Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/5584: Heute im Bundestag Nr. 098 - 18.02.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 098
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 18. Februar 2016, Redaktionsschluss: 16.04 Uhr

1. NSA-Spionagesoftware nur auf Probe
2. Linke fordert mehr Pflegepersonal
3. Grüne: Abgas-Skandal aufklären


1. NSA-Spionagesoftware nur auf Probe

1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Die Spionagesoftware XKeyscore wird beim Bundesamt für Verfasssungsschutz (BfV) in einer abgespeckten Variante genutzt, derzeit allerdings immer noch auf Probe. Sie sei für die Bedürfnisse ihrer Behörde auch nicht uneingeschränkt geeignet, berichtete am Donnerstag die Zeugin Doreen Delmdahl dem 1. Untersuchungssausschuss ("NSA"). Die 39-jährige Juristin ist seit 2008 beim Verfassungsschutz tätig, zunächst einige Monate in der Abteilung Islamismus, seither als G10-Sachverständige bei der Auswertung der Ergebnisse von Abhörmaßnahmen. Seit Anfang 2010 leitet sie in der Berliner Niederlassung das Referat 3G/6.

Entwickelt wurde XKeyscore von der amerikanischen National Security Agency (NSA). Das System ist in der Lage, Kommunikationsdaten massenhaft zu erfassen und in großer Geschwindigkeit zu sortieren, zu analysieren und zu verknüpfen. Auf diese Weise lassen sich von Zielpersonen exakte Profile gewinnen. Der Bundesnachrichtendienst (BND) nutzt XKeyscore seit 2007 in der Abhöranlage in Bad Aibling. Nach einer Vorführung des Systems 2011 interessierte sich auch der Verfassungsschutz dafür. Zur Leiterin einer Arbeitsgruppe, die die Installierung von XKeyscore betreuen sollte, wurde im Herbst 2012 die Zeugin Delmdahl berufen.

Ihre Qualifikation, meinte sie, habe sich aus ihrer Tätigkeit als G10-Juristin ergeben, die bei Abhörmaßnahmen die Wahrung der Rechte vom Fernmeldegeheimnis geschützter und keiner Straftat verdächtiger deutscher Staatsbürger zu überwachen hat. Aus Presseveröffentlichungen im vergangenen Jahr war hervorgegangen, dass der Verfassungsschutz sich im Gegenzug für die Überlassung von XKeyscore verpflichtet hatte, der NSA "in größtmöglichem Umfang" eigene Erkenntnisse mitzuteilen. Der Inhalt der Vereinbarung, der sogenannten "Terms of Reference" (ToR), sei ihr bekannt, erklärte die Zeugin. Sie wolle die Darstellung der Medien in öffentlicher Vernehmung aber weder bestätigen noch dementieren. In jedem Fall halte sich der Verfassungsschutz beim Datenaustausch mit auswärtigen Diensten strikt an die Vorgaben des deutschen Rechts. Er habe weder Zugriff auf Datenbanken der NSA noch sei dies umgekehrt der Fall.

Aus den Worten der Zeugin konnte sich der Eindruck ergeben, dass sich der Verfassungsschutz nicht sicher ist, was er sich mit XKeyscore eingehandelt hat. Zwar wurde aus der 2012 gebildeten Arbeitsgruppe 2014 ein Aufbaustab, der sich im April 2015 zur Referatsgruppe 3A verfestigte. Doch noch immer läuft XKeyscore nur im Probebetrieb. Das bedeutet, dass das System zwar bereits echte Daten bearbeitet, aber lediglich in begrenzter Anzahl. Bisher stehen der Abschluss der Sicherheitsprüfung und eine Unbedenklichkeitserklärung des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) noch aus: "Wir kennen den Quellcode nicht. Wir wissen nicht, wie es arbeitet. Wir haben es geschenkt bekommen, aber das heißt nicht... Wir müssen sicher sein, dass wirklich nichts nach außen gelangt", sagte Delmdahl.

Der Verfassungsschutz nutzt nur die Analyse-, nicht die Erfassungsfunktion des Systems. Dafür gebe es keinen Bedarf, weil die Behörde über eine eigene Abhöranlage mit dem Name "Perseus" in der Kölner Zentrale verfügt, sagte Delmdahl. Nach ihren Worten ist XKeyscore auf einem Rechner in Berlin installiert, der keine Verbindung nach außen hat. Dort werden Kopien der in Köln erfassten Daten eingespeist und nach Analyse gelöscht. Da es dem Verfassungsschutz weniger um die Filterung großer Datenmassen als um Kommunikationsinhalte im Einzelfall gehe, sei das System auf seine Bedürfnisse nicht ohne weiteres zugeschnitten.

*

2. Linke fordert mehr Pflegepersonal

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/PK) In die Krankenhauspflege muss nach Ansicht der Fraktion Die Linke wesentlich mehr investiert werden. In einem Antrag (18/7568) fordern die Abgeordneten, die Personalbesetzung in den Krankenhäusern kurzfristig zu verbessern und dazu mindestens 100.000 Vollzeitstellen in der Pflege zu schaffen.

Die neuen Pflegestellen müssten außerhalb der Fallpauschalen (DRG) finanziert werden. Zudem sollte eine verbindliche Personalbemessung in die Krankenhausplanung aufgenommen werden. Auch in der Altenpflege sei eine bundeseinheitliche, verbindliche Personalbemessung für den stationären und ambulanten Bereich einzuführen.

Der wirtschaftliche Wettbewerb unter Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sollte beendet werden. Bereits privatisierte Kliniken und Pflegeeinrichtungen seien in eine nichtkommerzielle Trägerschaft zu überführen. Die Pflegeberufe müssen durch den Abbau übermäßiger Arbeitsbelastungen attraktiver gestaltet werden. Schließlich fordert die Linksfraktion in ihrem Antrag die Einführung einer solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung, um in diesem Bereich finanzielle Stabilität und Gerechtigkeit zu gewährleisten.

In der Begründung des Antrags verweisen die Abgeordneten auf einen Enthüllungsbericht aus dem Pflegealltag. Gezeigt würden dort die Auswirkungen einer über Jahre verfehlten Krankenhauspolitik. Beschäftigte seien überlastet, es bleibe kaum Zeit für die pflegerische und medizinische Arbeit sowie die Hygiene. Vor allem Pflegerinnen gingen täglich an den Rand ihrer Belastungsgrenze und darüber hinaus.

Erkennbar würden Anzeichen eines Systemversagens. So orientierten sich die Fallpauschalen nicht am konkreten medizinischen Bedarf, geschweige an den menschlichen Bedürfnissen. In Deutschland sei das Verhältnis von Pflegekräften zu Patienten katastrophal.

*

3. Grüne: Abgas-Skandal aufklären

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Die Bundesregierung soll den Skandal um Pkw-Abgaswerte aufklären und für eine bessere Luftqualität in den Städten sorgen. Dies fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (18/7550).

Dazu soll die Regierung untersuchen und darüber informieren, ob Dieselfahrzeuge konform mit der deutschen und europäischen Regelung gebaut und auch geprüft worden sind und den umwelttechnischen Anforderungen im realen Fahrbetrieb standhalten, fordern die Abgeordneten.

Weiter soll sie die Modalitäten und fahrzeugtechnischen Konsequenzen der unterschiedlichen Rückrufe von Modellen des VW-Konzerns veröffentlichen und unverzüglich einen Zwischenbericht über die angeordneten Nachprüfungen von Dieselfahrzeugen vorlegen sowie einen Zeitplan benennen, wann ein Gesamtbericht über die Aufarbeitung des Abgas-Skandals erfolgt.

Schließlich soll sie die angekündigte Offenlegung der Motorensoftware bei der Typengenehmigung von Fahrzeugen in die Praxis umsetzen und die angekündigten staatlichen Prüfstände zur Nachkontrolle von Fahrzeugen in Betrieb nehmen.

Die Fraktion fordert weiter von der Regierung, wirksame Maßnahmen gegen Luftverschmutzung durch Diesel-Pkw vorzubereiten, indem sie ein Leitkonzept für die städtische Mobilität vorlegt, das die Bedingungen für den Fußgänger- und Radverkehr verbessert und den ÖPNV stärkt, die Abhängigkeit von fossilen Kraftstoffen reduziert, die CO2-Emissionen absenkt und Luftschadstoffe wirksam bekämpft.

Dazu soll sie auch die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. Dezember 2015 zu einer nachhaltigen städtischen Mobilität in ihrer Verkehrspolitik berücksichtigen. Die Abgeordneten fordern unter anderem weiter, ein Nachrüstungsprogramm zur Abgasreduzierung von Taxis, Transportern und Bussen aufzulegen und die Ausweitung E-Carsharing zu fördern.

Stickoxide verursachen erhebliche Gefahren für die Gesundheit und stellen eine massive Einschränkung der Lebensqualität dar, heißt es im Antrag zur Begründung. So würden Autos mit Dieselmotoren seit vielen Jahren zu viel Feinstaub und Stickoxide ausstoßen. Für die Luftqualität in Innenstädten sei der Pkw-Altbestand einschließlich Fahrzeugen der Euro-6-Abgasnorm ausschlaggebend. Das Bundesverkehrsministerium habe bislang unterlassen, die Gründe für erhöhte Stickoxidwerte im realen Fahrbetrieb und für die verspäteten Kontrollen seitens des Kraftfahrtbundesamtes aufzuklären. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes verursachten Dieselfahrzeuge Umwelt- und Gesundheitsschäden in Höhe von 33 Milliarden Euro pro Jahr.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 098 - 18. Februar 2016 - 16.04 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang