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BUNDESTAG/5435: Heute im Bundestag Nr. 635 - 02.12.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 635
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 02. Dezember 2015, Redaktionsschluss: 13.58 Uhr

1. Ausschuss beriet über Lage beim BAMF
2. Bausparkassen werden gestärkt
3. Zukunft des EU-Emissionshandels
4. Opferrechte vor Gericht stärken
5. Streitschlichtung für Verbraucher
6. Neues Recht für Syndikusanwälte


1. Ausschuss beriet über Lage beim BAMF

Inneres/Ausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat am Mittwoch über den Stand bei der Bearbeitung von Asylanträgen beraten. Dabei berichtete der Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen Weise, den Abgeordneten auch über die Entwicklung der Personalsituation bei der Behörde und machte deutlich, derzeit noch nicht über genügend Mitarbeiter zur Bewältigung des Arbeitsvolumens zu verfügen. Zugleich zeigte er sich zuversichtlich, dass das Bundesamt zum 1. April kommenden Jahres die benötigte Zahl an Mitarbeitern zum größten Teil eingestellt haben werde. Auch sei gelöst, dass die Arbeitsplätze für die vorgesehenen 4.000 neuen Stellen eingerichtet werden können. Wie eine Mitarbeiterin Weises ergänzte, wurden bereits 2.600 Vorstellungsgespräche geführt oder terminiert.

Die CDU/CSU-Fraktion dankte Weise für das Engagement zur Bewältigung der "epochalen" Herausforderung des Flüchtlingszuzugs. Sie sah in der Zahl der Entscheider ein Angelpunkt und erkundigte sich unter anderem danach, ab welchem Zeitpunkt 1.700 Entscheider zur Verfügung stehen werden.

Die SPD-Fraktion wollte wissen, über wie viele Entscheider das BAMF derzeit verfügt und wie sich die Zahl weiter entwickeln wird. Auch warf sie die Frage auf, wie viele Entscheidungen ein Entscheider pro Jahr fällt. Ferner erkundigte sie sich unter anderem nach der Qualität der Bewerbungen.

Die Fraktion Die Linke verwies auf einen "Berg" von 330.000 unerledigten Asylverfahren und fragte danach, wer die Schuld an den Zuständen bei der Bearbeitung von Asylanträgen trage. Zugleich thematisierte sie unter anderem die Belastung des BAMF durch sogenannte Widerrufsprüfverfahren, die Deutschland als einziges Land vornehme.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erkundigte sich danach, wie man dafür Sorge tragen könne, dass die "in der Warteschleife" befindlichen Asylanträge schnell und fair bearbeitet werden können. Auch plädierte die Fraktion dafür, die obligatorischen Widerrufprüfverfahren fallen zu lassen.

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2. Bausparkassen werden gestärkt

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Die deutschen Bausparkassen werden angesichts der sie belastenden Niedrigzinsphase gestärkt. Der Finanzausschuss beschloss am Mittwoch den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Bausparkassen (18/6418, 18/6680), mit dem die Geschäftsfelder dieser Spezialinstitute erweitert werden. Die Koalitionsfraktionen stimmten nach Vornahme einiger Änderungen für den Entwurf, die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dagegen.

Von der CDU/CSU-Fraktion hieß es, die Bausparkassen hätten sich in der Finanzkrise als Lichtblicke im Bankenwesen erwiesen, seien aber in der anhaltenden Niedrigzinsphase unter Druck geraten. Daher sollten ihnen Möglichkeiten gegeben werde, Geld besser anzulegen, zum Beispiel in Aktien. Außerdem sollen Bausparkassen höhere Darlehen auf Immobilien ausgeben dürfen. Die bisherige Grenze von 80 Prozent des Beleihungswertes fällt weg. Die SPD sah in den erweiterten Anlagemöglichkeiten der Bausparkassen keine unzumutbaren Risiken, verlangte trotzdem jedoch eine Überprüfung im Jahr 2018. Bausparkassen seien auch in Zukunft notwendig, um den Wohnungsbau anzukurbeln.

Für die Linksfraktion werden die Risiken durch die Ausweitung der Geschäftsfelder unkalkulierbar. Kreditnehmer von Sofortdarlehen seien bei einem Zusammenbruch einer Bausparkasse nur unzureichend geschützt. Außerdem werde es weiterhin zu Kündigungen älterer Bausparverträge mit höheren Zinsen kommen, erwartet die Linksfraktion. Für Bündnis 90/Die Grünen reagiert der Gesetzentwurf nicht auf Fehlentwicklungen im Bausparkassenwesen. Das Geschäftsmodell der Bausparkassen stehe schon lange unter Druck, weil die Zinsen schon seit vielen Jahren sinken würden. Hinter der Fassade der Bausparkassen finden schon lange was anderes statt. Die Koalition verschiebe die Probleme nur.

Mit der Gesetzesänderung wird den Bausparkassen außerdem die Möglichkeit eingeräumt, auch das Pfandbriefgeschäft zu betreiben. Dadurch würden die Bausparkassen kostengünstige Refinanzierungsmöglichkeiten erhalten, etwa für die Gewährung von Darlehen oder zur Finanzierung von Neutarifen. Die Bausparkassen erhalten außerdem die Möglichkeit, in höherem Umfang als bisher sonstige Baudarlehen neben den eigentlichen Bausparkassendarlehen zu gewähren. Die Maßnahme werde positive Auswirkungen auf die Ertragslage der Bausparkassen haben, erwartet die Regierung. Mit den Änderungsanträgen der Koalition wurde auch eine Bestimmung aus dem ursprünglichen Entwurf entfernt, die für die finanzierten Immobilien den Abschluss einer Gebäudeversicherung vorschrieb. Die ab 2017 vorgesehene Möglichkeit des Aktienerwerbs ist begrenzt. So dürfen nur bis zu fünf Prozent der sogenannten Zuteilungsmasse in Aktien investiert sein.

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3. Zukunft des EU-Emissionshandels

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Mit der Zukunft des EU-weiten Emissionshandels (EHS) haben sich am Mittwochmorgen die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit beschäftigt. Anlass war ein Richtlinien-Vorschlag der EU-Kommission. Mit der Überarbeitung der schon bestehenden Richtlinie 2003/87/EG soll der Emissionshandel an die Vorgaben des im Oktober 2014 beschlossenen "Energie- und Klimarahmens 2030" angepasst werden. In der Rahmenvereinbarung hatten sich die EU-Staaten darauf geeinigt, dass die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 Prozent gesenkt werden sollen. Die Sektoren, die unter den EHS fallen, sollen demnach 43 Prozent einsparen. Umfasst im Emissionshandel sind mehrere Industriebranchen und die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung.

Ein Vertreter der CDU/CSU-Fraktion begrüßte im Grundsatz den Kommissionsvorschlag. Es sei eine gute "Diskussionsgrundlage". Positiv sei die Regelung zu bewerten, die Zuteilung kostenloser Zertifikate auf Grundlage von unter anderem Produktionsdaten zu regeln. Damit will die EU-Kommission sogenanntes "carbon leakage" vermeiden, also die Verlagerung von Industrien aufgrund zu kostenintensiver CO2-Einsparvorgaben. Beim geplanten Benchmarking müsse aber noch nachgebessert werden, hier sei die Einteilung "zu pauschal", sagte der CDU/CSU-Vertreter.

Grundsätzliche Skepsis gegenüber dem EHS äußerte ein SPD-Vertreter. In den vergangenen Jahren sei dieser ein "Trauerspiel" gewesen, nun stehe er in der "Beweispflicht". Es fehle der Preisdruck um eine Lenkungswirkung zu erzielen. Der Kommissionsvorschlag ziele in die richtige Richtung, wenn er auf die Sektoren abziele, wo tatsächlich "carbon leakage" drohe. Der SPD-Vertreter betonte zudem, dass über dem ganzen Thema auch die Frage nach einer CO2-Steuer schwebe.

Ein Vertreter der Linken-Fraktion bezeichnete den Richtlinien-Entwurf als "mangelhaft". Schon der EU-Rahmen sei nicht ambitioniert genug, es müsse mehr als 40 Prozent bis 2030 eingespart werden. Hier müsse die EU, idealerweise bei der UN-Klimakonferenz in Paris, nachsteuern. Hinsichtlich des EU-Emissionshandels forderte der Linken-Vertreter überschüssige Zertifikate zu löschen und nicht in die Reserve zu überführen.

Ein Grünen-Vertreter kritisierte die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten. Sie müsse gestrichen werden. Es fehlten in Hinblick auf vermeintliches "carbon leakage" zudem Daten und Fakten. Nachbesserungsbedarf bestehe auch in Hinblick auf die Strompreiskompensation für die Industrie. Sie müsse aufgehoben werden.

Ein Vertreter der Bundesregierung betonte auf Fragen der Grünen-Fraktion, dass die CO2-Steuer aktuell kein Thema sei. Angestoßene Reformen sollten zunächst ihre Wirkung entfalten. Der Regierungsvertreter verwies in diesem Kontext auf das für 2019 geplante Inkrafttreten der sogenannten Marktstabilitätsreserve.

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4. Opferrechte vor Gericht stärken

Recht und Verbraucherschutz/Ausschuss

Berlin: (hib/pst) Mutmaßliche Verbrechensopfer sollen in Strafprozessen mehr Unterstützung bekommen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/4621) billigte der Rechtsausschuss am Mittwoch einstimmig, nachdem er noch wesentliche Änderungen beschlossen hatte. Mit dem Gesetz soll eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2012 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Frist dafür ist bereits am 16. November abgelaufen. Außerdem soll mit dem Gesetz den Anforderungen eines Übereinkommens des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch nachgekommen werden. Das "3. Opferrechtsreformgesetz" steht am Donnerstag im Plenum zur Verabschiedung.

Zu den Änderungen in der Strafprozessordnung, die mit dem Gesetz vorgenommen werden sollen, gehören unter anderem erweiterte Informationsrechte von Verletzten bei Anzeigenerstattung und eine neue Ausgangsnorm für die besondere Schutzbedürftigkeit von Verletzten. Dem bereits im Regierungsentwurf enthaltenen Schutz von Menschen, denen psychische Verletzungen beigefügt wurden, trägt der Rechtsausschuss in besonderem Maße Rechnung. Er beschloss, im Rahmen des 3. Opferrechtsreformgesetzes ein eigenes "Gesetz über psychosoziale Prozessbegleitung" einzuführen. Damit soll die in der Justizpraxis der Länder bereits vielfach bewährte psychosoziale Prozessbegleitung auf eine bundesweit einheitliche Rechtsgrundlage gestellt werden.

Dem Gesetzentwurf liegt der Gedanke zugrunde, dass der Rechtsstaat nicht nur Schuld oder Unschuld von Angeklagten festzustellen hat, sondern sich auch schützend vor die Opfer von Straftaten zu stellen und deren Belange zu achten hat.

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5. Streitschlichtung für Verbraucher

Recht und Verbraucherschutz/Ausschuss

Berlin: (hib/pst) Die außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern soll künftig häufiger als bisher versucht werden. Einen Gesetzentwurf (18/5089), der dafür einen bundeseinheitlichen Rahmen schaffen soll, hat der Rechtsausschuss am Mittwoch gebilligt, nachdem er zuvor noch eine Reihe von Änderungen beschlossen hatte.

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6. Neues Recht für Syndikusanwälte

Recht und Verbraucherschutz/Ausschuss

Berlin: (hib/pst) Für Rechtsanwälte, die nicht in einer Kanzlei tätig, sondern bei einem Unternehmen angestellt sind, sogenannte Syndikusanwälte, soll die Rechtsstellung klarer geregelt werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf (18/5201) billigte der Rechtsausschuss am Mittwoch, nachdem er zuvor noch einige Änderungen beschlossen hatte. Die Oppositionsfraktionen lehnten sowohl die von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Änderungen als auch den Gesetzentwurf selbst ab. Mit dem Gesetz wird insbesondere klargestellt, dass Syndikusanwälte in der berufsständischen Altersversorgung der Anwälte bleiben können. Das Bundessozialgericht hatte zuvor festgestellt, dass die geltende Rechtslage eine Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Rentenversicherung ergibt. Eine Berufshaftpflichtversicherung, wie sie für Anwälte in Kanzleien vorgeschrieben ist, müssen Syndikusanwälte nach dem Beschluss des Rechtsausschusses nicht abschließen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 635 - 2. Dezember 2015 - 13.58 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2015

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