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BUNDESTAG/5023: Heute im Bundestag Nr. 224 - 29.04.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 224
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 29. April 2015, Redaktionsschluss: 10.30 Uhr

1. Rückzahlung der Zwangsanleihe
2. Entschädigungszahlung an Griechenland
3. Entschädigung für Besatzungsverbrechen
4. Rekonstruktion vernichteter Akten
5. Regierung: NPD hält an ihrer Ausrichtung fest
6. Bekämpfung von Schleuserbanden


1. Rückzahlung der Zwangsanleihe

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke dringt auf eine "Rückzahlung der Zwangsanleihe an Griechenland". Wie die Fraktion in einem Antrag (18/4753) schreibt, wurde der griechischen Nationalbank 1942 "von den deutschen Besatzern eine sogenannte Besatzungsanleihe auferlegt, zu deren Rückzahlung sich das Deutsche Reich verpflichtet hatte". Bei Kriegsende betrugen die deutschen Verbindlichkeiten den Angaben zufolge noch 476 Millionen Reichsmark. Dieses Darlehen habe Deutschland bis zum heutigen Tag nicht zurückgezahlt, obwohl es die vertraglichen Verpflichtungen des Deutschen Reiches übernommen hat.

Nach Auffassung der Fraktion darf die Bundesrepublik "die Anleihe nicht behalten". Das gebiete "insbesondere die politische und moralische Verpflichtung Deutschlands, die aus den Verbrechen des sogenannten Dritten Reiches entstanden ist", schreiben die Abgeordneten. Die Bundesregierung soll nach ihrem Willen verbindlich erklären, "dass sie eine Pflicht zur Rückzahlung der Anleihe anerkennt", und mit der griechischen Regierung Verhandlungen führen, "um zu einer einvernehmlichen Klärung der Methoden zu kommen, mit denen der heutige Wert der Anleihe unter Einbeziehung von Zins- und Zinseszinsen zu berechnen ist". Im Anschluss daran solle die Regierung die Zahlung vornehmen.

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2. Entschädigungszahlung an Griechenland

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke macht sich für eine "Entschädigung für den Raub- und Vernichtungskrieg in Griechenland" stark. Deutschland stehe "weiterhin in der Pflicht, die von den deutschen Besatzern in Griechenland während des Zweiten Weltkrieges verübten Zerstörungen von Sachwerten, Infrastruktur und Staatsvermögen zu entschädigen", schreibt die Fraktion in einem Antrag (18/4754). Während der deutschen Besatzung 1941 bis 1944 sei Griechenland "systematisch ausgeplündert und zu umfangreichen Lieferungen von Rohstoffen und Lebensmitteln gezwungen" worden. 1944 habe Deutschland ein wirtschaftlich ruiniertes und weitgehend zerstörtes Land hinterlassen. Vorsichtige Schätzungen der zugefügten Schäden in heutigem Wert beliefen sich auf dreistellige Euro-Milliardenbeträge. Es ist "höchste Zeit, dass die Bundesregierung mit der griechischen Regierung faire Verhandlungen über ausstehende Reparationen führt".

Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, "Griechenland gegenüber zu erklären, dass Deutschland die Pflicht hat, den griechischen Staat für die von den Nazis angerichteten wirtschaftlichen, kulturellen, finanziellen und infrastrukturellen Verwüstungen zu entschädigen". Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion in Verhandlungen mit der griechischen Regierung treten mit dem Ziel eines Abkommens, "das Regelungen über die Höhe der Reparationen enthält".

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3. Entschädigung für Besatzungsverbrechen

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Opfer deutscher Besatzungsverbrechen in Griechenland sollen nach dem Willen der Fraktion Die Linke eine Entschädigung erhalten. In einem Antrag (18/4755) fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, gegenüber zu Griechenland erklären, "dass Deutschland die Pflicht hat, Opfern deutscher Besatzungsverbrechen, die bisher nicht entschädigt worden sind, individuelle Entschädigungszahlungen zu leisten". Auch soll die Bundesregierung der Vorlage zufolge in Verhandlungen mit der griechischen Regierung treten mit dem Ziel eines Abkommens, das Regelungen über Empfängerkreis und Höhe der Entschädigung enthält, und in diese Verhandlungen auch Vertreter von Opferorganisationen einzubeziehen. Ferner solle sich die Bundesregierung "der Vollstreckung bisheriger Urteile griechischer und italienischer Gerichte zu unterwerfen, die Entschädigungsansprüche griechischer NS-Opfer bestätigt haben".

Deutschland stehe "weiterhin in der Pflicht, den Opfern des Nazi-Terrors im besetzten Griechenland Entschädigungen zu gewähren", schreibt die Fraktion in der Vorlage. Infolge der deutschen Besatzung 1941 bis 1944 habe rund eine halbe Million Griechen ihr Leben verloren. Rund 160.000 Griechen, darunter fast 60.000 Juden sowie Roma und Sinti, seien in den Konzentrationslagern umgebracht und 91.000 Geiseln von Wehrmacht und Waffen-SS ermordet worden.

Im Jahr 1960 hat Deutschland Griechenland eine sogenannte Globalzahlung in Höhe von 115 Millionen D-Mark gewährt, "die aber nur für einen sehr kleinen Teil der Nazi-Opfer gedacht war", wie die Fraktion weiter ausführt. "Angesichts der begangenen Massaker, zerstörter Dörfer, Zehntausender Ermordeter und unzähliger zerstörter Sachwerte liegt es auf der Hand, dass diese Summe nur als geringfügige Abschlagszahlung auf die von Deutschland zu leistenden Entschädigungen betrachtet werden kann", heißt es in dem Antrag weiter. Sämtliche Bundesregierungen hätten indes seither weitere Entschädigungszahlungen abgelehnt, ebenso die Anerkennung von Gerichtsurteilen, die NS-Opfern Entschädigungsansprüche gegen Deutschland zugestanden haben.

"Menschen, die dem fürchterlichen Terror der Nazis ausgesetzt waren, haben einen Anspruch auf Entschädigung", argumentieren die Abgeordneten. Es ist deshalb "höchste Zeit, dass die Bundesregierung mit der griechischen Regierung faire Verhandlungen über die ausstehenden Entschädigungszahlungen für die Überlebenden des NS-Terrors und die Hinterbliebenen der Ermordeten führt".

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4. Rekonstruktion vernichteter Akten

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die "Rekonstruktion vernichteter V-Mann-Akten im Bundesamt für Verfassungsschutz im NSU-Komplex" behandelt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/4636) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/4318). Wie die Regierung darin schreibt, wurde die Vernichtung von sieben Beschaffungsakten der Abteilung 2 am 11. November 2011 im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) am 27. Juni 2012 im Rahmen der Aufarbeitung des NSU-Sachverhalts bekannt. Daraufhin habe die Amtsleitung des BfV eine ihr direkt unterstellte Projektgruppe "Aufklärung Operation Rennsteig" zur Aufklärung dieses Sachverhaltes eingesetzt.

Noch am 27. Juni 2012 habe der damalige Präsident des BfV, Heinz Fromm, die Prüfung der Möglichkeit einer Wiederherstellung der Akten angeordnet, heißt es in der Vorlage weiter. Einen Tag später sei die Projektgruppe durch das Bundesinnenministerium (BMI) beauftragt worden, "die vernichteten Akten für eine Vorlage beim 2. Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages in der 17. Wahlperiode (NSU-Untersuchungsausschuss) gemäß des Einsetzungsbeschlusses des Untersuchungsausschusses zu rekonstruieren". Dazu sei insbesondere der im Auswertebereich des BfV für den Untersuchungsauftrag des NSU-Untersuchungsausschusses relevante Aktenbestand zum "Thüringer Heimatschutz" auf das Vorliegen von Deckblattmeldungen und weiteren Unterlagen aus den vernichteten Beschaffungsakten geprüft worden.

Den Angaben zufolge hat das BMI gegenüber dem NSU-Untersuchungsausschuss wiederholt mündlich und schriftlich zu den Aktenvernichtungen im BfV Stellung genommen, unter anderem auch zum Umfang der rekonstruierten Akten. Insoweit sei ausgeführt worden, dass die Akten "nur teilweise" rekonstruiert werden konnten und es in den für die Beurteilung "relevanten Teilen" gelungen sei, die Information zu rekonstruieren.

Wie aus der Antwort ferner hervorgeht, wurden "die rekonstruierten Aktenteile mit allen noch im Original vorhandenen Forschungs- und Werbungs-Akten der Operation 'Rennsteig'" den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zunächst in noch vorläufiger Fassung am 4. Juli 2012 zur Einsichtnahme zur Verfügung gestellt. Nach Abschluss der Rekonstruktion sei allen Mitgliedern des NSU-Untersuchungsausschusses in der Zeit von 24. Juli bis 15. September 2012 "im sogenannten Treptow-Verfahren eine Einsichtnahme in diese ungeschwärzten VM-Akten ermöglicht" worden.

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5. Regierung: NPD hält an ihrer Ausrichtung fest

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die NPD hält nach Angaben der Bundesregierung auch vor dem Hintergrund des Verbotsverfahrens an ihrer ideologisch-strategischen Ausrichtung fest. Von dem im November 2014 neugewählten Parteivorsitzenden sei "allenfalls eine Mäßigung und Modernisierung in der Außendarstellung der NPD zu erwarten, jedoch keine substanzielle Änderung der Schwerpunkte der Partei", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/4635) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/4529). Seine bisherigen Äußerungen ließen allen Parteiströmungen die Möglichkeit, ihre Positionen darunter zu subsumieren.

Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, wird die Materialsammlung von Bund und Ländern zum NPD-Verbotsverfahren unter der Federführung des Bundesamtes für Verfassungsschutz fortgeführt. Zu der Materialsammlung vom 25. Oktober 2012 seien zwischenzeitlich drei Nachlieferungen mit einem Umfang von zusammen rund 650 Seiten erstellt worden. Eine vierte Nachlieferung befinde sich zurzeit in Vorbereitung.

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6. Bekämpfung von Schleuserbanden

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Über ein "europäisches Projekt zur Bekämpfung der schweren und organisierten internationalen Kriminalität auf dem Seeweg" namens "Joint Operation Team (JOT) Mare" berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/4634) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion "Die Linke (18/4522). Danach steht die Maßnahme steht unter Leitung von Europol und beabsichtigt die Einrichtung eines Expertenteams bei Europol durch die Entsendung von nationalen Experten der Mitgliedstaaten.

Die Maßnahme soll den Angaben zufolge "die schnelle Verfügbarkeit aller Erkenntnisse in Bezug auf kriminelle Organisationen, die für die Verbringung von Migranten auf dem Seeweg in die Europäische Union und die sich anschließende illegale Binnenmigration verantwortlich sind, gewährleisten". Wie die Bundesregierung weiter schreibt, hat Europol nationale Experten zur Unterstützung des Projekts einberufen. Neben Deutschland nehmen laut Vorlage Italien, Spanien, Griechenland, Großbritannien und Frankreich teil. Eine zusätzliche Unterstützung solle durch Frontex und Interpol erfolgen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 224 - 29. April 2015 - 10.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2015

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