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BUNDESTAG/6631: Heute im Bundestag Nr. 384 - 21.06.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 384
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 21. Juni 2017, Redaktionsschluss: 13.00 Uhr

1. Bundesnaturschutzgesetz vor Änderung
2. Ausschluss von Parteienfinanzierung
3. Eingeschränkte Abgabe von Wetterdaten
4. Müller: Wir laufen auf Augenhöhe mit


1. Bundesnaturschutzgesetz vor Änderung

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/SCR) Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat am Mittwochmorgen eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes auf den Weg gebracht. Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/11939) in geänderter Fassung stimmten Vertreter von CDU/CSU und SPD zu. Die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten gegen den Entwurf. Der Entwurf soll am Donnerstag abschließend im Plenum beraten werden.

Mit ihrem Änderungsantrag hat die Koalition einen wesentlichen Kritikpunkt der öffentlichen Anhörung aufgegriffen. Die im Paragraph 57 Absatz 2 Bundesnaturschutzgesetz eröffnete Möglichkeit, Meeresgebiete "zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft" zu erklären, erfordert weiterhin nur die "Beteiligung der fachlich betroffenen Bundesministerien". Laut Regierungsentwurf hätte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit künftig ein Einvernehmen mit diesen Mnisterien herstellen müssen.

Gestrichen wird mit dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen die im Regierungsentwurf vorgesehene Frist zur Errichtung des Biotopverbundes. Die geplante Regelung im Paragraph 21 Absatz 2 Bundesnaturschutzgesetz, nach der der Verbund bis zum 31. Dezember 2027 aufgebaut werden sollte, entfällt ersatzlos.

Ein Vertreter der CDU/CSU-Fraktion bezeichnete die Streichung der Einvernehmens-Regelung als "sachgerecht". Beim Meeresschutz habe der nationale Gesetzgeber ohnehin "keinen Spielraum". Es handle sich dabei um eine "Eins-zu-eins-Umsetzung" völkerrechtlicher Vorgaben. Kritik übte der Unions-Vertreter an dem von den "Koalitionsspitzen" gefundenen Kompromiss in Hinblick auf die Streichung der Biotopverbunds-Frist.

Ein Vertreter der SPD-Fraktion sah in dem Wegfall der Frist ebenfalls einen "Wermutstropfen". Insgesamt sei es aber ein "sehr guter Tag für den Naturschutz". So sei es gelungen, mit der Streichung der Einvernehmensregelung eine "erhebliche Verschlechterung" abzuwehren.

Eine Vertreterin der Fraktion Die Linke begrüßte die Streichung der Einvernehmensregelung, kritisierte den Entwurf im Übrigen aber scharf. Der Wegfall der Frist für den Biotopverbund werde sich "verdammt negativ" auswirken, sagte die Linken-Vertreterin.

Eine Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sprach von einem "Armutszeugnis". Sie sei zwar "dankbar", dass mit der Streichung der Einvernehmensregelung eine "Katastrophe" verhindert worden sei. Das als "Erfolg" zu bezeichnen, gehe aber zu weit, denn der Entwurf gehe an den "realen Problemen" vorbei. Die Grünen-Vertreterin verwies auf einen umfangreichen Änderungsantrag ihrer Fraktion, der unter anderem einen Ausbau der Einflussmöglichkeiten des Umweltministeriums auf land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bereiche beinhaltet.

Der Grünen-Änderungsantrag wurde wie auch ein Entschließungsantrag der Linken mit Koalitionsmehrheit abgelehnt.

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2. Ausschluss von Parteienfinanzierung

Inneres/Ausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat den Weg für einen Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der staatlichen Finanzierung und von steuerlichen Begünstigungen frei gemacht. Mit den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion sowie Teilen der Fraktion Die Linke verabschiedete das Gremium am Mittwochvormittag sowohl einen entsprechenden Gesetzentwurf der Koalition zur Änderung des Grundgesetzes (18/12357) als auch in modifizierter Fassung den Koalitionsentwurf "eines Gesetzes zum Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der Parteienfinanzierung" (18/12358). Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lehnte die zwei Gesetzentwürfe ab, während sich weitere Teile der Fraktion Die Linke jeweils enthielten. Beide Vorlagen stehen am Donnerstag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

Danach sollen Parteien, die "zielgerichtet die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland bekämpfen und damit der Beseitigung der Ordnung Vorschub leisten wollen, von der sie profitieren", nicht länger finanzielle Zuwendungen seitens des Staates erhalten. Im Falle des Ausschlusses sollen auch die steuerlichen Privilegien für die Parteien und für Zuwendungen an diese Parteien entfallen. Über den Ausschluss von der staatlichen Finanzierung entscheiden soll das Bundesverfassungsgericht.

In ihrer Vorlage zur Grundgesetzänderung verweist die Koalition darauf, dass das Verfassungsgericht mit seinem Urteil vom 17. Januar 2017 (Az. 2 BvB 1/13) den Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NPD zurückgewiesen und damit kein Parteiverbot ausgesprochen hat. Allerdings habe das Gericht festgestellt, "dass die Ziele der NPD und das Verhalten ihrer Anhänger gegen die Menschenwürde und den Kern des Demokratieprinzips verstoßen und dass sie Elemente der Wesensverwandtschaft mit dem historischen Nationalsozialismus aufweisen". Zudem sei die Programmatik der NPD auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet. Im Ergebnis sei die Partei "nur wegen ihres eigenen politischen Misserfolgs und der derzeit geringen politischen Einflussmöglichkeiten nicht verboten worden", heißt es in der Vorlage.

In dem Urteil habe das Gericht zugleich darauf hingewiesen, dass es dem verfassungsändernden Gesetzgeber freistehe, neben dem Parteiverbot weitere, abgestufte Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Parteien mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung zu schaffen. In diesem Sinne solle eine "gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Zielsetzung zukünftig alleinige Tatbestandsvoraussetzung für einen Ausschluss politischer Parteien von der staatlichen Parteienfinanzierung sein, ohne dass es auf die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs ankommen würde".

Mit dem zweiten Gesetzentwurf sollen die gesetzlichen Regelungen der angestrebten Verfassungsrechtslage angepasst werden. Er sieht dazu Änderungen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes und des Parteiengesetzes sowie des Einkommensteuergesetzes, der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, des Körperschaftsteuergesetzes, des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes sowie des Umsatzsteuergesetzes vor.

Zu dieser Vorlage nahm der Ausschuss gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen einen Änderungsantrag der Koalition an, mit dem der zunächst vorgesehene Mechanismus zur Dauer des Ausschlusses von der staatlichen Finanzierung umgekehrt werden soll. Hatte der ursprüngliche Entwurf einen unbefristeten Ausschluss vorgesehen, der auf Antrag der betroffenen Partei alle vier Jahre hätte überprüft werden können, soll der Ausschluss nunmehr grundsätzlich auf sechs Jahre befristet sein, aber auf Antrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung verlängert werden können. Dabei soll das Bundesverfassungsgericht über den Verlängerungsantrag in geeigneten Fällen ohne mündliche Verhandlung entscheiden können. Zudem soll sich die Feststellung auf Ausschluss von der staatlichen Finanzierung auch auf Ersatzparteien erstrecken.

Die CDU/CSU-Fraktion betonte, der Änderungsantrag führe zu einer Optimierung des ursprünglichen Koalitionsentwurfs. Zugleich hob sie hervor, dass es bei der Neuregelung nicht um eine "lex specialis für die NPD" gehe. Vielmehr solle es nicht mehr dazu kommen, dass Parteien mit verfassungsfeindlichen Zielen subventioniert würden.

Die SPD-Fraktion machte deutlich, dass mit dem Änderungsantrag Anregungen aus einer Sachverständigen-Anhörung zu den Vorlagen aufgenommen worden seien. Es sei eine richtige Maßnahme, im Falle der NPD dieser Partei Zahlungen aus Steuermitteln in Höhe von zirka 1,5 Millionen Euro an Steuermitteln zu entziehen.

Die Fraktion Die Linke erläuterte das unterschiedliche Abstimmungsverhalten in ihren Reihen. Sie verwies auf Zeiten, in denen sie "verfassungswidrigerweise" selbst überwacht worden sei. Zugleich betonte sie, dass das Grundgesetz nicht zur Aufgabe mache, neofaschistische Parteien zu finanzieren.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sah in der geplanten Neuregelung eine Verletzung der Chancengleichheit von zur Wahl zugelassenen Parteien und monierte, eigentlich habe man es mit einer "lex NPD" zu tun. Die NPD müsse man aber an der Wahlurne besiegen. Die Gesetzesänderungen seien kontraproduktiv.

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3. Eingeschränkte Abgabe von Wetterdaten

Verkehr und digitale Infrastruktur/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Deutsche Wetterdienst (DWD) soll meteorologische Daten und Leistungen entgeltfrei abgeben dürfen. Unions- und SPD-Fraktion stimmten am Mittwoch im Verkehrsausschuss bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen dem dazu von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (18/11533) in der durch einen Antrag der Koalitionsfraktionen geänderten Fassung zu. Zukünftig sollen Leistungen des DWD zur Unterstützung von Bund, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden für die öffentliche Verbreitung über moderne Kommunikationsmittel sowie die Bereitstellung von Geodaten über Geodatendienste im Rahmen der nationalen Geodateninfrastruktur entgeltfrei sein.

Die von Union und SPD initiierten Änderungen im Regierungsentwurf sehen Einschränkungen bei der entgeltfreien Bereitstellung von Dienstleitungen des DWD an die Allgemeinheit vor. Beschränkt wird diese auf die Herausgabe amtlicher Warnungen über Wettererscheinungen, "die zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung führen können" sowie auf die "Überwachung der Atmosphäre auf radioaktive Spurenstoffe und die Vorhersage deren Verfrachtung". Ursprünglich sollten weit mehr Leistungen des DWD entgeltfrei zur Verfügung gestellt werden.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßte die Änderung. Es sei gut, dass nun klar benannt sei, welche Leistungen an den Markt gebracht werden dürfen, sagte ein Fraktionsvertreter während der Sitzung. Alles andere hätte seiner Aussage nach zu einem Eingriff in einen funktionierenden Markt der Wetterdienstleistungen geführt. Zugleich lobte er den "Open-Data Ansatz" des Gesetzentwurfes. Bei der Öffnung der Datenbankbestände und deren Weitergabe gebe es aber nach wie vor zu viele Kann-Regelungen, kritisierte er. Es fehle an offenen Programmierschnittstellen, um die Daten in Echtzeit nutzbar machen zu können.

Mit den Änderungsanträgen werden sichergestellt, dass der DWD nicht als Konkurrent auf dem Markt auftritt, hieß es von der Unionsfraktion. Damit sei Bedenken der privaten Wetterdienstleistungsanbieter entgegengetreten worden, die mit dem Gesetz einen Eingriff in den Markt verbunden gesehen hätten, sagte der Vertreter der CDU/CSU-Fraktion.

Kritik an den Änderungen durch die Koalitionsfraktionen gab es von der Linksfraktion. Die Anträge von Union und SPD würden dem eigentlichen Ansinnen des Gesetzentwurfes entgegenlaufen, sagte der Fraktionsvertreter. In der jetzigen Fassung habe das Gesetz längst nicht die Bedeutung, wie noch in der Regierungsvorlage und sei daher für die Linksfraktion nicht zustimmungsfähig. Es sei bedauerlich, dass der bei einer Expertenanhörung deutlich gewordenen singulären Position der Wetterdienstleistungsanbieter gefolgt worden sei.

Ein Vertreter der SPD-Fraktion sagte, durch die Änderungen habe man einen gangbaren Weg gefunden, was auch der DWD und die privaten Anbieter bestätigt hätten. Seine Fraktion sei zufrieden mit dem, was nun vorliegt. Hauptanliegen der SPD sei es gewesen, dass die Warnwetter App des DWD in ihrer jetzigen Form "nicht angetastet wird".

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4. Müller: Wir laufen auf Augenhöhe mit

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat am Mittwochmorgen im Entwicklungsausschuss mehr Kohärenz in der deutschen Entwicklungspolitik gefordert. Der Bereich sei ein Querschnittsthema, das alle Ministerien betreffe. Hierfür müssten in naher Zukunft die richtigen Strukturen geschaffen werden, betonte er bei seinem letzten Besuch in der ablaufenden Wahlperiode. "Die Strukturen von heute bilden nicht unbedingt die Erfordernisse von morgen ab", urteilte er und verwies darauf, dass er anders als seine Vorgänger im Amt auch andere Fachausschüsse des Bundestages besucht habe. "Die Botschaft muss in anderen Ressorts ankommen: Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) läuft auf Augenhöhe mit."

Insgesamt zog Müller eine positive Bilanz seiner Arbeit in den vergangenen vier Jahren. Es sei - vor allem im Zuge der Flüchtlingskrise - gelungen, die Wichtigkeit von Entwicklungspolitik stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und das Ressort aus der Nische zu holen. Mit neuen Initiativen für Afrika, den drei Sonderinitiativen des Ministeriums und dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte habe das BMZ neue wichtige Schwerpunkte gesetzt.

Das Ressort brauche aber auch mehr Mittel, betonte Müller. Zwar sei der BMZ-Etat im vergangenen Jahr um 35 Prozent angestiegen und damit das Ziel, 0,7 Prozent der Bruttonationaleinkommens für Entwicklung auszugeben, erreicht worden. Jedoch seien in diese Rechnung die Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland einbezogen worden. "Ziel sollte es aber sein, das 0,7-Prozent-Ziel auch ohne Flüchtlingskosten zu erreichen", stellte der Ressortchef klar.

Mehr Kohärenz ist auch in den Augen der Fraktionen notwendig. So betonte eine Vertreterin der Union, dass die Ministerien Zuständigkeiten klarer abstecken müssten, auch um die Zusammenarbeit mit den Partnerländern effizienter zu machen. Aus der SPD hieß es, es gebe zu viele Häuptlinge, aber zu wenige Indianer, weshalb auch die Expertise zu einzelnen Themen in den Ministerien zu wenig genutzt werde. Ein Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen äußerte den Eindruck, dass die Inkohärenz derzeit sogar noch zunehme und das BMZ dadurch an Bedeutung verliere.

Linke und Grüne kritisierten darüber hinaus erneut die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der Europäischen Union mit Afrika; auch aus den Reihen der SPD-Fraktion gab es dazu kritische Stimmen. Außerdem bekräftigten die Oppositionsfraktionen ihre Forderung, endlich klare Regeln für die Verantwortung global agierender Konzerne aufzustellen. Ein SPD-Vertreter riet Müller, die Mittel hauptsächlich in die am wenigsten entwickelten Länder (LCD-Staaten) fließen zu lassen, anstatt in die mehr entwickelten Ländern (MDCs), wie es gegenwärtig der Fall sei.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 384 - 21. Juni 2017 - 13.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2017

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