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BUNDESTAG/9494: Heute im Bundestag Nr. 185 - 13.02.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 185
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 13. Februar 2020, Redaktionsschluss: 14.30 Uhr

1. Europarechtliche Unmöglichkeit
2. Faire Partnerschaft mit Großbritannien
3. Verwertung hochradioaktiver Reststoffe
4. Änderung bei Hinzurechnung in Arbeit


1. Europarechtliche Unmöglichkeit

2. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/CHB) Der ehemalige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat den Koalitionsvertrag von 2013 als "Hypothek" und "Crux" für die PKW-Maut bezeichnet. Damals hätten die Parteivorsitzenden eine Formulierung in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt, der der europarechtlichen Problematik nicht gerecht geworden sei, sagte Ramsauer bei der öffentlichen Zeugenvernehmung des 2. Untersuchungssausschusses ("PKW-Maut") am heutigen Donnerstag.

Ramsauer bezog sich damit auf den Passus im damaligen Koalitionsvertrag von Union und SPD, wonach eine Infrastrukturabgabe für Personenkraftwagen eingeführt werden solle "mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute". Ramsauer hätte hingegen die Formulierung für richtig gehalten, wonach inländische Fahrzeughalter insgesamt nicht stärker hätten belastet werden dürfen.

Seine Einschätzung begründete Ramsauer, der von 2009 bis 2013 Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung war, mit einem Gespräch, das er am 6. November 2013 mit dem damaligen EU-Verkehrskommissar Siim Kallas führte. Damals habe man sich auf ein Grundsatzpapier für eine Vignettenpflicht in Deutschland geeinigt. Zentral waren demnach zwei Sätze: "Wir nehmen eine allgemeine Absenkung der KfZ-Steuer vor." Und: "Wir werden sicherstellen, dass diese Vorschläge europarechtskonform sind."

Dabei dürfe es "no linkage between tax and toll" (keine Verbindung zwischen KfZ-Steuer und Maut) geben, lautete damals die Festlegung in Brüssel. Außerdem müsse es "winners and losers" (Gewinner und Verlierer) bei den inländischen Fahrzeughaltern geben. Denkbar wäre laut Ramsauer zum Beispiel eine Differenzierung nach Kohlendioxidausstoß oder Wagengewicht gewesen, sodass manche Fahrzeughalter komplett entlastet worden wären, andere nur teilweise. Lediglich im Gesamtvolumen hätten sich die Einnahmen aus der Maut und die Ermäßigungen bei der Kfz-Steuer ausgeglichen.

Insofern sei er vom Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das die PKW-Maut 2019 für europarechtswidrig erklärte, nicht überrascht gewesen, erklärte der ehemalige Minister. "Es tut mir weh, dass ich recht behalten habe mit meiner Einschätzung."

Auch zu den politischen Hintergründen äußerte sich Ramsauer in der vom Vorsitzenden Udo Schiefner (SPD) geleiteten Sitzung. Die Parteivorsitzenden hätten im Laufe der Koalitionsverhandlungen ungefähr Mitte November 2013 beschlossen, die strittige Maut-Frage aus der zuständigen Arbeitsgruppe herauszulösen und am Ende selbst zu verhandeln. "Merkel und Seehofer" - also die damaligen Vorsitzenden von CDU und CSU - "haben sehenden Auges diese europarechtliche Unmöglichkeit in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt", sagte Ramsauer. Angela Merkel und auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hätten dies bewusst getan, weil sie gar keine PKW-Maut gewollt hätten. Horst Seehofer hingegen habe der Formulierung zugestimmt, obwohl Ramsauer ihn damals nach eigenen Worten darauf hinwies: "Horst, so geht das wahrscheinlich nicht." Später habe Seehofer ihm gegenüber erklärt, eine andere Lösung wäre ein Bruch des Wahlversprechens gewesen. "Seehofer wird gedacht haben: Irgendwie wird es schon gehen auf Biegen und Brechen", mutmaßte Ramsauer.

Ausdrücklich in Schutz nahm Ramsauer seine Nachfolger an der Spitze des Verkehrsministeriums, Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer. "Meine Amtsnachfolger mussten mit dieser Crux leben", sagte der CSU-Politiker. "Sie mussten die Suppe auslöffeln." Sie hätten sich keiner Unterlassung schuldig gemacht und nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. "Andreas Scheuer blieb gar nichts anderes übrig, als die Dinge zu vollziehen", betonte Ramsauer weiter. In Übrigen habe er vor Unterzeichnung der Betreiberverträge Ende 2018 "nie detaillierte Gespräche mit Ministeriumsvertretern oder dem Minister darüber geführt".

Auf die Frage, ob seine Position zur PKW-Maut dazu beigetragen habe, dass er nach der Bundestagswahl von 2013 nicht erneut zum Minister ernannt wurde, sagte Ramsauer: "Die Frage müssen Sie dem Kollegen Seehofer stellen." Für ihn selbst habe gegolten: "Ich bin es meiner Verantwortung schuldig, eine Formulierung zu finden, die risikolos oder risikoarm ist." Und: "Ich würde heute in einer analogen Situation wieder genau gleich handeln."

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2. Faire Partnerschaft mit Großbritannien

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Für eine faire und enge Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich nach dem Austritt aus der Gemeinschaft setzen sich die Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen in einem gemeinsamen Antrag (19/17122) ein. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, bei den Beratungen im EU-Rat über das Verhandlungsmandat zu den künftigen Beziehungen darauf hinzuwirken, dass die Handelsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich auch in Zukunft so eng und reibungslos wie möglich ausgestaltet werden, wobei die Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen als Grundlage zu verankern sei. Gefordert wird außerdem, Wettbewerbsvorteile für das Vereinigte Königreich zu vermeiden und bestehende Standards nicht abzusenken. Außerdem müsse die EU die Kontrolle über ihren Binnenmarkt und ihre Autonomie in der Beschlussfassung sowie in der Auslegung des Unionsrechts behalten. Im Bereich der Außen- und Verteidigungspolitik soll eine sehr enge Partnerschaft der EU-Institutionen und der EU-Mitgliedstaaten mit dem Vereinigten Königreich angestrebt werden. Die Fraktionen erwarten, dass "der Zusammenhalt der EU weiterhin gewahrt bleibt und die EU einheitlich ihre Interessen gegenüber dem Vereinigten Königreich vertritt".

In dem Antrag stellen die Fraktionen fest, dass die EU Geschlossenheit und Einigkeit bewiesen habe. Die frühzeitige und aktive Informationen seitens der Kommission, der Dialog mit den Mitgliedstaaten und ihren Parlamenten, dem Europäischen Parlament, Interessengruppen und Bürgerinnen sowie Bürgern habe die Grundlage für den engen Zusammenhalt in der EU geschaffen.

Die Fraktionen erwarten, dass die bevorstehenden Verhandlungen nicht einfacher sein werden als die Verhandlungen zum Austrittsabkommen. Der Wunsch des Vereinigten Königreichs, eigene Regelung und Standards zu setzen, sei legitim, heißt es in dem Antrag. "Gleichzeitig ist es für die EU ebenso legitim wie notwendig, ihre eigenen Interessen zu schützen. Der Zusammenhalt der Mitgliedstaaten und die Integrität des Binnenmarktes bleiben unverzichtbar für die Stabilität der EU. Je weiter das Vereinigte Königreich von bisherigen Standards und über Übereinkünften abweichen will, desto weniger eng kann die zukünftige Partnerschaft ausfallen", schreiben die Fraktionen.

Auf Deutschland werde aufgrund seiner Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte eine besondere Verantwortung zu kommen, wird erwartet. Aus Zeitgründen seien Lösungen zu bevorzugen, deren Inkrafttreten zum 1. Januar 2021 machbar erscheine. Dazu zählen die Fraktionen zum Beispiel ein reines EU-Abkommen, das auf EU-Seite nur vom Europäischen Parlament und vom Ministerrat zu ratifizieren wäre.

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3. Verwertung hochradioaktiver Reststoffe

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Antrag

Berlin: (hib/LBR) Durch Partionierung und Transmutation (PuT) sollen aus Sicht der AfD-Fraktion die für ein Endlager benötigten Kapazitäten substanziell reduziert werden. PuT sei als eine "gleichermaßen geeignete und wirksame", sowie mindestens ergänzende Strategie zum Umgang mit nuklearen Abfällen einzustufen und anzuerkennen, schreibt die Fraktion in einem Antrag (19/17127). Die Forschung und Entwicklung auf diesem Gebiet werde in Deutschland "gar nicht beziehungsweise in völlig unzureichender Weise gefördert", heißt es in dem Antrag weiter. Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung auf, die Forschung auf dem Gebiet national zu unterstützen und sich auch international dafür zu engagieren.

Weiter heißt es, die Nutzung von Reststoffen solle "in möglichst vielseitiger Weise, auch in nukleartechnischen Anlagen für PuT" gestattet werden. Dafür soll die Bundesregierung auch Genehmigungen und den Betrieb von geeigneten Reaktoren und Trennanlagen unterstützen. Die Fraktion schreibt, dass Bestandteile hochaktiver Reststoffe auch "abseits der kerntechnischen Nutzung verwendet werden" können. Dies gelte etwa für die Edelmetalle Rhodium, Ruthenium, Palladium oder Americum-241 für Nuklidbatterien in Weltraumfahrzeugen. Dafür seien die Entwicklung und der Betrieb von Schnellspaltreaktoren und Partitionierungsanlagen erforderlich.

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4. Änderung bei Hinzurechnung in Arbeit

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung sieht bei der Hinzurechnungsbesteuerung grundsätzlich Änderungsbedarf. In der Antwort (19/16792) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/16433) verweist sie auf einen Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen. Der Meinungsbildungsprozess in der Bundesregierung darüber sei aber noch nicht abgeschlossen. In der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage hatte die FDP-Fraktion darauf hingewiesen, dass die Hinzurechnungsbesteuerung bei Unternehmen mit Beteiligung an Auslandsgesellschaften zu höheren Steuerbelastungen als bei Unternehmen ohne Auslandsbeteiligungen führen würde.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 185 - 13. Februar 2020 - 14.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2020

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