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BUNDESTAG/6473: Heute im Bundestag Nr. 225 - 05.04.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 225
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 05. April 2017, Redaktionsschluss: 10.43 Uhr

1. Hilfe für Opfer der Colonia Dignidad
2. Rehabilitierung von DDR-Heimkindern
3. Privileg für Internationale Organisationen
4. Cannabispatienten dürfen Auto fahren
5. Passagiersteuerungs- und Kontrollverfahren
6. Übung von Polizei und Bundeswehr


1. Hilfe für Opfer der Colonia Dignidad

Recht und Verbraucherschutz/Antrag

Berlin: (hib/PST) Um die "Aufarbeitung der Verbrechen in der Colonia Dignidad und Hilfe für die Opfer" geht es in einem überfraktionellen Antrag (18/11805) von 92 Abgeordneten der Linken und Grünen sowie der SPD-Abgeordneten Ulli Nissen. Bei der Colonia Dignidad handelte es sich um das geschlossene Lager einer deutschen Sekte in Chile, in dem es jahrzehntelang zu schweren Menschenrechtsverletzungen gekommen war. Die Antragsteller wollen einen Bundestagsbeschluss herbeiführen, der sich zu einer deutschen Mitschuld an den dort begangenen Verbrechen bekennt und mehr deutsches Engagement bei der Aufarbeitung der Geschehnisse und der Hilfe für die Opfer fordert. "Pflichtverstöße, Versäumnisse und mangelnde Gewissenhaftigkeit von Verwaltungsbeamten und Diplomaten, Staatsanwälten und Richtern sowie die fehlende Entschlossenheit von deutschen und chilenischen Parlamentariern" hätten dazu beigetragen, heißt es in dem Antrag, dass in der Colonia Dignidad "Frauen und Männer, Kinder und Erwachsene, Chilenen und Deutsche gefoltert, ermordet, missbraucht, vergiftet, gequält und ausgebeutet wurden".

Die von der Bundesregierung bis 2013 geleisteten Hilfsmaßnahmen für die Bewohner der Colonia Dignidad seien "nicht immer ausreichend oder bedarfsgerecht" gewesen, schreiben die Antragsteller weiter, und hätten auch "nicht alle, die einen moralischen Anspruch auf Hilfe haben", erfasst. Sie fordern daher die "rückhaltlose Aufklärung der Geschehnisse" in Zusammenarbeit mit dem chilenischen Staat und die gemeinsame Errichtung und Unterhaltung einer Begegnungs- und Gedenkstätte auf dem Gelände. Die früheren Mitgliedern der Colonia Dignidad und die Angehörigen der Verschwundenen sollten bei der Aufarbeitung unterstützt werden, "Unterstützung bei der Klärung ihrer rechtlichen, sozialen und wirtschaftlichen Situation" bekommen und weitere Hilfen, darunter auch für die Rückkehr nach Deutschland, erhalten.

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2. Rehabilitierung von DDR-Heimkindern

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PST) Ehemalige DDR-Bürger, die als Kinder von politisch Verfolgten in ein Heim eingewiesen worden sind, sollen leichter als derzeit einen Anspruch auf Rehabilitierung und die damit verbundene Kapitalentschädigung und Opferrente erhalten. Das sieht ein Gesetzentwurf des Bundesrates (18/11745) "zur Änderung des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes - Verbesserung der Lage von Heimkindern" vor, den die Bundesregierung jetzt dem Bundestag zugeleitet hat. Wie die Länderkammer darin ausführt, ist es den Betroffenen derzeit selten möglich nachzuweisen, dass die politisch motivierte Inhaftierung der Eltern ursächlich für ihre Heimunterbringung war. Ein solcher Nachweis ist aber nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) erforderlich.

Der Bundesrat schlägt daher eine Beweislastumkehr vor. Künftig soll es im StrRehaG heißen: "Es wird widerlegbar vermutet, dass die Anordnung der Unterbringung in einem Heim für Kinder oder Jugendliche der politischen Verfolgung diente", wenn gleichzeitig rechtsstaatswidrige Entscheidungen gegen die Eltern vollstreckt wurden. Die Neuregelung soll auch in den Fällen zur Anwendung kommen, in denen Betroffene bereits einen ablehnenden Bescheid bekommen haben.

Die Bundesregierung schreibt in ihrer Stellungnahme: "Die Meinungsbildung innerhalb der Bundesregierung ist noch nicht abgeschlossen."

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3. Privileg für Internationale Organisationen

Recht und Verbraucherschutz/Unterrichtung

Berlin: (hib/PST) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, dafür Sorge zu tragen, dass in Abkommen und Protokollen mit inter- und supranationalen Organisationen steuerliche Vergünstigungen "auf den zwingend notwendigen Umfang beschränkt werden". Die Länderkammer schreibt dies in ihrer Stellungnahme zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11238), der die Zustimmung Deutschlands zu einem zwischenstaatlichen "Protokoll vom 29. Juni 2016 über die Vorrechte und Immunitäten des Einheitlichen Patentgerichts" regelt. Bei diesem vor der Gründung stehenden Gericht handelt es sich um eine "internationale Organisation mit Völkerrechtspersönlichkeit", wie in dem Gesetzentwurf erläutert wird. Das Protokoll regelt die sich daraus ergebenden, dem Gericht und seinen Mitarbeitern zukommenden "Vorrechte und Befreiungen".

In seiner Stellungnahme, welche die Bundesregierung jetzt in einer Unterrichtung (18/11746) dem Bundestag zugeleitet hat, begrüßt der Bundesrat einerseits "die Bemühungen der Bundesregierung zur Ansiedlung inter- und supranationaler Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland". Andererseits äußert er den Wunsch, dass in künftigen Abkommen und Protokollen "allen Bediensteten die Befreiung ihrer Gehälter und Bezüge von der inländischen Besteuerung nicht ohne Progressionsvorbehalt für die übrigen Einkünfte eingeräumt wird". Dies bedeutet, die "übrigen Einkünfte" sollten nicht so besteuert werden, als wären es die einzigen Einkünfte. Ein Verzicht auf den Progressionsvorbehalt sei insbesondere eine ungerechte "steuerliche Besserstellung von Richtern und Kanzlern gegenüber dem (niedriger bezahlten) Gerichtspersonal", schreibt der Bundesrat.

Die Bundesregierung erklärt dazu in ihrer Gegenäußerung, sie habe sich in den Verhandlungen über das Protokoll "für einen Progressionsvorbehalt eingesetzt", aber "bei der ganz überwiegenden Mehrheit der übrigen Vertragsstaaten keine Zustimmung" gefunden. Es sei ihr aber gelungen, das vom Bundesrat genannte Ziel "weitestgehend zu erreichen". So enthalte das Protokoll "einen Ausschluss der Pensionen und Renten von der Steuerbefreiung". Die Bundesregierung stimme dem Anliegen des Bundesrates zu und sei "weiterhin bestrebt, dem nachzukommen".

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4. Cannabispatienten dürfen Auto fahren

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Cannabispatienten dürfen nach Angaben der Bundesregierung am Straßenverkehr teilnehmen, sofern sie aufgrund der Medikation nicht in ihrer Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sind. Die Patienten müssten also in der Lage sein, das Fahrzeug sicher zu führen, heißt es in der Antwort (18/11701) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (18/11485) der Fraktion Die Linke.

Patienten drohe keine Sanktion gemäß dem Straßenverkehrsgesetz, "wenn Cannabis aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt". Eine Entziehung der Fahrerlaubnis sei jedoch bei missbräuchlicher Einnahme eines cannabishaltigen Medikaments möglich. Wie es in der Antwort weiter heißt, kann die Fahrtüchtigkeit auch in der Einstellungs- und Eingewöhnungsphase von cannabishaltigen Arzneimitteln beeinträchtigt sein.

Für die derzeit rund 1.000 Cannabispatienten gelte die Ausnahmeklausel des Straßenverkehrsgesetzes. Zweck der Regelung sei, dass "durch die Medikation die grundsätzliche Fahrtüchtigkeit erst wieder hergestellt wird". Die Wirkung der Substanz als Therapeutikum unterscheide sich deutlich von der bei missbräuchlichem Konsum. Drogenkonsumenten wollten sich berauschen, Patienten nähmen solche Substanzen, um einem Leiden entgegenzuwirken.

Die Patienten seien anders als Drogenkonsumenten auch sehr zuverlässig und verantwortlich und verhielten sich regelkonform. Gesetzlich nicht festgeschrieben sei, dass Patienten unter Dauermedikation einen Nachweis darüber mitführen müssten. Cannabispatienten werde jedoch empfohlen, beim Führen eines Fahrzeugs eine Ausfertigung des Betäubungsmittelrezeptes oder eine Bescheinigung des Arztes mitzunehmen.

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5. Passagiersteuerungs- und Kontrollverfahren

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Über ein vom Bundesinnenministerium und dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) im August 2013 initiiertes "Projekt zur Prozessoptimierung der Passagiersteuerungs- und Sicherheitskontrollverfahren" berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/11661) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/11395). Wie die Bundesregierung darin ausführt, soll dabei der gesamte Prozess "beginnend von der Flugbuchung bis zum Einsteigevorgang/Abflug umfassend betrachtet und nach Optimierungsmöglichkeiten gesucht werden". Ziel sei es, in enger Zusammenarbeit zwischen Luftsicherheitsbehörden, Fluggesellschaften und Flughafenbetreibern "einen Gesamtprozess der Passagierabfertigung (auch praktisch) zu erproben, welcher sodann unter Berücksichtigung der flughafen- und standortspezifischen Unterschiede als 'best practice'-Modell für künftige Entwicklungen auf europäischer und nationaler Ebene dienen kann".

Das Gesamtprojekt wurde den Angaben zufolge in drei Teilbereichen gebündelt, die an den Standorten Hamburg, Köln-Bonn und Berlin-Schönefeld durchgeführt werden beziehungsweise wurden. Wie aus der Antwort weiter hervorgeht, handelt es sich dabei am Flughafen Hamburg um "Planung und Steuerung der Fluggastströme mit Evaluierung der Auswirkungen auf die Kontrollstelle", am Flughafen Köln/Bonn um "Konzeption und Verwirklichung einer Kontrollstelle, welche wirtschaftliche Elemente, Sicherheit und Bequemlichkeit für die Passagiere optimieren soll", und am Flughafen Berlin-Schönefeld um die Vertragsgestaltung mit dem Sicherheitsunternehmer.

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6. Übung von Polizei und Bundeswehr

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Gemeinsame Terrorabwehr-Übung 'Getex' von Polizei und Bundeswehr" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/11759). Wie die Fraktion darin ausführt, führten vom 7. bis 9. März 2017 "die Polizeien mehrerer Bundesländer eine gemeinsame Übung mit der Bundeswehr durch, der simulierte Terroranschläge in mehreren Bundesländern zugrunde lagen". Wissen wollen die Abgeordneten von der Bundesregierung unter anderem, welche Anträge auf Unterstützung von den an der Übung beteiligten Behörden sowie Dritten an die Bundeswehr gestellt wurden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 225 - 5. April 2017 - 10.43 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. April 2017

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