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BUNDESTAG/5871: Heute im Bundestag Nr. 385 - 22.06.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 385
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. Juni 2016, Redaktionsschluss: 14.41 Uhr

1. Neuregelung beim Fracking-Einsatz
2. Grünes Licht für Anti-Terror-Paket
3. Berufskraftfahrergesetz umstritten


1. Neuregelung beim Fracking-Einsatz

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit haben in ihrer Sitzung am Mittwochmittag den Weg für eine Fracking-Neuregelung bereitet. Mit Stimmen der Fraktionen CDU/CSU und SPD stimmte der Ausschuss für einen Gesetzentwurf zur Änderung auf Fracking bezogener wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften (18/4713, 18/4949) in geänderter Fassung. Die Opposition stimmte gegen die Vorlage. In gleicher Konstellation beschied der Ausschuss mitberatend bergbauliche Neuregelungen (18/4714, 18/4952), die ebenfalls zum Fracking-Gesetzespaket gehören.

CDU/CSU und SPD hatten am Dienstag eine Einigung zu dem auch in der Koalition umstrittenen Thema verkündet. Die Gesetzentwürfe waren bereits Anfang Mai 2015 in erster Lesung im Bundestag beraten worden. Vertreter der Koalitionsfraktionen hoben im Ausschuss vor allem hervor, dass mit den nun geänderten Gesetzentwürfen sogenanntes unkonventionelles Fracking unbefristet verboten und konventionelles Fracking stärker eingeschränkt werde. Vertreter der Oppositionsfraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke kritisierten das "Hau-Ruck-Verfahren", das wenig Zeit zum Prüfen der von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Änderungen erlaube. Zudem forderten beide Fraktionen ein generelles Verbot der Fracking-Technologie in Deutschland.

Zu den wesentlichen Änderungen der Koalitionsfraktionen im Vergleich zum Regierungsentwurf gehört ein im Wasserhaushaltsgesetz verankertes generelles Verbot des unkonventionellen Frackings, also der Förderung von Erdgas und Erdöl in Schiefer-, Ton- oder Mergelgestein oder Kohleflözgestein. Im Regierungsentwurf war dieses nur für oberhalb von 3.000 Meter Tiefe unter Normalnull vorgesehen. Ausnahmen sind in dem geänderten Gesetzentwurf nur für insgesamt vier "Erprobungsmaßnahmen" zur wissenschaftlichen Untersuchung der Frage, wie sich der Technologieeinsatz auf die Umwelt, "insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt", auswirkt. Im Regierungsentwurf war die Zahl nicht begrenzt. Zudem muss nach der geänderten Fassung nun auch die betroffene Landesregierung der "Erprobungsmaßnahme" zustimmen.

Auch die Rolle der schon im Regierungsentwurf vorgesehenen Expertenkommission ist durch den Änderungsantrag der Koalition neu justiert worden. Sie hat nun nicht mehr die Möglichkeit, den gegebenenfalls beantragten Einsatz unkonventionellen Frackings für unbedenklich zu erklären, was wiederum eine der Grundlagen für eine Ausnahmegenehmigung seitens der zuständigen Behörden gewesen wäre. Die Kommission soll vielmehr nur noch an Öffentlichkeit und Bundestag berichten. Der Bundestag ist nach dem geänderten Gesetzentwurf im Jahr 2021 dazu aufgerufen, die Angemessenheit des generellen Verbotes "auf der Grundlage des bis dahin vorliegenden Standes von Wissenschaft und Technik" zu überprüfen.

In Hinblick auf erlaubnisfähiges Fracking schränkt die veränderte Fassung dessen Nutzung auch für Einzugsgebiete eines Mineralwasservorkommens, einer Heilquelle sowie einer "Stelle zur Entnahme von Wasser zur Herstellung von Lebensmitteln" ein. Weitere Änderungen sind unter anderem im Hinblick auf die Ablagerung von Lagerstättenwasser vorgesehen.

Abgelehnt wurden im Ausschuss sowohl ein Änderungs- als auch ein Entschließungsantrag der Grünen. Die Gesetzentwürfe sollen am Freitag im Plenum abschließend beraten werden.

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2. Grünes Licht für Anti-Terror-Paket

Inneres/Ausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat den Weg für das von der schwarz-roten Regierungskoalition vorgelegte Anti-Terror-Paket frei gemacht. Gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen verabschiedete das Gremium am Mittwoch mit der Koalitionsmehrheit den entsprechenden Gesetzentwurf der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion (18/8702) in modifizierter Fassung.

Danach sollen dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) spezielle Befugnisse eingeräumt werden zur Einrichtung gemeinsamer Dateien "mit wichtigen ausländischen Partnerdiensten, insbesondere der Nachbarstaaten und anderer EU- beziehungsweise Nato-Mitgliedsstaaten". Ferner soll die Bundespolizei wie bereits "nahezu alle Polizeien der Länder und das Bundeskriminalamt" die Befugnis erhalten, sogenannte Verdeckte Ermittler schon zur Gefahrenabwehr und nicht erst zur Strafverfolgung einzusetzen.

Vorgesehen ist zudem, Erbringer von Telekommunikationsdiensten zu verpflichten, die Identität von Prepaid-Kunden - zu deren Erhebung sie bereits nach geltendem Recht verpflichtet sind - anhand geeigneter Identitätsdokumente wie Personalausweise oder Reisepässe zu überprüfen. Darüber hinaus sollen unter anderem Strafbarkeitslücken geschlossen werden, "die bei der Unterstützung der Weiterbetätigung verbotener Vereinigungen bestehen".

Mit den Stimmen der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion nahm der Innenausschuss zugleich einen von der Koalition eingebrachten Änderungsantrag an. Er sieht unter anderem eine Befugnis des BfV zur Speicherung von Daten Minderjähriger im Alter von 14 bis 16 Jahren vor. In der Begründung wird hervorgehoben, dass unter den Personen, die nach Syrien reisten, um sich dort terroristischen Vereinigungen anzuschließen, auch Minderjährige seien, die jünger als 16 Jahre sind.

Die CDU/CSU-Fraktion verwies auf eine Internationalisierung der Terror-Bedrohung und betonte, es müsse die Möglichkeit gemeinsamer Dateien von Verfassungsschutzbehörden geschaffen werden. Auch die angestrebte Regelung zur Identitätsverifizierung von Prepaid-Kunden sei "absolut berechtigt", unterstrich die Fraktion. "Mehr als überfällig" sei zudem die Befugnis der Bundespolizei zum präventiven Einsatz Verdeckter Ermittler.

Die SPD-Fraktion erinnerte an die Opfer der Terroranschläge in Europa der vergangenen eineinhalb Jahre und mahnte, angesichts international gut vernetzter Terroristen müssten sich selbstverständlich auch die Sicherheitsbehörden vernetzen. Zugleich verteidigte sie die vorgesehene Altersabsenkung bei der Speicherbefugnis des BfV für Daten Minderjähriger und sprach von einer "ausgewogenen Regelung".

Die Fraktion Die Linke monierte, zum Umgang mit 14- und 15-Jährigen müsse gegebenenfalls das Jugendamt gestärkt werden und nicht der Verfassungsschutz. Zur Frage der Identifizierungspflicht bei Prepaid-Kunden warnte die Fraktion mit Blick auf Umgehungsmöglichkeiten im Ausland, dass eine nationale Regelung hier keine Lösung bringen könne und nur zu Sammlung weiterer Daten führe.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sah in dem Gesetzentwurf viele Elemente, die "sehr problematisch" seien. Auch sie wolle, dass bei der Terrorismusbekämpfung in Europa kooperiert wird, doch beschränke sich die von der Regierungskoalition vorgesehene Regelung nicht auf die Terrorismusbekämpfung. Auch vertiefe die Vorlage das Nebeneinander von polizeilichen und geheimdienstlichen Strukturen, kritisierte die Fraktion.

Ein Vertreter des Bundesinnenministeriums verwies unter anderem darauf, dass es bei der Identifizierungspflicht von Prepaid-Kunden nicht darum gehe, mehr Daten zu speichern, sondern um die Sicherung der Datenqualität.

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3. Berufskraftfahrergesetz umstritten

Verkehr und digitale Infrastruktur/Ausschuss

Berlin: (hib/MIK) Die von der Bundesregierung geplanten Änderungen am Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (18/8183) finden weitgehend die Zustimmung der Sachverständigen. Sie sehen aber noch Änderungsbedarf. Dies wurde am Mittwoch in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur deutlich.

Mit dem Gesetz sollen verschärfte Sanktionierungsmaßnahmen eingeführt werden, um Missbrauchsfälle bei der Aus- und Weiterbildung wirkungsvoll zu begegnen. Zudem sollen die Voraussetzungen im Hinblick auf die Anerkennung und Überwachung von Ausbildern, Unterrichtsorten, der Teilnehmerzahl sowie die Mitteilung von Daten der geplanten Weiterbildungsveranstaltungen konkretisiert werden. Außerdem sollen Bußgeldtatbestände zur Bekämpfung von Missbrauch erweitert und mit einer strengeren Sanktion versehen werden. Schließlich soll im deutschen Recht auch außerhalb des Führerscheins ein europaweit anerkannter Nachweis für die Weiterbildung geschaffen werden.

Karlheinz Schmidt vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hielt den Entwurf für praxistauglich aber verbesserungswürdig. Er begrüßte, dass die Anerkennung und Überwachung der Ausbildungsstätten und der Ausbilder im Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz und in der Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung festgeschrieben werden sollen. Schmidt schlug vor, dass die Anerkennung und Überwachung von einer landesweit zuständigen Stelle erfolgen solle. Weiter sollte eine bundesweite, öffentliche Datenbank aufgebaut werden, in der alle zugelassenen Ausbildungsstätten und Ausbilder aufgelistet sind. Nur so entstehe Gewissheit darüber, ob eine erteilte Zulassung durch die Landesbehörden nicht widerrufen worden sei. Gleichzeitig entstehe Markttransparenz zu allen zugelassenen Ausbildungsstätten und Ausbildern, was die Auswahl einer geeigneten Ausbildungsstätte erleichtere.

Wolfgang Baumeister, Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK), setzte sich dafür ein, dass bei der geplanten Erweiterung der Bußgeldtatbestände geprüft werden sollte, ob die Zuständigkeit für die Bußgelder nicht zentral oder zumindest zentral in den einzelnen Bundesländern geregelt werden sollte. Dies sei schon in Bayern, Hamburg und Sachsen-Anhalt der Fall. Außerdem solle geprüft werden, ob eine bundeseinheitliche "Bußgeld-Regelstelle" hilfreich sei, da die Bußgelder auf 20.000 Euro erhöht werden sollten und daher die Kontrollbehörden einen sehr großen Ermessensspielraum hätten.

Auch Jörn-Michael Satz, Moving International Road Safety Association, forderte ein Zentralregister, um Teilnehmer und Ausbildungsstätten abgleichen zu können. Damit könne der Missbrauch im Bereich des Berufskraftfahrer-Qualifikationsrechts bekämpft werden. Zudem forderte er eine bundesweite Einheitlichkeit der Kriterien für die Anerkennung von Ausbildungsstätten sowie die Gewährung einheitlicher Überwachungskriterien. Frank Faßbender vom Bundesamt für Güterverkehr betonte, dass ein Zentralregister teuer und zeitnah nicht umsetzbar sei.

Dieter Quentin von der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände setzte sich dafür ein, die Ausbildungsstätten nur anlassbezogen zu überwachen und nicht periodisch. Außerdem solle sichergestellt werden, dass es keine Kostenmehrbelastung für Weiterbildungsträger gebe. Er betonte weiter, dass die Praxissprache "Deutsch" bleiben müsse.

Ralph Werner, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), begrüßte, dass das vorgeschriebene Mindestalter für Fahrten ohne Fahrgäste von 20 auf 18 Jahre herabgesetzt werden solle. Damit werde die Möglichkeit geschaffen, Erfahrungen schon früher in die Berufsausbildung zu integrieren.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 385 - 22. Juni 2016 - 14.41 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2016

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