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BUNDESTAG/9387: Heute im Bundestag Nr. 077 - 15.01.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 77
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 15. Januar 2020, Redaktionsschluss: 16.01 Uhr

1. Lob für Regulierungsvorschlag
2. Warnung vor Überforderung von Firmen
3. Mehr Repräsentanz von Frauen angestrebt
4. Erhöhung des Frauenanteils im Bundestag
5. Grundrecht auf Wohnen


1. Lob für Regulierungsvorschlag

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Ein neues Vorhaben der Bundesregierung zur Regulierung der Finanzmärkte ist in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch auf breite Zustimmung gestoßen. So unterstützte die Deutsche Bundesbank das Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Einführung von Sondervorschriften für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien und zur Anpassung des Wertpapierhandelsgesetzes an die Unterrichtungs- und Nachweispflichten nach den Artikeln 4a und 10 der Verordnung (EU) Nummer 848/2012 (19/15665), einen gesetzlichen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien zu schaffen. Zentrale Gegenparteien (Central Counterparty - CCP) seien maßgebliche Akteure im Finanzsystem, deren Bedeutung nach der Finanzkrise durch die Einführung einer zentralen Clearingpflicht für eine Vielzahl von Finanzgeschäften zugenommen habe, erklärte die Bundesbank in ihrer Stellungnahme. Sie wies darauf hin, dass durch die Einschaltung zentraler Gegenparteien und die Besicherung ihrer Forderungen gewährleistet werden soll, dass Finanzgeschäfte auch im Fall des Ausfalls einer der Vertragsparteien erfüllt würden.

Der Gesetzentwurf sieht unter anderem die Einrichtung eines Ausfallfonds vor. Daneben soll jede zentrale Gegenpartei ausreichend vorfinanzierte Eigenmittel bereithalten. Ziel müsse es sein, Maßnahmen festzulegen, die die Finanzstabilität bewahren und gleichzeitig die Kosten eines Ausfalls einer CCP für die Steuerzahler minimieren würden. Aufsichts- und Abwicklungsbehörden müssten mit Befugnissen ausgestattet sein, die sie in die Lage versetzen würden, auf eine mögliche Abwicklung einer CCP und auf den koordinierten Umgang mit einer in Schieflage geratenen CCP reagieren zu können, schreibt die Bundesregierung in dem Gesetzentwurf.

Mit dem Gesetz werde der Zeitraum bis zum Inkrafttreten einer unionsrechtlichen Verordnung für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien überbrückt, erklärte die Bundesbank. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) begrüßte den Entwurf, die Deutsche Börse beurteilte ihn als positiv und die Deutsche Kreditwirtschaft als konsequent und sachgerecht.

Thomas Theobald vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der Hans-Böckler-Stiftung begrüßte, dass die Bundesregierung proaktiv handle und nicht auf die Verabschiedung eines entsprechenden EU-Verordnungsentwurfs für die Sanierung und Abwicklung von CCPs durch den Europäischen Rat warte. CCPs würden aufgrund der regulatorischen Neuausrichtung des Finanzsystems als systemrelevante Knotenpunkte fungieren, von denen systemische Risiken aufgrund ihrer Verflechtung mit einer Vielzahl von Marktteilnehmern ausgehen könnten. Der Verband der Energiehändler mahnte die europäische Vorschrift an, denn eine Krise werde nicht vor Staatsgrenzen haltmachen.

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2. Warnung vor Überforderung von Firmen

Gesundheit/Anhörung

Berlin: (hib/PK) Gesundheits- und Wirtschaftsexperten sind mit der geplanten Anpassung des Medizinprodukterechts an EU-Vorgaben im Grundsatz einverstanden, warnen jedoch vor ausufernder Bürokratie und einer Überforderung hiesiger Firmen. Die Sachverständigen äußerten sich am Mittwoch in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestags sowie in schriftlichen Stellungnahmen.

Das sogenannte Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (19/15620) dient der technischen Anpassung an EU-Verordnungen. Ziel der Reform ist nach Angaben der Bundesregierung die Gewährleistung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarktes für Medizinprodukte sowie hohe Standards für die Qualität und Sicherheit von Medizinprodukten.

Mit der Novelle sollen zugleich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) auf Grundlage eigener Risikobewertung ermächtigt werden. Die Institute können alle erforderlichen Initiativen ergreifen, um Risiken, die durch ein Medizinprodukt entstehen könnten, auszuschließen. Sie können ein Produkt auf dem deutschen Markt untersagen, das Produkt zurückrufen oder vom Markt nehmen. Bislang fällt das in die Verantwortung der Länderbehörden.

Die Bundesärztekammer (BÄK) erklärte, die EU-Verordnungen brächten einen Zuwachs an Dokumentations-, Melde- und Anzeigepflichten. Die Umsetzung in nationales Recht sollte so gestaltet werden, dass die zusätzlichen Bürokratielasten, aber auch zusätzliche ärztliche Haftungsrisiken im Umgang mit Medizinprodukten begrenzt blieben.

Das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) äußerte sich besorgt darüber, dass die Kapazitäten der Benannten Stellen zur Zulassung von Medizinprodukten den Erfordernissen der erweiterten Prüfungen nach dem Inkrafttreten der EU-Medizinprodukteverordnung nicht entsprechen könnten.

Sehr positiv ist nach Einschätzung des AOK-Bundesverbandes die neue Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. Die Kompetenz des BfArM werde deutlich erweitert.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) warnten vor einer möglichen Überforderung der Firmen in dieser Branche. Der ZDH forderte eine mittelstandsfreundliche Umsetzung des Medizinprodukterechts angesichts möglicher Herausforderungen wie Mehrkosten, Personalaufwand oder Schulungsbedarf.

Der auf Medizinrecht spezialisierte Rechtsanwalt Jörg Heynemann erwähnte in der Anhörung die vielen Haftungsfälle, die auf fehlerhafte Medizinprodukte zurückzuführen seien. An der kritischen Lage habe sich in den vergangenen Jahren nichts geändert. Als Grund führte er gravierende Mängel bei der Zulassung und Überwachung von Medizinprodukten an. Zudem gebe es Lücken bei der Meldepflicht. Es bleibe abzuwarten, ob sich die Lage mit der Gesetzesreform bessere.

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3. Mehr Repräsentanz von Frauen angestrebt

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Der Bundestag soll nach dem Willen der FDP-Fraktion eine "Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen für mehr Repräsentanz von Frauen im Parlament" einsetzen. Dies geht aus einem Antrag der Fraktion (19/16486) hervor, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Darin führen die Abgeordneten aus, das "eine gleichberechtigte politische Teilhabe und Repräsentanz von Frauen" auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts nicht erreicht sei. Frauen machten die Hälfte der Bevölkerung aus, doch liege ihr Anteil im derzeitigen Bundestag nur bei knapp 31 Prozent und sei im Vergleich zur vorhergehenden Legislaturperiode um mehr als fünf Prozentpunkte gesunken. Ziel aller politischen Kräfte müsse es sein, "Lösungsansätze zu entwickeln, wie es gelingen kann, zukünftig mehr Frauen im demokratischen Prozess als Entscheidungsträgerinnen auf höchster politischer Ebene zu gewinnen".

Die Kommission, die der Bundestag laut Antrag "im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel" einsetzen soll, soll nach dem Willen der Fraktion Vorschläge für eine bessere politische Teilhabe und stärkere Repräsentanz von Frauen im Bundestag erarbeiten und prüfen. Insbesondere soll sie der Vorlage zufolge eine Studie in Auftrag geben "zur Analyse von Barrieren im Vorfeld von Kandidaturen und im parlamentarischen Alltag sowohl in Deutschland als auch im europäischen Vergleich", Ferner soll sie laut Fraktion unter anderem "Vorschläge für Maßnahmen für die vorgelagerte Phase von Kandidaturen in Wahl kreisen, vor allem bei der Aufstellung der Wahllisten, jenseits des von uns abgelehnten und verfassungswidrigen Ansatzes eines Paritätsgesetzes" entwickeln und rechtlich prüfen.

Den Abgeordneten zufolge soll sich die Kommission im ersten Quartal 2020 konstituieren und innerhalb eines Jahres dem Bundestag ihre Ergebnisse vorlegen. Angehören sollen ihr laut Vorlage neun Mitglieder des Bundestages und neun Sachverständige aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Dabei soll die CDU/CSU-Fraktion drei Mitglieder benennen, die SPD-Fraktion zwei Mitglieder und die Fraktionen von AfD, FDP, Linken und Grünen je ein Mitglied. Die Sachverständigen sollen im Einvernehmen der Fraktionen benannt werden oder gegebenenfalls nach dem aufgeführten Schlüssel. Für jedes Mitglied des Bundestages soll zudem ein stellvertretendes Mitglied benannt werden können.

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4. Erhöhung des Frauenanteils im Bundestag

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Mitglieder der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen dringen auf Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils im Bundestag. Dies geht aus einem gemeinsamen Antrag von 44 Linken- und Grünen-Abgeordneten (19/16485) hervor, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Danach soll der Bundestag eine Kommission einsetzen zur Erarbeitung von Vorschlägen für gesetzliche Regelungen und weitere Maßnahmen mit dem Ziel, eine gleiche Anzahl von Frauen und Männern im Parlament anzustreben.

100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts seien Frauen "in keinem deutschen Parlament gleichberechtigt vertreten", heißt es in der Begründung des Antrags. Dabei verpflichte die Ergänzung des Grundgesetz-Artikels 3 durch Absatz 2 vor 25 Jahren den Staat "zu Maßnahmen zur Herstellung von Gleichberechtigung". Frauen machten mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus, was sich "selbstverständlich auch in den Parlamenten abbilden" sollte.

Im derzeitigen Bundestag liege der Frauenanteil jedoch nur bei 31 Prozent nach 36,5 Prozent in der vorangegangenen Legislaturperiode, führen die Abgeordneten in der Vorlage ferner aus. Diese Entwicklung zeige, dass der Anteil von Frauen im Bundestag ohne ein Gegensteuern "nicht nur auf einem ohnehin geringen Prozentsatz verbleibt, sondern darüber hinaus sogar noch weiter sinkt".

Die Kommission soll sich dem Antrag zufolge neben der "Erarbeitung und rechtlichen Prüfung von Vorschlägen für gesetzliche Regelungen und Maßnahmen für Listen und Wahlkreise" unter anderem auch mit "rechtlichen Möglichkeiten im Rahmen der staatlichen Parteienfinanzierung" befassen sowie mit der "Verbesserung der Rahmenbedingungen im Vorfeld von Kandidaturen und im parlamentarischen Alltag". Nach dem Willen der Antragsteller soll sich das Gremium "zu Beginn des Jahres 2020" konstituieren und innerhalb eines Jahres dem Bundestag seine Ergebnisse vorlegen.

Angehören sollen der Kommission laut Vorlage neun Mitglieder des Bundestages und neun Sachverständige aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Dabei soll die CDU/CSU-Fraktion drei Mitglieder benennen, die SPD-Fraktion zwei Mitglieder und die Fraktionen von AfD, FDP, Linken und Grünen je ein Mitglied. Die Sachverständigen sollen im Einvernehmen der Fraktionen benannt werden oder gegebenenfalls nach dem aufgeführten Schlüssel. Für jedes Mitglied des Bundestages soll zudem ein stellvertretendes Mitglied benannt werden können.

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5. Grundrecht auf Wohnen

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/MWO) Das Grundrecht auf Wohnen soll nach dem Willen der Partei Die Linke in das Grundgesetz aufgenommen werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die Fraktion vorgelegt (19/16479). Er sieht die Schaffung eines Artikel 14a im Grundgesetz vor, der ein subjektives und einklagbares Recht auf angemessenen bezahlbaren Wohnraum beinhaltet. Der Staat soll verfassungsrechtlich zu weitergehenden Maßnahmen und Instrumenten zur Lösung des sozialen Wohnraumproblems ermächtigt werden. Zur Verwirklichung des Rechts auf Wohnen sollen weitergehende Eingriffe - als bisher bereits möglich - in den Wohnmarkt gerechtfertigt sein. Wie es weiter in dem Entwurf heißt, soll

das Recht auf Wohnen insbesondere auch der Verdrängung Einhalt gebieten. Dies solle der Absatz 2 gewährleisten, nach dem Zwangsräumungen weitestgehend eingeschränkt werden sollen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 77 - 15. Januar 2020 - 16.01 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Januar 2020

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