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BUNDESTAG/5750: Heute im Bundestag Nr. 264 - 09.05.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 264
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 09. Mai 2016, Redaktionsschluss: 15.48 Uhr

1. Türen zu neuen Steuergestaltungen
2. Hohe Belastung mit Stickstoffdioxid
3. Bodenschutzverordnung wird überarbeitet
4. Änderung der Luftqualitäts-Verordnung
5. Gewässerqualität in Schleswig-Holstein
6. Gewässer in Mecklenburg-Vorpommern


1. Türen zu neuen Steuergestaltungen

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Die Sachverständigen haben sich sehr differenziert zu den von der Bundesregierung geplanten Änderungen an der Investmentfondsbesteuerung geäußert. Zugleich wurden in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag Befürchtungen laut, dass die Bundesregierung mit dem von ihr eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung (18/8045) an einer Stelle steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten beenden, an deren Stelle jedoch neue Türen zu anderen Gestaltungen öffnen könnte, obwohl mit dem Entwurf das Ziel verfolgt wird, "die generelle Anfälligkeit des Investmentsteuerrechts für Steuerumgehungsgestaltungen durch grundlegende Änderungen nachhaltig zu reduzieren". Auch der Behauptung der Regierung einer Entlastung der Wirtschaft durch einfachere Regelungen wurde heftig widersprochen, zum Beispiel durch die deutschen Bankenverbände, die in einer gemeinsamen Stellungnahme feststellten: Der errechneten massiven Entlastung "müssen wir energisch widersprechen".

Grund für die Änderungen ist auch die Rechtsprechung auf europäischer Ebene. Danach ist es möglicherweise nicht mehr zulässig, dass inländische Investmentfonds von der Steuer freigestellt werden, ausländische aber mit einer abgeltend wirkenden Kapitalertragsteuer belastet werden. Die inländischen Fonds behalten die Steuern derzeit bei der Ausschüttung der Erträge von den Anlegern ein. Ab 2018 soll die Besteuerung geändert werden. Danach müssen inländische Publikumsfonds Steuern auf aus deutschen Einkunftsquellen stammenden Dividenden, Mieterträgen und Gewinnen aus dem Verkauf von Immobilien in Höhe von jeweils 15 Prozent (Körperschaftsteuer) abführen. Steuerfrei vereinnahmt werden können von den Fonds weiterhin Zinsen, Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren, Gewinne aus Termingeschäften, ausländische Dividenden und ausländische Immobilienerträge. Im Gegenzug werden die Anleger entlastet, indem ihre Erträge teilweise steuerfrei ausgezahlt werden.

Besonders die Besteuerung von Immobilienerträgen, die bisher nach einer Frist von zehn Jahren steuerfrei waren, stieß auf Kritik. Der Fondsverband BVI warnte, damit würden offene Immobilienfonds im Vergleich zu geschlossenen Fonds oder einer direkten Anlage in Immobilien schlechter gestellt. Es drohe eine "massive Steuererhöhung". Steuerfreiheit für diese Erträge nach zehn Jahren forderte auch die Deutsche Kreditwirtschaft.

Der Bundesrechnungshof forderte in seiner Stellungnahme, in- und ausländische Fonds bereits ab 2017 gleichzustellen. Er wies außerdem darauf hin, ausländische Fonds hätten aufgrund der europäischen Rechtsprechung bis ins Jahr 2006 zurückreichende Anträge auf Erstattung der Kapitalertragsteuer gestellt. Bis heute sei keiner dieser Anträge bearbeitet worden, da nicht klar sei, welche deutsche Behörde zuständig sei. Laut Professor Heribert Anzinger (Universität Ulm) beseitigt der Gesetzentwurf wirksam die unionsrechtlichen Zweifel an der Geltung der für die Fondseingangsseite geltenden Besteuerungsregeln. Er machte in der Anhörung aber auch deutlich, dass bestehende Gestaltungen zwar eingefangen würden, neue vielleicht aber erst ermöglicht würden.

Zu den steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten, die unterbunden werden sollen, gehören die als Cum/Cum-Geschäfte bezeichneten Wertpapierverschiebungen. Damit können Steuerausländer oder inländische Körperschaften durch Verkauf von Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag die Besteuerung vermeiden. Zwar muss der Käufer Kapitalertragsteuer für die Dividenden bezahlen. Nachdem sich der Kurs durch Ausschüttung der Dividende entsprechend reduziert hat, verkauft der Käufer die Aktien wieder an den ursprünglichen Eigentümer. Der Verlust aus dem Verkauf kann mit der erzielten Dividende verrechnet werden, so dass nach Angaben der Bundesregierung "die einbehaltene Kapitalertragsteuer an den Käufer erstattet werden muss. Die Steuerersparnis teilen sich Verkäufer und Käufer." Ein Mindesthaltezeitraum soll diese Gestaltungsmöglichkeiten beenden. So wird keine Anrechnung mehr gewährt, wenn Steuerpflichtige innerhalb eines 91-tägigen Zeitraums rund um den Dividendentermin nicht an 45 Tagen Eigentümer der Wertpapiere ist. Die Regierung räumt aber selbst in der Begründung ihres Entwurfs ein, "dass derzeit weitere Gestaltungsmodelle betrieben werden, die der Finanzverwaltung noch unbekannt sind".

Professor Joachim Larras (Hochschule RheinMain Wiesbaden) bezeichnete den Vorschlag als "riesiges Beschäftigungsprogramm für die Beratungsindustrie". Mit dem Gesetzentwurf würden weitere Steuergestaltungsmöglichkeiten geschaffen. Er empfahl eine einheitliche Besteuerung aller Erträge zu einem niedrigen Satz, von dem es keine Ausnahmen geben dürfe. Auch nach Ansicht von Professor Falko Tappen (TSC Treuhand) eröffnen Spezial-Regelungen mehr Spielräume als eine "Rasenmäher-Methode". Für Professorin Sabine Kirchmayr-Schliesselberger (Universität Wien) besteht eines der großen Probleme in der unterschiedlichen Besteuerung von Dividenden und Veräußerungsgewinnen. Bela Jansen (WTS Group) sah eine "überschießende Regelung", die auch Absicherungsgeschäfte erfassen werde. Diese Ansicht vertrat auch der Fondsverband BVI, der es als fraglich bezeichnete, "weshalb wirtschaftlich sinnvolle Absicherungen in Zeiten hoher Volatilität an den Aktienmärkten zu steuerlichen Nachteilen führen sollen, die auch Kleinsparer und die Altersvorsorge belasten".

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft bezeichneten die 45-Tage-Regelung im Ergebnis als "Strafsteuer für Aktionäre". Der Steuerberater und Rechtsanwalt Joachim Moritz wies darauf hin, dass es belastbare wirtschaftliche Gründe geben könne, die einen nur kurzfristigen Besitz von Aktien rechtfertigen könnten. Werner Thumbs (Die Familienunternehmen - ASU) sagte, zum Erhalt der in den Fonds angelegten Mittel werde in großem Umfang Kurssicherung betrieben. Diese Kurssicherungssysteme würden sich nach den Kursentwicklungen und nicht nach Dividendenstichtagen richten. Gegen die Vorschrift zur Verhinderung von Cum/Cum-Geschäften meldete auch der Verein der Auslandsbanken Bedenken an. Auch mit der Neuregelung könne "nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass steuerliche Gestaltungen vorgenommen werden". Es gebe auch "nachhaltige Bedenken hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes".

Das Institut der Wirtschaftsprüfer warnte davor, die Steuerfreiheit bei Veräußerung von vor 2009 angeschafften Wertpapieren aufzuheben. Die Abschaffung des Bestandsschutzes sei kritisch zu sehen.

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2. Hohe Belastung mit Stickstoffdioxid

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/SCR) Die Luftqualität hat sich in Deutschland nach Auffassung der Bundesregierung in den vergangenen Jahren "deutlich verbessert". Handlungsbedarf bestünde unter anderem aber bei der Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2). Dazu müsse die Emission von Stickstoffoxid verringert werden. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/8232) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7964) hervor.

Insbesondere bei der NO2-Belastung werden in Deutschland die EU-Grenzwerte nicht eingehalten. 2014 ist laut Antwort bei 29 Prozent aller Messstationen der Grenzwert für das Jahresmittel (40 Mikrogramm/Kubikmeter) überschritten worden. An einem Prozent der Messstationen wurde der Grenzwert für das Stundenmittel von 200 Mikrogramm/Kubikmeter, bei 18 zugelassenen Überschreitungen pro Kalenderjahr, übertreten.

In Hinblick auf Feinstaub PM10 wurden die Grenzwerte für das Jahresmittel 2014 eingehalten. Bei drei Prozent aller Messstationen wurde allerdings ein Überschreiten der Grenzwerte für das Tagesmittel von 50 Mikrogramm/Kubikmeter, bei 35 zugelassenen Überschreitungen, verzeichnet. Bei Feinstaub PM2,5, ultrafeine Partikel mit einem Durchmesser unter 0,1 Mikrometer, wurden die Grenzwerte für das Jahresmittel 2014 nirgendwo überschritten.

Laut Antwort laufen aktuell zwei Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Überschreitung von Grenzwerten. Seit 2009 ist demnach eine Verfahren wegen Überschreiten der Feinstaub-PM10-Werte im Gange. 2015 hat die Kommission zudem ein Verfahren wegen der Überschreitung der NO2-Werte zwischen 2010 und 2013 in 29 Gebieten eingeleitet.

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3. Bodenschutzverordnung wird überarbeitet

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/SCR) Die Vorsorgewerte sowie die zulässigen Werte für die jährlichen Frachten für Quecksilber in der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung sollen modifiziert werden. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/8292) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8144) zur Quecksilberbelastung der Böden in Deutschland hervor. Demnach wird die Verordnung derzeit überarbeitet.

In Hinblick auf Kohlekraftwerke geht die Bundesregierung davon aus, dass strengere Grenzwerte wie in den USA keinen höheren Schutz der menschlichen Gesundheit bewirken würden. Die durch Grenzwertveränderungen erreichbare Verminderung von Quecksilber in der Umwelt sei in Relation zur gesamten Quecksilberemission marginal. "Insoweit ist ein höherer Schutz der menschlichen Gesundheit nur durch globale Verminderung der Quecksilber-Einträge zu erwarten", heißt es in der Antwort.

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4. Änderung der Luftqualitäts-Verordnung

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Verordnung

Berlin: (hib/SCR) Die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben ist das Ziel eines Verordnung der Bundesregierung (18/8340) zur Änderung der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen. Gegenstand der Änderungen, die auf Änderungsrichtlinie (EU) 2015/1480 zurückgehen, ist unter anderem die Genauigkeit von Messgeräten. Zudem ist vorgesehen, "Kriterien für die kleinräumige Ortsbestimmung der Probenahmestellen" zu präzisieren.

Darüber hinaus sollen die Vorschriften zu Erstellung und Inhalt von Jahresberichten zur Luftqualität angepasst werden. Hintergrund hierfür sei eine Auskunftsersuchen der Europäischen Kommission zur Umsetzung der EU-Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft für Europa (2008/50/EG), heißt es in der Begründung.

Der Bundestag ist gemäß Paragraph 48 Bundes-Immissionsschutzgesetz beim Erlass von Verordnung zu beteiligen.

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5. Gewässerqualität in Schleswig-Holstein

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/SCR) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fragt in einer Kleinen Anfrage (18/8330) nach der Gewässerqualität in Schleswig-Holstein. Hintergrund sind die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Unter anderem wollen die Fragesteller von der Bundesregierung wissen, welche Grundwasser- und Oberflächenwasserkörper in dem Bundesland die EU-Zielvorgaben ("guter Gewässerzustand") aktuell nicht erreichen.

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6. Gewässer in Mecklenburg-Vorpommern

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/SCR) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fragt in einer Kleinen Anfrage (18/8329) nach der Gewässerqualität in Mecklenburg-Vorpommern. Hintergrund sind die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Unter anderem wollen die Fragesteller von der Bundesregierung wissen, welche Grundwasser- und Oberflächenwasserkörper in dem Bundesland die EU-Zielvorgaben ("guter Gewässerzustand") aktuell nicht erreichen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 264 - 9. Mai 2016 - 15.48 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Mai 2016

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