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BUNDESTAG/7233: Heute im Bundestag Nr. 383 - 07.06.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 383
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 7. Juni 2018, Redaktionsschluss: 10.07 Uhr

1. Entwicklung von Quantencomputern
2. FDP gegen EU-Einlagensicherung
3. BFD-Programm für Flüchtlinge endet


1. Entwicklung von Quantencomputern

Ausschuss Digitale Agenda/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Über den derzeitigen Stand bei der Entwicklung von Quantencomputern hat der Ausschuss Digitale Agenda am Mittwochnachmittag mit sieben geladenen Experten diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass derzeit noch nicht absehbar ist, wann es den ersten leistungsfähigen Quantencomputer geben wird, der statt mit Bits mit sogenannten Qubits arbeitet, die sich nicht nur in einem Zustand - Null oder Eins - befinden können, sondern in beiden gleichzeitig, und daher deutlich komplexere Rechnungen vornehmen können als klassische Computer. Neben großen Möglichkeiten etwa bei der Entwicklung von neuen Stoffen und Chemikalien seien aber auch Gefahren - etwa für die IT-Sicherheit - mit dem Quantencomputer verbunden, hieß es von den Experten.

Stephan Ritter vom Unternehmen Toptica Photonics sagte, die Herausforderung bestehe unter anderem darin, Atome und Ionen, die lange Zeit noch nicht einmal beobachtet werden konnten, vollständig unter Kontrolle zu bekommen, um sie als Qubits einsetzen zu können. "Einfach ausgedrückt besteht der Vorteil des Quantencomputers gegenüber dem klassischen Computer darin, dass er nicht kapituliert, wenn das zu berechnende System groß wird", sagte Ritter. Die möglichen Anwendungsgebiete reichten von der Entwicklung neuer Medikamente und neuer Materialien bis hin zur Steuerung des Verkehrsflusses und in den Bereich des autonomen Fahrens.

Man sei derzeit in einem Stadium, "das der klassischen Computerei der 1950er Jahre ähnelt", sagte Frank Wilhelm-Mauch von der Universität des Saarlandes. Auf der experimentellen Seite gebe es eine Reihe von Hardwareplattformen. Im Augenblick seien Quantenprozessoren mit bis zu 20 Qubits - die einem Megabyte eines klassischen Computers entsprächen - über die Cloud zugänglich. Ab etwa 50 Qubits könne der Quantenvorteil erreicht werden, also der Punkt, an dem dieser Quantencomputer nicht mehr durch die größten klassischen Supercomputer simuliert werden kann, sagte Wilhelm-Mauch.

Auf die Gefährdung der IT-Sicherheit durch Quantencomputer wies Marian Margraf von der Freien Universität Berlin hin. Nahezu alle der heutzutage zur Verschlüsselung eingesetzten kryptographischen Verfahren könnten seiner Aussage nach durch Quantencomputer ausgehebelt werden. Auch wenn heute noch niemand sagen könne, wann es Quantencomputer geben wird, müsse schon jetzt damit begonnen werden, "entsprechende andere Algorithmen zu entwickeln". Margraf forderte, in die Erforschung der sogenannten quantencomputerresistenten Kryptoverfahren viel mehr Finanzmittel zu investieren.

Quantencomputer stellten die größte Revolution auf dem Gebiet der Informationsverarbeitung dar, "seitdem wir damit angefangen haben, Steinchen zu zählen", sagte Hendrik Bluhm von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Bei der Forschung in diesem Bereich ist aus seiner Sicht in Deutschland und Europa eine sehr hohe Kompetenz vorhanden. Die Technologieentwicklung stehe aber hinter der in den USA zurück. Dennoch seien inzwischen durch verschiedene Programme auf EU-Ebene aber auch in Deutschland "die Weichen gestellt, dies zu ändern", sagte er.

Johannes Buchmann von der Technischen Universität Darmstadt ging auch auf das Thema IT-Sicherheit ein und sagte, die Quantenkryptographie könne einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Systeme zu entwickeln, die sehr langfristig sicher seien. Entsprechende Experimente gebe es schon, betonte er.

Anders als Quantencomputing sei Quantenkommunikation jetzt schon möglich, sagte Stephanie Wehner von der Universität Delft in Holland. Bis 2020 wolle man in Delft ein Netzwerk bauen, das kleine Quantencomputer in verschiedenen Städten miteinander verbindet.

Winfried Hensinger von der Universität of Sussex in Großbritannien verwies auf einen gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern verschiedener Universitäten verfassten Bauplan, wonach es möglich sei, "einen großen leistungsfähigen Quantencomputer mit Millionen oder Milliarden von Qubits zu bauen". Benötigt würden dafür aber "ingenieurwissenschaftliche Meisterleistungen" und die Unterstützung durch die Politik, sagte Hensinger.

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2. FDP gegen EU-Einlagensicherung

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die FDP-Fraktion lehnt die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Einlagensicherung ab, da diese für eine stabile und erfolgreiche europäische Währungsunion "weder notwendig noch zielführend" sei. In einem Antrag (19/2525) zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf die Schaffung eines endgültigen europäischen Einlagensicherungssystems (KOM(2015) 586 endg.; Ratsdok. 14649/15, heißt es, es fehle eine Rechtsgrundlage für ein europäisches Einlagensicherungssystem. Die bloße Verlagerung von Risiken von der nationalen auf die europäische Ebene könne außerdem kein sinnvolles Ziel sein. "Eine europäische Einlagensicherung würde das Vertrauen der Sparer in die Sicherheit ihrer Einlagen nicht erhöhen, sondern senken, weil die bislang eigenkapitalstarken Banken nunmehr für viele instabile Institute haften müssten", schreibt die FDP-Fraktion.

Der Deutsche Bundestag soll die Regierung auffordern, keiner Vergemeinschaftung von Haftungsrisiken für Bankeinlagen zuzustimmen: "Das gilt auch dann, wenn die Vergemeinschaftung durch gewisse Formen des Entgegenkommens scheinbar abgemildert wird, etwa durch sukzessives Vorgehen, längere Übergangsfristen, die Ausklammerung bestimmter Institute oder das Inaussichtstellen weiterer risikoreduzierender Maßnahmen." Solche Maßnahmen würden an den langfristigen Risiken und Gefahren einer Vergemeinschaftung nichts ändern. "Wir fordern die Bundesregierung auf, gerade auch die langfristigen Interessen der deutschen Bankkunden im Blick zu haben und diese Linie bereits bei der Sitzung des Europäischen Rates am 28./29. Juni 2018 gegenüber den anderen Mitgliedstaaten klar zum Ausdruck zu bringen", fordert die Fraktion. Außerdem wird die Regierung aufgefordert, jeden Vorschlag einer verpflichtenden europäischen Einlagenmitversicherung, -rückversicherung oder -vollversicherung abzulehnen, bei der deutsche Kreditinstitute für die Einlagen anderer Institute haften müssen. Ein solches Zwangssystem würde "starke Anreize setzen, Staatsschulden und notleidende Kredite auf die Einlagengläubiger anderer Mitgliedstaaten abzuwälzen".

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3. BFD-Programm für Flüchtlinge endet

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antwort

Berlin: (hib/AW) Das Sonderprogramm Bundesfreiwilligendienst (BFD) mit Flüchtlingsbezug wird Ende 2018 nicht verlängert. Dies teilt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/2341) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/1963) mit. Im Rahmen des Sonderprogramms, das 2015 aufgelegt und bis zum 31. Dezember 2018 befristet wurde, waren jährlich 10.000 zusätzliche Stelle im Bundesfreiwilligendienst geschaffen worden für Tätigkeiten im Bereich der Flüchtlingshilfe. Nach Angaben der Regierung ist dieses Kontingent jedoch nie ausgeschöpft worden. So traten seit Beginn des Programms am 1. Dezember 2015 bis zum 4. Mai 2018 lediglich 11.040 Freiwillige ihren Dienst im Rahmen des Programms an. Bei der Festlegung auf 10.000 Plätze jährlich seien die hohen Zuwanderungsraten sowie das enorme Engagement in der Bevölkerung für Flüchtlinge ausschlaggebend gewesen, schreibt die Regierung in ihrer Antwort. Doch bereits bei Aufbau des Programms gingen die Zuwanderung von Flüchtlingen bereits wieder zurück.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 383 - 7. Juni 2018 - 10.07 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juni 2018

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