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BUNDESTAG/5013: Heute im Bundestag Nr. 214 - 23.04.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 214
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 23. April 2015, Redaktionsschluss: 16.20 Uhr

1. Umsetzung der EU-Aufnahmerichtlinie
2. Grüne fordern Wertstoffgesetz
3. Grüne: Grundrechte in Europa stärken
4. Grüne: Völkermord anerkennen
5. Koalition: Aussöhnung fördern
6. Gründungszuschuss deutlich geschrumpft


1. Umsetzung der EU-Aufnahmerichtlinie

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen macht sich für eine "menschenrechtsorientierte Umsetzung der Flüchtlingsaufnahmerichtlinie der EU" stark. In einem Antrag (18/4691) fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, bei der Umsetzung der neugefassten Richtlinie aus dem Jahr 2013 unter anderem den Kreis der bisher als besonders schutzbedürftig angesehenen Menschen um Opfer des Menschenhandels oder der Verstümmlung weiblicher Genitalien sowie um Personen mit schweren körperlichen Erkrankungen oder psychischen Störungen zu erweitern. Auch soll nach dem Willen der Grünen-Fraktion sichergestellt werden, dass Maßnahmen zur Unterstützung von besonders schutzbedürftigen Menschen während des gesamten Asylverfahrens zur Verfügung stehen und diese Asylsuchenden einen ungehinderten Zugang zur medizinischen Versorgung erhalten.

Ferner fordern die Abgeordneten, dass in Zukunft eine mögliche Schutzbedürftigkeit nicht mehr nur auf Antrag einer betroffenen Person, sondern generell bei allen Asylsuchenden geprüft wird und gegen die "behördliche Ablehnung der besonderen Schutzbedürftigkeit" ein Rechtsbehelf statthaft ist. Darüber hinaus schreiben sie unter anderem, dass die Handlungsfähigkeit "im Asylverfahren nicht mehr abweichend von den allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmungen schon ab Vollendung des 16. Lebensjahrs eintreten" dürfe. "Minderjährige Asylsuchende sind als Minderjährige zu behandeln", heißt es dazu in der Vorlage weiter.

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2. Grüne fordern Wertstoffgesetz

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert die Bundesregierung auf, ein ökologisches und Transparenz schaffendes Wertstoffgesetz vorzulegen. Dieses solle den Anteil der Wertstoffe in Abfällen, die mindestens stofflich verwertet werden, sofort deutlich erhöhen, schreibt sie in einem Antrag (18/4648). Die Recyclingquoten für Wertstoffe sollten selbstlernend ausgestaltet werden. Außerdem sollten die Kommunen die Organisationsverantwortung für die Erfassung der in der Wertstofftonne gesammelten Wertstoffe zurückerhalten. Jährlich verpflichtend sollen sie nach Ansicht der Grünen über die Menge der anfallenden Wertstoffe und deren Verbleib berichten.

In der Begründung des Antrags schreibt die Fraktion, das System der geteilten Verantwortung von privaten und öffentlich-rechtlichen Entsorgern führe nicht zu größtmöglichen ökologischen Erfolgen. Alles, was über die vorgeschriebenen Recyclingquoten hinausgehe, werde in die günstigste Entsorgung gegeben, üblicherweise die Verbrennung. Angesichts knapper Ressourcen sei diese Verschwendung aber nicht akzeptabel, urteilen die Grünen.

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3. Grüne: Grundrechte in Europa stärken

Europa/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Die Stärkung der gemeinsamen Grundwerte in Europa ist Gegenstand eines Antrags (18/4686) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Darin fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, innerhalb des Rates und gegenüber der EU-Kommission zügig Klarheit darüber zu schaffen, was genau unter dem "überparteilichen und evidenzbasierten Ansatz" zu verstehen ist, den der Rat zur Achtung der Rechtsstaatlichkeit im Dialog mit den Mitgliedstaaten anwenden will. Außerdem solle sie sich für einen ständigen und unabhängigen Frühwarn- und Überprüfungs-Mechanismus für alle Mitgliedstaaten einsetzen, dessen Ergebnisse unverzüglich veröffentlicht werden sollten.

In der Begründung des Antrags heißt es, Entwicklungen in einzelnen Mitgliedstaaten, wie Ungarn oder Rumänien, böten schon länger Anlass zur Sorge. Regierungen beschnitten dort unter anderem mit Hilfe ihrer Parlamentsmehrheiten etwa die Presse- und Meinungsfreiheit unverhältnismäßig. "Dies schwächt unsere gemeinsamen Grundwerte", betonen die Grünen. Die EU müsse diesen Entwicklungen klar entgegen treten. Jedoch fehlten ihr nach Auffassung der Fraktion bislang effektive und hinreichend flexible Instrumente, um angemessen auf Situationen reagieren zu können, in denen ein Mitgliedstaat Grundrechte direkt oder indirekt verletzt. Perspektivisch sollte das Ziel eine Änderung der EU-Verträge sein, die für die EU explizite Kompetenzen bei Verstößen gegen demokratische Prinzipien und Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten schaffe, fordern die Grünen. Bis dies erreicht sei, brauche die EU eine Alternative im Rahmen der bestehenden Verträge.

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4. Grüne: Völkermord anerkennen

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AS) Im Rahmen des Gedenkens an den 100. Jahrestag des Beginns der Massaker an den Armeniern fordert die Fraktion Bündnis 90/die Grünen die Bundesregierung auf, anzuerkennen, dass es sich bei "den Massakern und Vertreibungen an den ArmenierInnen ab 1915 um einen Völkermord handelt". In ihrem Antrag (18/4687), der am Freitagmorgen im Bundestag beraten wird, betonen die Grünen zudem die deutsche Mitverantwortung an den historischen Ereignissen. Gleichzeitig fordern sie eine Aufarbeitung des Völkermords durch die Türkei und Armenien, mit der die "längst überfällige" Verbesserung der türkisch-armenischen Beziehungen aktiv unterstützt werden soll. Die Abgeordneten begrüßen zudem Anzeichen "eines vorsichtigen Wandlungsprozesses in der Türkei" hinsichtlich der Aufarbeitung des Völkermordes und eine Wiederannäherung an Armenien.

In ihrem Antrag stellen die Grünen dennoch fest, dass der Annäherungsprozess insgesamt seit 2009 ins Stocken geraten sei. Es gebe in der Türkei noch immer "große Widerstände", die Ereignisse der Jahre 1915/1916 ehrlich und offen aufzuarbeiten. Gerade beim Aufbau einer offenen Erinnerungskultur solle die Türkei daher aktiv unterstützt werden. Für die Aufarbeitung der Ereignisse sei es wichtig anzuerkennen, dass es bei den Massakern und Todesmärschen um Völkermord gehandelt habe. Die Bewertung der Ereignisse sei diesbezüglich in der Wissenschaft "weitgehend unstrittig", heißt es in dem Antrag. Die Türkei und Armenien sollten daher versuchen, sich in dieser Frage in einer gemeinsamen Historikerkommission aneinander anzunähern.

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5. Koalition: Aussöhnung fördern

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AS) Anlässlich des Gedenktages an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern vor 100 Jahren fordern CDU/CSU und SPD die Türkei und Armenien auf, durch die Aufarbeitung der Vergangenheit dem Versöhnungsprozess neue Impulse zu geben. Die Bundesregierung solle die türkische Seite ermutigen, "sich mit den damaligen Vertreibungen und Massakern offen auseinanderzusetzen, um damit den notwendigen Grundstein zu einer Versöhnung mit dem armenischen Volk zu legen", heißt es in einem gemeinsamen Antrag (18/4684) beider Fraktionen, der am Freitagmorgen im Plenum beraten wird. Das Schicksal der Armenier stehe "beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen, ja der Völkermorde, von denen das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gekennzeichnet sei". Gleichzeitig betonen die Abgeordneten die "Einzigartigkeit des Holocaust, für den Deutschland Schuld und Verantwortung trägt".

Die Vernichtung der Armenier im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs "war die größte und folgenschwerste Katastrophe in der mehrtausendjährigen Geschichte des armenischen Volkes", erklären die Koalitionsfraktionen in der Begründung des Antrags. Ihr seien nach unabhängigen Berechnungen über eine Million Armenier zum Opfer gefallen. "Zahlreiche unabhängige Historiker, Parlamente und internationale Organisationen bezeichnen die Vertreibung und Vernichtung als Völkermord", heißt es in dem Antrag. Die Türkei bestreite bis heute entgegen der Faktenlage, dass der Vertreibung, Verfolgung und Ermordung der Armenier "eine Planmäßigkeit" zugrunde gelegen habe. Das Deutsche Reich sei in die Vorgänge tief involviert gewesen. Sowohl seine politische als auch seine militärische Führung sei von Anfang an über die Verfolgung der Armenier informiert gewesen.

In dem Antrag bekräftigen CDU/CSU und SPD zudem einen Beschluss des Bundestages aus dem Jahr 2005 (15/5689), in dem neben der historischen Aufarbeitung auch die Unterstützung des Versöhnungsprozesses zwischen Türken und Armeniern gefordert worden war.

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6. Gründungszuschuss deutlich geschrumpft

Arbeit und Soziales/Unterrichtung

Berlin: (hib/CHE) Die Umwandlung des Gründungszuschusses in eine Ermessensleistung hat ab dem Jahr 2012 zu einem drastischen Rückgang dieser Förderungen geführt. Das geht aus dem Evaluationsbericht der Bundesregierung über die Umsetzung der Neuregelungen zum Gründungszuschuss hervor, der nun als Unterrichtung (18/4662) vorliegt. Die Evaluierung, die vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg durchgeführt wurde, kommt zu folgenden Ergebnissen: Die Zahl der Förderungen sank zwischen 2011 und 2012 um 85 Prozent auf 20.300. Seit dem Jahr 2013 steigen die Förderzahlen wieder leicht und lagen 2014 bei 31.500. Dementsprechend sind auch die Ausgaben für den Gründungszuschuss gesunken, von 1,86 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf 315 Millionen Euro im Jahr 2014. Die Strukturmerkmale der geförderten Personen haben sich geändert: So wurden nach der Reform mehr Ältere, mehr Frauen und mehr Gründungen in den neuen Bundesländern gefördert. Auch höher Qualifizierte sind häufiger unter den Geförderten. Bei weiter guter Wirtschaftslage könne der Gründungszuschuss langfristig dazu beitragen, dass es für Frauen durch eine selbständige Tätigkeit mehr Möglichkeiten gebe, Beruf und Familie zu vereinbaren und sie sozial besser abzusichern, schreibt das IAB.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 214 - 23. April 2015 - 16.20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2015

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