer höheren Wertminderung (bis 60 Prozent, künftig 70 Prozent) führen", schreibt der Bundesrat in seiner Stellungnahme. Die Bundesregierung sichert zu, die Vorschläge zu prüfen.

Der eigentliche Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass Auszahlungen von verkauften Lebensversicherungen bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht mehr steuerfrei sein sollen. Klargestellt werden soll durch den Gesetzentwurf auch, dass bei der Veräußerung von Dividendenansprüchen vor dem Dividendenstichtag keine Steuerfreiheit besteht und dass in der ausschließlichen Wirtschaftszone vor der deutsche Küste der erweiterte Inlandsbegriff gilt. Eine weitere Änderung betrifft Unterhaltszahlungen, deren steuerlicher Abzug seit vielen Jahren als verwaltungsaufwändig sowie fehler- und missbrauchsanfällig gilt. Künftig müssen die steuerlichen Identifikationsnummern der unterhaltenen Personen angegeben werden, damit deren Identität zweifelsfrei festgestellt werden kann. Der Bundesrat verlangt hier eine Ausweitung. So sollen die Nummern auch in Erbschafts- und Schenkungsfällen angegeben werden müssen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 327 - 23. Juni 2014 - 15.15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2014