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BUNDESTAG/5138: Heute im Bundestag Nr. 339 - 29.06.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 339
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 29. Juni 2015, Redaktionsschluss: 18.30 Uhr

1. Paket von Steueränderungen strittig
2. Streit um SGB-II-Sanktionen
3. Straftaten bei Neonazi-Kampagnen
4. Sorbenfeindliche Vorfälle
5. Luftfahrzeuge beim G7-Gipfel


1. Paket von Steueränderungen strittig

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/PST) Nicht weniger als 15 Sachverständige haben im Finanzausschuss kontrovers zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung Stellung genommen, mit dem eine Reihe von Steuergesetzen in vielerlei Punkten geändert werden soll. Mit dem "Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Europäischen Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" (18/4902) setzt die Bundesregierung eine Zusage um, die sie dem Bundesrat im Zusammenhang mit einem früheren Gesetzgebungsverfahren gemacht hat. Zusätzlich zu den von Länderseite gewünschten Gesetzesänderungen bringt die Bundesregierung auch eigene Vorhaben ein.

Die Vielzahl der Sachverständigen hat auch mit den vielen Aspekten der geplanten Änderungen und deren womöglich ungewollten Folgen zu tun. So war der Verband der Universitätsklinika Deutschlands vertreten, da dieser befürchtet, dass mit der Neuregelung Kooperationen von Unikliniken mit Universitäten umsatzsteuerpflichtig werden könnten, was für die Krankenhäuser nach Einschätzung des Verbandes Kosten von mehreren hundert Millionen Euro im Jahr verursachen könnte.

Wichtigster Punkt aber ist die geplante Änderung des Umwandlungssteuergesetzes. Dieses regelt zum einen die steuerlichen Folgen der Umwandlung eines Unternehmens oder einer sonstigen Körperschaft in eine andere Rechtsform, also zum Beispiel einer GmbH in eine Aktiengesellschaft. Es erfasst aber auch Umstrukturierungen, bei denen beispielsweise ein Unternehmen in einem anderen aufgeht oder sich mehrere Unternehmen zu einem zusammenschließen. Dabei geht es vor allem darum, sogenannte kreative Steuergestaltung zum Nachteil der öffentlichen Hand zu verhindern. Hintergrund sind Fälle wie der VW-Porsche-Deal, bei dem das eingebrachte Unternehmen nicht verkauft, sondern gegen Anteile an dem aufnehmenden Unternehmen eingetauscht wird. Wie der Richter am Bundesfinanzhof und Präsident des Deutschen Finanzgerichtstages, Jürgen Brandt, ausführte, soll mit der Neuregelung der Grundsatz, dass Gewinne aus dem Verkauf eines Betriebes zu versteuern sind, auf die Einbringung von Betrieben in einen anderen übertragen werden.

Ein strittiger Punkt war, dass die steuerliche Neuregelung solcher Umwandlungen rückwirkend zum 1. Januar 2015 in Kraft treten soll. Ein Teil der Sachverständigen nannte dies verfassungswidrig. Andere Experten dagegen bezeichneten es als verfassungsrechtlich unproblematisch, da zu diesem Stichtag bekannt war, dass es eine Neuregelung geben wird. Mit der Stichtagsregelung soll verhindert werden, dass vor dem zum 1. Januar 2016 geplanten Inkrafttreten des Gesetzes noch schnell solche Umwandlungen allein zum Zweck der Steuervermeidung vorgenommen werden. Allerdings kam von Wirtschaftsseite der Hinweis, dass derzeit betrieblich gebotene Umwandlungen auf Eis lägen, weil von den Finanzämtern keine verbindliche Auskunft über die steuerlichen Folgen zu bekommen sei. Kritik gab es zudem von unterschiedlichsten Seiten an einzelnen Detailregelungen, die auch in Zukunft dazu führen könnten, dass betrieblich sinnvolle Umwandlungen aus steuerlichen Gründen unterbleiben.

Bei einer Reihe von Änderungsvorhaben gab es Kritik an der knappen Frist bis zum Inkrafttreten. Denn auch wenn alles glatt geht, wird der Gesetzentwurf erst im Herbst vom Bundestag und vom Bundesrat verabschiedet werden, um dann schon zum Jahreswechsel wirksam zu werden. Die Vertreter der Bundessteuerberaterkammer und von Wirtschaftsberatern mahnten, für die Beratung der Kunden, aber beispielsweise auch für die Umstellung der Software bei den Steuerpflichtigen verbleibe zu wenig Zeit. Sie verlangten an einigen Stellen angemessene Übergangsfristen.

Zu den weiteren strittigen Punkten gehört die Frage der Umsatzbesteuerung von Einnahmen der Öffentlichen Hand, die unter anderem der Deutsche Städtetag als Vertreter der kommunalen Spitzenverbände problematisierte. Die Regelung in der jetzt geplanten Form führe zu einer großen Unsicherheit bei Gemeinden, ob auf unterschiedlichste Einnahmen bis hin zu Parkgebühren künftig Mehrwertsteuer fällig werden könnte. Andererseits machte der Zentralverband des Deutschen Handwerks darauf aufmerksam, dass Kommunen in bestimmten Bereichen wie dem Straßenbau auch als Konkurrenten privater Unternehmen aufträten. Dafür dürften sie nicht auch noch einen Steuervorteil erhalten. Beide, Handwerk und kommunale Spitzenverbände, warben bei den Abgeordneten für einen Lösungsvorschlag, den sie gemeinsam erarbeitet haben.

Ein besonders heftig kritisierter Punkt in dem Gesetzentwurf war eine geplante Neuregelung, nach der Gemeinden, auf deren Gebiet Windkraftanlagen oder Fotovoltaik-Anlagen stehen, dafür Gewerbesteuer erheben dürfen, auch wenn der Betreiber in einer anderen Gemeinde seinen Sitz und die dazugehörigen Arbeitsplätze hat. Ziel der Neuregelung ist es, Gemeinden einen Anreiz zu geben, Anlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zuzulassen. Als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung soll die "Summe der installierten Leistung" gelten. Der Vertreter der Deutschen Steuer-Gewerkschaft nannte dies einen "außersteuerlichen Begriff" und die Regelung für Finanzämter nicht handhabbar. Kritik kam aber auch vom Deutschen Städtetag. Sinn der Gewerbesteuer sei es, einen Ausgleich für Ausgaben zu schaffen, die einer Gemeinde durch die vorhandenen Arbeitsplätze entstehen, beispielsweise für den Öffentlichen Personennahverkehr und für Bildungseinrichtungen.

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2. Streit um SGB-II-Sanktionen

Arbeit und Soziales/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag sprach sich eine Mehrheit der geladenen Experten für die Beibehaltung von Sanktionsmöglichkeiten im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) aus. Vertreter aus dem Bereich der Wirtschaft nannten das System der Sanktionen ausgewogen. Auch Landkreistag und Städtetag sprachen sich - ebenso wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gegen eine generelle Abschaffung oder ein Moratorium der Sanktionen aus, wie es die Fraktionen Die Linke (18/3549, 18/1115) und Bündnis 90/Die Grünen (18/1963) in Anträgen gefordert hatten. Eine klare Ablehnung der Sanktionsregelungen kam von der Diakonie Deutschland.

Aus Sicht der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) sind die "großen Erfolge" bei der Integration Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt auch auf die Sanktionen zurückzuführen. Diese seien ein Kernelement des Prinzips von "Fördern und Fordern", hieß es von der BDA ebenso wie vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Die Regelung, wonach Unter-25-Jährige härtere Sanktionen befürchten müssen als Über-25-Jährige, ist nach Meinung der Vereinigung der Bayrischen Wirtschaft angemessen. Auch die BDA vertrat die Ansicht, dass diese Sanktionen zu einer stärkeren Kooperation der Arbeitssuchenden mit den Jobcentern führen würden. Von einer Abschwächung solle daher abgesehen werden, sagte die BDA-Vertreterin.

Ob die Sanktionen tatsächlich die erwähnten positiven Effekte erzielen ist hingegen nach Ansicht des Einzelsachverständigen Helmut Apel nicht wissenschaftlich nachweisbar. Festzustellen sei aber, so der Sozialwissenschaftler, dass die Sanktionen "gravierende Auswirkungen" auf das Leben der Betroffenen hätten. Apel sprach sich für ein Moratorium bei den Sanktionen aus, "um darüber nachzudenken, was Angemessenheit im Falle der Sanktionen bedeutet".

Unterschiedliche Regelungen für verschiedene Altersgruppen führten zu Intransparenz, sagte der Vertreter der Bundesagentur für Arbeit (BA). Zugleich machte er deutlich, dass die BA ein Sanktionssystem in der Grundsicherung für erforderlich hält. Die geringe Sanktionsquote von knapp drei Prozent zeige im Übrigen, dass mit dem Instrumentarium verantwortungsbewusst umgegangen werde.

Sowohl der Deutsche Städtetag als auch der Deutsche Landkreistag kritisierten die unterschiedliche Behandlung von jungen und älteren Arbeitslosen. Schon im Interesse der Verwaltungsvereinfachung sollten künftig auch für die Älteren die strengeren Regelungen der Unter-25-Jährigen gelten, forderte die Vertreterin des Städtetages. BDA und ZDH schlossen sich der Forderung an.

Für eine stärkere Gewichtung des Förderns im System des "Forderns und Förderns" sprach sich der Vertreter des DGB aus. Die Eingliederungsvereinbarungen müssten individueller als bisher auf den Einzelnen zugeschnitten seien. Außerdem sollten Leistungskürzungen nach Ansicht des DGB auf maximal 30 Prozent beschränkt werden. Bei einer "100-Prozent-Sanktion", sei das Existenzminimum nicht mehr gesichert, gab die Vertreterin des Vereins für öffentliche und private Vorsorge zu bedenken. Bei einer Kürzung um mehr als 30 Prozent sollten daher ergänzende Sachleistungen ohne Antrag angeboten werden.

Die verschärften Sanktionen für Jugendliche seien nicht vertretbar, hieß es von Seiten des Deutschen Caritasverbandes. Sie könnten durchaus kontraproduktiv wirken, wenn etwa durch einen Verlust der Wohnung die Jugendlichen in kriminelle Bereiche abrutschen. Für eine Abschaffung der Sanktionen plädierte der Vertreter der Diakonie Deutschland. Keinesfalls dürfe es aber künftig mehr als 30-prozentige Sanktionen geben, forderte er.

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3. Straftaten bei Neonazi-Kampagnen

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke möchte von der Bundesregierung wissen, wie viele Straftaten die Strafverfolgungsbehörden in den Jahren 2012 bis einschließlich 2014 "im Zusammenhang mit Neonazi-Kampagnen anlässlich des so genannten Volkstrauertags" registriert haben (18/5330). Ferner erkundigen sich die Abgeordneten unter anderem danach, wie viele Straftaten die Strafverfolgungsbehörden in diesem Zeitraum im Zusammenhang "mit Neonazi-Kampagnen anlässlich des so genannten Rudolf-Hess-Todestags" sowie "anlässlich der Jahrestage von so genannten Alliierten-Bombardierungen von Städten wie Dresden, Magdeburg oder Dessau" registriert haben.

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4. Sorbenfeindliche Vorfälle

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Sorbenfeindliche Vorfälle" sind Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/5331). Darin erkundigt sich die Fraktion danach, wie viele solcher Vorfälle innerhalb der vergangenen fünf Jahre der Bundesregierung bekannt sind. Auch möchte sie unter anderem wissen, ob die Bundesregierung Kenntnisse von einer Zunahme sorbenfeindlicher Vorfälle in den vergangenen Jahren hat.

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5. Luftfahrzeuge beim G7-Gipfel

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Einsatz von Flugzeugen, Hubschraubern und Drohnen beim G7-Gipfel in Bayern" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/5329). Darin erkundigt sich die Fraktion danach, wie viele Hubschrauber von Landes- und Bundespolizei sowie Bundeswehr "für die Aufklärung, die Überwachung, die Sicherheitsmaßnahmen sowie den Transport von Material und Personen inklusive Stationierungsverlegung, Übungsflügen und anschließender Rückführung beim von der Bundesregierung ausgerichteten G7-Gipfel im Flug- und Bereitschaftseinsatz" gewesen sind. Ferner wollen sie unter anderem wissen, wie viele Medienvertreter im Rahmen des G7-Gipfels von Luftfahrtzeugen transportiert wurden und wie hoch die dadurch entstandenen Kosten und der CO2-Ausstoß gewesen sind.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 339 - 29. Juni 2015 - 18.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2015

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