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BUNDESTAG/6358: Heute im Bundestag Nr. 110 - 23.02.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 110
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 23. Februar 2017, Redaktionsschluss: 13.15 Uhr

1. Streichung der Majestätsbeleidigung
2. Zwangsbehandlung von Betreuten
3. Änderung am Kfz-Steuergesetz
4. Euro-6-Fahrzeuge weniger belastet
5. Erstellung von Prognosen
6. Anzeigen gegen Reichsbürger


1. Streichung der Majestätsbeleidigung

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PST) Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (18/11243) zur Abschaffung von Paragraf 103 des Strafgesetzbuches (Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten) im Bundestag eingebracht. Der aufgrund seiner Entstehungsgeschichte auch als Majestätsbeleidigung bezeichnete Straftatbestand spielt in dem Verfahren des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan gegen den Fernseh-Satiriker Jan Böhmermann erstmals seit langem wieder eine Rolle.

In ihrem Gesetzentwurf "zur Reform der Straftaten gegen ausländische Staaten" bezeichnet die Bundesregierung die normalen Strafvorschriften für Beleidigung als "ausreichend für den Ehrenschutz von Organen und Vertretern ausländischer Staaten". Insbesondere bedürfe es keines "erhöhten Strafrahmens". Auch das Völkerrecht verpflichte nicht zu "Sonderstrafnormen zugunsten Repräsentanten ausländischer Staaten". Paragraf 103 erscheine "nicht mehr zeitgemäß" und sei "daher entbehrlich". Das Gesetz mit dem schlichten Wortlaut "§ 103 wird aufgehoben" soll nach dem Willen der Bundesregierung im Januar 2018 in Kraft treten.

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2. Zwangsbehandlung von Betreuten

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PST) Eine Regelungslücke im Genehmigungsverfahren für lebenswichtige medizinische Zwangsbehandlungen von Personen, die selbst zu einer verantwortlichen Entscheidung nicht in der Lage sind, soll mit einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11240) geschlossen werden, der jetzt dem Bundestag zugegangen ist. Die Lücke war durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 26. Juli 2016 (1 BvL 8/15) offenbar geworden. Es geht, wie die Bundesregierung ausführt, um betreute Personen, "die einer ärztlichen Maßnahme mit natürlichem Willen widersprechen, obgleich sie auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können", die aber "ohne die medizinisch indizierte Behandlung einen schwerwiegenden gesundheitlichen Schaden erleiden oder sogar versterben".

Nach geltendem Recht kann der Betreuer eine solche Zwangsbehandlung "nur im Rahmen einer freiheitsentziehenden Unterbringung", also in einer geschlossenen Anstalt, veranlassen, . In den Fällen, in denen der Betreute nicht in der Lage oder willens ist, sich durch Flucht zu entziehen, eine "freiheitsentziehende Unterbringung" also nicht geboten ist, kann auch die notwendige Behandlung nicht erzwungen werden, wie die Regierung ausführt. Das Bundesverfassungsgericht habe nun entschieden, "dass diese Schutzlücke mit der aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar ist".

Mit dem vorgeschlagenen "Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten" soll daher "die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme von der freiheitsentziehenden Unterbringung entkoppelt" werden. Im Übrigen sollen die Voraussetzungen so streng bleiben wie bisher. So soll die richterliche Genehmigung an eine stationäre Unterbringung in geeigneten Einrichtungen gebunden bleiben, eine ambulante Zwangsbehandlung also weiterhin nicht erlaubt sein. Durch einen ausdrücklichen Vorrang von Patientenverfügungen soll zudem das Selbstbestimmungsrechts von Betreuten gestärkt werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Gesetz drei Jahre nach Inkrafttreten evaluiert wird, unter anderem in Hinblick auf "die Wirksamkeit der Schutzmechanismen".

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3. Änderung am Kfz-Steuergesetz

Finanzen/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Die Kohlendioxid-Werte von neuen Personenkraftwagen sollen ab dem 1. September 2018 nach einem anderen Verfahren ermittelt werden. Dieser Stichtag soll auch für die Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer gelten, heißt es in dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (18/11234). Zur Anwendung komme in Zukunft eine weltweit harmonisierte Testprozedur zur Ermittlung der Abgasemissionen leichter Kraftfahrzeuge ("Worldwide harmonized light duty test procedure" - WLTP). Ohne die Übernahme des neuen Verfahrens wäre eine sachgerechte, gleichmäßige Besteuerung nicht möglich.

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4. Euro-6-Fahrzeuge weniger belastet

Finanzen/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Für Personenkraftwagen der Euro-6-Emissionsklasse soll die Kraftfahrzeugsteuer gesenkt werden. Dies sieht der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Verkehrssteueränderungsgesetzes (18/11235) vor. Mit den höheren Steuerentlastungsbeträgen, deren Volumen mit 100 Millionen Euro angegeben wird, solle der ökologische Anreiz für Fahrzeuge dieser Emissionsklasse verstärkt werden. Die Kosten sollen aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur voll kompensiert werden. Mit den Anpassung der Regelungen soll außerdem den Bedenken der EU-Kommission gegen die Einführung einer Infrastrukturabgabe, mit der von der steuerfinanzierten zur nutzerfinanzierten Infrastruktur übergegangen werden soll, Rechnung getragen werden. Mit den Anpassungen könne das von der EU-Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren beendet werden.

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5. Erstellung von Prognosen

Wirtschaft und Energie/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Die Erstellung gesamtwirtschaftlicher Vorausschätzungen der Bundesregierung soll in Zukunft von einer unabhängigen Einrichtung überprüft werden. Dieses Ziel verfolgt die Regierung mit dem von ihr eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Erstellung gesamtwirtschaftlicher Vorausschätzungen der Bundesregierung (18/11257). Der auch als Vorausschätzungsgesetz (EgVG) bezeichnete Entwurf betrifft die regelmäßig erstellten Jahresprojektionen sowie die Frühjahrs- und Herbstprojektionen. Diese Vorausschätzungen sind Grundlage der Haushalts- und Finanzplanung. Mit dem Gesetz soll das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermächtigt werden, in einer Rechtsverordnung die unabhängige Einrichtung zu benennen, falls erforderlich ihre Zusammensetzung zu regeln und Einzelheiten des Überprüfungsverfahrens festzulegen.

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6. Anzeigen gegen Reichsbürger

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Generalzolldirektion hat eine koordinierende Stelle eingerichtet, die sich mit Eingaben von sogenannten "Reichsbürgern" an die Generalzolldirektion befasst. Diese Stelle gebe auch den anderen Zollbehörden Unterstützung und berate im Umgang mit diesen Personen, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung (18/11158) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/11048). Wie es weiter heißt, gab es zwischen 2012 und 2014 nur drei Anzeigen gegen sogenannte "Reichsbürger". 2015 stieg die Zahl der Anzeigen auf 15 und 2016 auf 23. In den ersten fünf Wochen des Jahres 2017 wurden schon 19 Strafanzeigen gestellt. Vereinzelte Strafanzeigen habe es auch vom Bundesamt für Güterverkehr und von Behörden aus dem Bereich des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz gegeben.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 110 - 23. Februar 2017 - 00.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2017

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