Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/6346: Heute im Bundestag Nr. 098 - 16.02.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 098
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 16. Februar 2017, Redaktionsschluss: 10.14 Uhr

1. Kulturtourismus im ländlichen Raum
2. Plädoyer für Mahnmal in Berlin
3. Nachhaltigkeit in der Filmbranche
4. Grüne gegen zu hohe Managergehälter
5. Linke gegen Autobahn-Privatisierung


1. Kulturtourismus im ländlichen Raum

Tourismus/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Wie können Kulturangebote auch ländliche Räume für Touristen attraktiver machen? Unter dem Projekttitel "Die Destination als Bühne" lässt das Bundeswirtschaftsministerium diese Frage derzeit am Beispiel von bisher drei Modellregionen untersuchen. Eine Zwischenbilanz legten Vertreter der beiden begleitenden PR-Agenturen sowie der beteiligten Regionen am Mittwoch dem Tourismusausschuss vor. Ihr Befund lautete: Fremdenverkehrsgebiete, deren Bekannntheit sich vor allem ihren landschaftlichen Reizen verdankt, können durch Kulturangebote zusätzliche Alleinstellungsmerkmale gewinnen. Dafür müssten aber Kulturschaffende und Touristiker besser kooperieren und Angebote stärker auf die Bedürfnisse der Besucher abstimmen.

Kulturtourismus zählt zu den starken Seiten der deutschen Fremdenverkehrswirtschaft, beschränkt sich aber auf Städte und einige wenige prominente Regionen. Diese Feststellung war der Ausgangspunkt des im Juli 2015 gestarteten Projekts, mit dem das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Tourismusberater Dwif-Consulting und der Dresdner Agentur Sandstein Kommunikation Erfolgsaussichten des kulturell orientierten Fremdenverkehrs in ländlichen Räumen erkundet. In einer ersten Phase wurden bis März vorigen Jahres aus 77 Bewerbungen Ostfriesland, die Oberlausitz und die Zugspitz-Region als Modellgebiete ausgewählt. Die Laufzeit des Projekts ist bis Mitte 2018 befristet.

Für das Fremdenverkehrsmarketing der Zugspitz-Region stellte Thomas Lackner vor dem Ausschuss fest, dass in seiner Gegend der Kulturtourismus gewissermaßen erfunden worden sei: Bereits Ende des 19. Jahrhunderts habe der englische Anbieter Thomas Cook Pauschalreisen zu den Passionsspielen in Oberammergau organisiert. Gleichwohl sei der Landkreis Garmisch-Partenkirchen vor allem für Wintersport und Naturerlebnisse bekannt. Die "extrem hohe Museumsdichte" - 15 staatliche und private Einrichtungen auf 80.000 Bewohner - werde dahingegen bislang nur unzulänglich gewürdigt. Eine Gelegenheit, das Voralpenland als Kulturdestination ins Licht zu setzen, soll im Mai nächsten Jahres die bayerische Landesausstellung "Wald, Gebirg und Königstraum - Mythos Bayern" im Kloster Ettal bieten.

Am geographisch anderen Ende der Republik muss auch Ostfriesland damit leben, der Außenwelt weniger als Kulturstandort denn als Reiseziel für Strand- und Badeurlauber bekannt zu sein. Immerhin gibt es hier, wie Imke Wemken von der Ostfriesland Tourismus GmbH dem Ausschuss berichtete, ein Netzwerk von Fremdenverkehrs- und Kulturanbietern, das sich um die Emdener Kunsthalle gruppiert und seit 2007 alle drei Jahre ein "kulturtouristisches Themenjahr" organisiert. Die Zahl der beteiligte Partner sei stets gestiegen, allerdings gebe die "langfristige Finanzierung" Anlass zur Sorge, sagte Wemke. Doch hätten in Ostfriesland Kulturmenschen und Touristiker gelernt, miteinander zu reden.

Die Oberlausitz kann Besucher, die hauptsächlich zum Wandern und Radeln kommen, mit dem Nebeneinander zweier Sprachen, des Deutschen und des Sorbischen, und mit mittelalterlichen Städten wie Görlitz und Bautzen überraschen. Nach den Worten von Franziska Dießner, Projektmanagerin im Tourismus-Marketing, behindern hier allerdings strukturelle Probleme den kulturtouristischen Aufschwung. Die Region sei in zwei Landkreise und acht Fremdenverkehrsgebiete aufgeteilt, die nicht immer ohne weiteres miteinander kooperieren wollten. Sie habe zudem ein Imageproblem: Nur 61 Prozent der Deutschen wüssten überhaupt von der Existenz der Oberlausitz.

*

2. Plädoyer für Mahnmal in Berlin

Kultur und Medien/Ausschuss

Berlin: (hib/AW) In Berlin soll ein Mahnmal für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft errichtet werden. Dies war der gemeinsame Nenner zwischen Sachverständigen und Fraktionen in einem Fachgespräch des Kulturausschusses. Der Bundestag hatte sich bereits 2016 in einem verabschiedeten Antrag für die Errichtung eines solchen Mahnmals ausgesprochen.

Der frühere Parlamentarische Staatssekretär Stephan Hilsberg (SPD) sagte, das Mahnmal solle der Trauer der Opfer über das erlittene Unrecht in der kommunistischen Diktatur Ausdruck verleihen und der Gesellschaft zugleich Mahnung vor einem erneuten Abgleiten in ein totalitäres System sein. Er plädierte dafür, das Mahnmal in Berlins Mitte, dem damaligen "Machtzentrum der kommunistischen Diktatur", zu errichten. Für einen Standort in Berlins Mitte sprachen sich auch die Geschäftsführerin der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Anna Kaminsky, der Direktor der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Uwe Neumärker, und die Historikerin Silke Satjukow von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg aus.

Satjukow verwies darauf, dass die Opfergruppen der kommunistischen Herrschaft äußerst unterschiedlich seien. Zu bedenken sei auch, dass in den sowjetischen Lagern nach dem Zweiten Weltkrieg auch viele Funktionäre der nationalsozialistischen Diktatur inhaftiert waren. Über diese Problematik müsse noch eine intensive Diskussion geführt werden.

Kaminsky und Neumärker verwiesen auf die bereits bestehenden Gedenkstätten und authentischen Orte der SED-Diktatur. Diese sollten durch ein zentrales Mahnmal aber nicht ersetzt, sondern ergänzt werden. Neumärker und Satjukow sprachen sich auch dezidiert für die Errichtung einer Informationseinrichtung ähnlich wie beim Holocaust-Mahnmal aus.

Unterschiedlich beantworteten die Sachverständigen auch die Frage, wie ein Wettbewerb für die Gestaltung des Mahnmals gestaltet werden sollte. Während Hilsberg und Kaminsky sich für ein möglichst offenen Wettbewerb aussprachen, warnte Neumärker mit Verweis auf die Erfahrungen beim Holocaust-Mahnmal vor einem solchen Verfahren. Ein erster offener Wettbewerb habe damals ergebnislos abgebrochen werden müssen, nachdem mehr als 600 Entwürfe eingereicht worden seien, führte Neumärker an.

*

3. Nachhaltigkeit in der Filmbranche

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Auch in der Filmbranche ist das Thema Nachhaltigkeit präsent. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung deutlich. Laut einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr sei zwei Dritteln der Filmproduzenten klar, dass in Sachen Nachhaltigkeit etwas passieren müsse, sagte Alfred Holighaus, Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft. Nur knapp die Hälfte der Produzenten versuche jedoch tatsächlich nachhaltig zu produzieren, was zumeist mit den damit verbundenen höheren Kosten erklärt werde.

Korina Gutsche, Production-Manager bei Bluechildfilm, sagte, immer mehr Produktionsfirmen versuchten klimafreundlich zu produzieren, "also Abfall, Logistik und Transport zu kontrollieren". Als positives Beispiel benannte sie die Bavaria Filmstudios, die als klimaneutrales Filmstudio zertifiziert seien. Gutsche, die Seminare zum Thema "klimafreundliche Filmproduktionen" anbietet, verwies zudem auf die bis 2012 produzierte ZDF-Reihe "Der Landarzt", die die erste klimaneutrale TV-Serie Europas gewesen sei. Positiv bewertete sie auch den von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein entwickelten "Grünen Drehpass".

Christiane Dopp von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein sagte, mehr als 85 Produktionen seien seit 2012 mit dem Grünen Drehpass ausgezeichnet worden. Die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein erkenne zudem die Position "Grüne Berater" bei einer geförderten Produktion kalkulatorisch an. Dopp forderte einheitliche ökologische Standards in ganz Deutschland, bundesweite Richtlinien für alle Filmförderungen sowie Ausbildung und Schulungen für "Grüne Berater".

Der Regisseur und Produzent Philip Gassmann, Nachhaltigkeits-Manager der Bavaria GmbH, machte deutlich, dass umweltfreundliche Filmproduktionen möglich seien, es dafür aber eines großen Technologiewechsels bedürfe. Klassische Filmproduktionen seien riesige Umweltverschmutzer, so Gassmann. Dies habe mit der hohen Mobilität und den damit verbundenen vielen Transporten zu tun. Ein großer Faktor sei auch der hohe Stromverbrauch, der sich aus dem bei der Produktion benötigten Licht ergebe. Hier gebe es Alternativen in Form von LED-Lampen, die aber kein Rental Betrieb (bei dem Filmequipment ausgeliehen wird) vorrätig habe, das die alten Lampen abbezahlt seien und damit Geld verdient werden könne. Ähnlich sei es beim Thema Mobile Energie. Umweltfreundliche Hybrid-Stromspeicher oder Photovoltaikanlagen habe kein Rental Betrieb im Angebot, bemängelte Gassmann. Seine Forderung lautete daher: "Produzenten, Hersteller, Dienstleister und Verleiher, die diese umweltfreundlichen Technologien in den Markt bringen, müssen unterstützt werden."

Die von Gassmann geschildert Problematik sei zutreffend, bestätigte Alfred Holighaus. Der Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft forderte, die von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein praktizierte Anerkennung eines "Grünen Beraters" in der Filmförderung auszuweiten. Außerdem sollte seiner Ansicht nach, wenn im Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender produziert werde, "für nachhaltiges Produzieren etwas draufgelegt werden".

*

4. Grüne gegen zu hohe Managergehälter

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will den Steuerabzug für Managergehälter deckeln. In einem Antrag (18/11176) erhebt die Fraktion dazu mehrere Forderungen, um eine "Mitfinanzierung von überhöhten Gehältern, Abfindungen und Versorgungszusagen durch die Bürgerinnen und Bürger zu begrenzen". So soll der Betriebsausgabenabzug von Abfindungen auf eine Million Euro pro Kopf und der Betriebsausgabenabzug von Gehältern auf 4.500.000 Euro pro Kopf begrenzt werden. Zu den weiteren Forderungen gehört eine Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Versorgungszusagen. Erfolgsbeteiligungen sollen grundsätzlich an den langfristigen Erfolg des Unternehmens geknüpft werden.

Zur Begründung schreibt die Fraktion, die Vergütungen von Vorständen seien in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Es sei nicht gelungen, mit den freiwilligen Empfehlungen des Corporate Governance Kodex überhöhte Managerbezüge wirksam zu begrenzen und am langfristigen Erfolg des Unternehmens auszurichten. Das würden die "Goldene Betriebsrente" für Ex-VW-Chef Martin Winterkorn und die zweistellige Millionenabfindung an VW-Vorstandsmitglied Christine Hohmann-Dennhardt belegen.

*

5. Linke gegen Autobahn-Privatisierung

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/HAU) Die Fraktion Die Linke fordert, Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz auszuschließen. In einen dazu vorgelegten Antrag (18/11165), der am Donnerstag erstmals im Plenum des Bundestags beraten wird, fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, einen Entwurf zur Neufassung des Artikel 90 Grundgesetz vorzulegen, der sicherstelle, dass Bundesautobahnen und Bundesstraßen des Fernverkehrs umfassend vor Privatisierungen geschützt werden.

In dem Entwurf müsse zudem eine zivilrechtliche Übertragung des Eigentums an den Bundesfernstraßen und an einer etwaigen Bundesautobahngesellschaft ausgeschlossen werden. Das Gleiche müsse für Privatisierungen in Form von mittelbaren Beteiligungen an der Gesellschaft, in Form von unwirtschaftlichen Formen der Fremdkapitalaufnahme sowie für "funktionale Privatisierungen nach dem ÖPP-Ansatz" gelten.

Zur Begründung führt die Linksfraktion an, die bisherigen Erfahrungen mit verschiedenen Formen der Privatisierung vormals staatlicher Aufgaben aus dem Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge hätten gezeigt, dass die entsprechenden Aufgaben durch die Privaten "weder besser noch kostengünstiger, teilweise sogar teurer, ausgeführt werden". Neben funktionalen Privatisierungen, wie im Fall der Bahn AG, gelte dies insbesondere auch für die sogenannten öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP), bei denen den Privaten eine bestimmte Rendite vertraglich garantiert werde, während die wirtschaftlichen Risiken einseitig zu Lasten der öffentlichen Hand gingen. "Diese Privatisierungen sind für die öffentliche Hand und folglich für die Menschen im Land nicht nur wirtschaftlich nachteilig, sondern sie gehen auch mit einem Verlust an politischer Steuerungsfähigkeit und damit demokratischer Kontrolle einher, wie dies am Beispiel der Bahn AG zu beobachten ist", schreiben die Abgeordneten.

Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf zur Neufassung von Artikel 90 Grundgesetz enthält laut der Linksfraktion zwar die Regelung, dass Bundesautobahnen und Bundesstraßen des Fernverkehrs sowie eine etwaige Gesellschaft für deren Betrieb im Bundeseigentum verbleiben müssen. Die Formulierung biete jedoch keinen Schutz vor Privatisierungen. Vielmehr könne die Autobahngesellschaft als juristische Person des privaten Rechts nach dem Vorbild der Bahn AG geführt werden. Das verhindere einen demokratischen Einfluss auf die Geschäftspolitik der "Autobahn AG", kritisiert die Fraktion. Außerdem erhalte die "Autobahn AG" die Möglichkeit, Teilaufgaben an Firmen in privatem Eigentum zu übertragen. Der Bundesrechnungshof habe dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags diesbezüglich bereits seine Bedenken mitgeteilt, heißt es in der Vorlage.

Als "besonders problematisch" sieht die Linksfraktion an, dass durch den Entwurf der Bundesregierung zukünftig Autobahnen funktional über "Öffentlich-Private-Partnerschaften" für Teilnetze (Netz-ÖPPs) leichter privatisiert werden könnten. Derartige Netz-ÖPPs existierten bereits in Frankreich, wo Autofahrer bei der Nutzung von Autobahnen zur Zahlung von Mautgebühren gezwungen würden, um Umsatzrenditen für die davon profitierenden privaten Unternehmen in Höhe von bis zu 24 Prozent zu finanzieren. Eine Gebührenerhebung für die Nutzung von Autobahnen würde sich nach Ansicht der Abgeordneten bei Haushalten mit geringerem Einkommen besonders negativ auswirken. Sie sei daher verteilungspolitisch abzulehnen und müsse auch für die Zukunft konsequent ausgeschlossen werden, wird gefordert.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 098 - 16. Februar 2017 - 10.14 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang