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PRESSEKONFERENZ/1794: Regierungspressekonferenz vom 3. Dezember 2018 (BPA)


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Im Wortlaut
Mitschrift der Pressekonferenz - Montag, 3. Dezember 2018
Regierungspressekonferenz vom 3. Dezember 2018

Themen: Personalie, Reise der Bundeskanzlerin zur Trauerfeier des früheren US-Präsidenten George H. W. Bush, Gipfeltreffen der G20-Staaten in Buenos Aires, Test einer iranischen Mittelstreckenrakete, Fall Khashoggi, Konflikt zwischen der Ukraine und Russland, Debatte über § 219a StGB, Digitalpakt Schule, Treffen der Chefs der großen deutschen Autokonzerne mit der US-Regierung, Proteste in Frankreich, US-Drohnenangriff in Jemen/Jemen-Konflikt, Plakatkampagne für eine freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen in ihre Heimatländer, Plakatkampagne im Rahmen des Bundesprogramms StarthilfePlus, mögliche Einführung einer Finanztransaktionssteuer, mögliche Einführung einer CO2-Steuer

Sprecher: StS Seibert, Neuhaus (BMBF), Adebahr (AA), Geißler (BMWi), Zimmermann (BMJV), Petermann (BMI), Schwamberger (BMF), Fichtner (BMU)


Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Seibert sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.

Neuhaus: Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich heute bei Ihnen als Sprecher des Bundesministeriums für Bildung und Forschung verabschieden. Ich werde innerhalb des Leitungsstabs des Ministeriums im Referat "Politische Planung und Analyse" eine neue Aufgabe wahrnehmen. Darauf freue ich mich sehr.

Ich möchte mich bei Ihnen für das vertrauensvolle Miteinander bedanken und wünsche Ihnen jetzt eine schöne Weihnachtszeit. Auch diesen Monat werden Sie alle schaffen; da bin ich ganz zuversichtlich. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Vielen Dank!

Vorsitzender Feldhoff: Vielen Dank, Herr Neuhaus. Wir wünschen Ihnen viel Glück bei der neuen Aufgabe.

Wir machen mit unserem Tagesgeschäft weiter. Der Regierungssprecher hat zwei Ankündigungen, einen Termin und etwas zu G20. Bitte, Herr Seibert!

StS Seibert: Meine Damen und Herren, guten Tag! Am Freitag ist der frühere amerikanische Präsident George Bush Senior gestorben. Die Bundeskanzlerin hat ihn ja schon in einem Kondolenzschreiben an den Präsidenten Trump gewürdigt und ebenso vor der Presse beim G20-Gipfel in Buenos Aires. Sie sprach von ihrer Hochachtung vor seinem langen erfüllten Leben im Dienste seines Landes und von tiefer Dankbarkeit.

Ich zitiere:

"Dankbarkeit, dass George Bush unsere Sehnsucht nach der Einheit Deutschlands erkannte und verstand. Dankbarkeit, dass er, als die friedliche Revolution in der DDR die Mauer zu Fall brachte, uns Deutschen half, den Weg in die Wiedervereinigung zu gehen. Wir haben in der Präsidentschaft von George Bush die Kraft und die Verlässlichkeit der deutsch-amerikanischen Freundschaft erfahren."

Die Trauerfeierlichkeiten für den verstorbenen Präsidenten ändern nun auch den Terminkalender der Bundeskanzlerin, wie wir Ihnen am Freitag hier vorgetragen hatten. Sie wird an der Trauerfeier am Mittwoch in Washington teilnehmen. Ich kann Ihnen noch nicht alle Einzelheiten des Reiseplans nennen.

Aber klar ist: Die Bundeskanzlerin reist am Dienstag ab und kehrt unmittelbar nach der Trauerfeier nach Berlin zurück. Es wird am Mittwoch keine Kabinettssitzung geben.

Bei der Festveranstaltung zum 10-jährigen Bestehen der Deutschlandstiftung Integration am Mittwochabend wird die Bundeskanzlerin durch ein anderes Mitglied der Bundesregierung vertreten werden.

Was die Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch betrifft, so ist die Bundeskanzlerin mit dem Hamburger Ersten Bürgermeister Tschentscher im Gespräch gewesen, dem Vertreter der A-Seite. Der Teil der Ministerpräsidentenkonferenz, der mit der Bundeskanzlerin stattfindet, wird auf Anfang 2019 verschoben. Die Ministerpräsidenten treffen sich trotzdem. Ob es dann beim Treffen der Ministerpräsidenten auch zu Begegnungen und Gesprächen mit Vertretern der Bundesregierung kommt, das wird geklärt und darüber wird dann später informiert. - So weit dazu.

Dann wollte ich noch einmal einen Blick zurück auf den G20-Gipfel werfen, der am Samstag in Buenos Aires zu Ende gegangen ist, und für die Bundesregierung noch einen ganz herzlichen Dank an Argentinien, an den argentinischen Gastgeber Mauricio Macri, aussprechen. Er hat diesen Gipfel hervorragend organisiert und hervorragend moderiert. Es sind schwierige Zeiten für die multilaterale Zusammenarbeit. In diesen Zeiten hat er Konsens und gute Ergebnisse zu zentralen globalen Herausforderungen erzielt. Die Bundeskanzlerin ist mit den Ergebnissen - so wie Sie sie der veröffentlichten Gipfelerklärung entnehmen können - zufrieden. Unser Ziel war es, auf den Ergebnissen der deutschen G20-Präsidentschaft im Vorjahr aufzubauen. Tatsächlich benennt das Abschlusskommuniqué zahlreiche Punkte, die uns wichtig sind.

Ich will einige davon nennen:

Beim Thema Handel bekennt sich die G20 erstmals zur Reform der Welthandelsorganisation. Das ist ein wichtiges Signal der Unterstützung für das multilaterale Handelssystem - ein System, das für offene Märkte und gegen Protektionismus steht.

Beim Thema Klima - Klimapolitik/Klimaschutz - hat die G20 ein starkes Signal für die heute in Kattowitz beginnende UN-Klimakonferenz COP 24 gesendet. Alle G20-Mitgliedsstaaten, außer den USA, haben sich erneut zur Unumkehrbarkeit des Paris-Abkommens und zu dessen uneingeschränkter Umsetzung bekannt. Die G20 erwähnen erstmals das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Die G20 unterstützen ein erfolgreiches Ergebnis der COP 24-Klimakonferenz. Deutschland hat angekündigt - das hatte auch Entwicklungsminister Müller hier in der Bundespressekonferenz in der vergangenen Woche schon getan -, dass der deutsche Beitrag zur Klimafinanzierung am sogenannten Green Climate Fund bis zu 1,5 Milliarden Euro verdoppelt wird.

Wichtig ist für uns als Ergebnis dieses G20-Gipfels auch, dass die G20 die Fortführung der unter dem deutschen Vorsitz ins Leben gerufenen "Compact with Africa"-Initiative beschlossen hat, einer Initiative zur Förderung von Investitionen und nachhaltiger Entwicklung.

Wichtig ist für uns, dass einer der Schwerpunkte unserer deutschen G20-Präsidentschaft - das Thema Gesundheit - nun in Buenos Aires endgültig auf der G20-Agenda verankert worden ist. Wir wollen gemeinsam im Kreis der G20 weiterhin Antibiotika-Resistenzen bekämpfen. Wir wollen die Weltgesundheitssysteme stärken. Wir bekräftigen dabei die zentrale Rolle der Weltgesundheitsorganisation. Die G20 unterstützen diese Weltgesundheitsorganisation bei der Entwicklung eines Aktionsplans zur Umsetzung der gesundheitspolitischen Ziele der UN-Agenda 2030.

Wir begrüßen, dass die G20 sich auch weiterhin mit den Themen Migration und Flucht beschäftigen werden. Die Einigung auf die Fortführung dieser Arbeiten ist erst nach langen Verhandlungen erzielt worden.

Die G20 sind weiterhin einig in der Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Es gab dazu in Hamburg 2017 eine eigene Erklärung. Die darin enthaltenen Beschlüsse werden weiter umgesetzt.

Japan, das im kommenden Jahr die Präsidentschaft übernimmt, wird also viele Themen weiterführen, die aus Sicht der Bundesregierung besonders wichtig sind. Dazu zählen die Stärkung von Frauen weltweit sowie - das habe ich erwähnt - die Themen Afrika, Gesundheit, Migration und Flucht. - So viel erst einmal dazu.

Adebahr: Meine Damen und Herren, die Bundesregierung verurteilt den jüngsten Test einer iranischen Mittelstreckenrakete. Derartige Tests sind mit der geltenden UN-Resolution des Sicherheitsrats 2231 aus dem Jahre 2015 unvereinbar. Diese Tests verschärfen die Spannungen in einer ohnehin schwierigen regionalen Sicherheitslage. Wir rufen den Iran dazu auf, von Aktionen Abstand zu nehmen, die bestehendes Misstrauen und Konflikte noch weiter verstärken.

Frage (zur Reise der Bundeskanzlerin zur Trauerfeier von George H. W. Bush nach Washington): Herr Seibert, mit welcher Maschine wird die Kanzlerin fliegen?

StS Seibert: Darüber kann ich Ihnen hier keine Auskunft geben. Ich weiß es nicht - mit der geeigneten.

Zusatzfrage: Also nicht Linie, sondern schon mit einer Regierungsmaschine?

StS Seibert: Mit einer Maschine aus der Flugbereitschaft. Ja.

Zusatzfrage: Hat sie vielleicht am Rande irgendwelche politischen Gespräche geplant? Oder fliegt sie wirklich nur zur Trauerfeier dorthin?

StS Seibert: Der Besuch dient dem Besuch der Trauerfeier für den verstorbenen Präsidenten. Ich habe gesagt, dass es gleich nach der Trauerfeier wieder zurück nach Deutschland gehen wird. Welche Begegnungen sich bei dieser Trauerfeier oder unmittelbar davor ergeben, das kann ich hier nicht sagen. Aber das Ziel des Besuchs ist es, durch den Besuch der Trauerfeier Deutschlands Anteilnahme am Tod dieses Präsidenten gegenüber dem amerikanischen Volk auszudrücken.

Frage: Herr Seibert, letzte Woche hieß es aus Regierungskreisen, dass man den Khashoggi-Mord beim G20-Gipfel ansprechen wird. Gab es mit der saudischen Seite beziehungsweise mit westlichen Partnern Gespräche zu diesem Thema?

StS Seibert: Es gab dazu kein Gespräch oder keine Begegnung mit der saudischen Seite. Unter den - ich sage jetzt einmal - westlichen Partnern ist die Haltung gegenüber diesem Mord ja bekannt und vielfach ausgedrückt worden.

Frage: Herr Seibert, mich würde interessieren, ob die Bundesregierung irgendwelche Notwendigkeiten für eine Reform der G20 sieht. Die Kontinuität gegenüber Hamburg war ja auch, dass im Kommuniqué zum zweiten Mal der bekannte Dissens zur Klimapolitik drin stand und ansonsten zum Thema Handel eher noch vorsichtigere Formulierungen. Also bedarf es einer Reform der G20?

StS Seibert: Ich habe ja gerade versucht an einigen Beispielen deutlich zu machen, warum wir der Meinung sind, dass in einer schwierigen Zeit für den Multilateralismus dieses ein Gipfel mit guten Ergebnissen war.

Sie nennen das Thema Handel. Ich habe gesagt: Wir haben zum ersten Mal ein Bekenntnis zur Reform der Welthandelsorganisation. Das war aus Sicht der G20 in diesem Jahr sozusagen das dringlichste Thema. Denn darin ist eben im Kern die Gestaltung von multilateralen Regeln für offene Märkte, für freien Handel und auch die Absage an Protektionismus enthalten.

Die Beschlüsse von Hamburg bestehen ja weiter - darin ist ja auch die klare Sprache gegen Protektionismus -; sie haben weiter ihre Gültigkeit. Aber in diesem Jahr ist das vielleicht dringlichste Thema: Wie gehen wir mit der Welthandelsorganisation um? Eine Einigung auf das Prinzip, dass es Reformen geben soll und sie angestrebt werden, erscheint uns als ein gutes Ergebnis.

Frage: Herr Seibert, das Thema Ukraine, der Konflikt um die Krim und die umliegenden Gewässer, hat ja eine Rolle gespielt. Herr Putin hat sich da außerordentlich hartleibig gezeigt, und die Regierung in Kiew als Kriegspartei bezeichnet. Er hat gesagt, mit dieser Regierung werde es keinen Frieden geben. Das heißt, er drückt eigentlich den Kriegszustand aus.

Sehen Sie dennoch Fortschritte? Bestehen sie aus mehr als der Einigung, dass die Fragen der Gewässernutzung von Experten mehrerer Seiten diskutiert werden sollen?

StS Seibert: Vielleicht zunächst einmal: Ja, das hat eine Rolle gespielt, insbesondere auch in dem bilateralen Treffen, das die Bundeskanzlerin mit Präsident Putin in Buenos Aires hatte, aber genauso in dem Treffen, das sie beispielsweise mit dem amerikanischen Präsidenten in Buenos Aires hatte.

Zu dieser Äußerung des russischen Präsidenten in Richtung der ukrainischen Regierung muss ich sagen, dass diese Äußerung von der Bundesregierung mit Befremden zur Kenntnis genommen wird. Es handelt sich bei der ukrainischen Regierung um die legitime, demokratisch gewählte Vertretung ihres Landes und ihres Volkes und damit auch um den legitimen Verhandlungspartner im Minsk-Prozess. Wir bekennen uns zu diesen Verhandlungen von Minsk, zu diesen Vereinbarungen von Minsk, wie die Ukraine es auch tut.

Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim geht von Russland aus. Die Unterstützung der Separatisten im Osten der Ukraine geht ebenso von Russland aus. Also liegt dort die Hauptverantwortung für die Krise und auch für die Gewalt, die in der Ost-Ukraine schon so viele Todesopfer gefordert hat.

Es ist intensiv zwischen der Bundeskanzlerin und dem russischen Präsidenten die Zuspitzung der Lage an der Straße von Kertsch, am Zugang zum Asowschen Meer, besprochen worden. Unsere Haltung ist und bleibt - die Bundeskanzlerin hat es ja auch in Buenos Aires noch einmal gesagt -: Der freie Schiffsverkehr in das Asowsche Meer muss gewährleistet sein und damit auch der Schiffsverkehr zu den ukrainischen Häfen und zur ukrainischen Küste. Dazu gibt es eine vertragliche Grundlage von 2003, und diese Grundlage muss Russland einhalten.

Aus unserer Sicht ist die Einigung gut, dass auf der Ebene der außenpolitischen Berater im Normandie-Format genau darüber sehr bald gesprochen werden soll, also über die Verfahren, wie man bei Durchfahrten an der Straße von Kertsch verfährt, was da zu befolgen ist, aber immer mit dem Ziel, dass es eine freie Schifffahrt und einen freien Zugang zu den ukrainischen Häfen geben muss.

Zusatzfrage: Sie sagten, die Hauptverantwortung für Krise und Gewalt liege bei Russland. Wo es Hauptverantwortung gibt, gibt es da auch Nebenverantwortung? Liegt sie in Kiew?

StS Seibert: Der Satz steht so, wie er steht. Wir haben die Minsker Vereinbarungen, die natürlich von beiden Seiten umgesetzt werden müssen. Aber es ist immer wieder wichtig - vielleicht manchmal auch gerade vor der Diskussion, die in Deutschland geführt wird - daran zu erinnern, wo der Konflikt, die Krise und das völkerrechtswidrige Verhalten ihren Ursprung hatten.

Frage: Das hängt schon mit der Ukraine zusammen. Herr Seibert, hat sich denn angesichts dieser Zuspitzung um das Asowsche Meer die Position der Bundesregierung gegenüber Nord Stream 2 geändert?

Zweitens. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit oder hält sie es für wünschenswert, dass auf europäischer Ebene noch einmal über dieses Projekt gesprochen wird, möglicherweise über die Reduzierung von Einspeisemöglichkeiten und Ähnliches?

StS Seibert: Die grundsätzliche Haltung hat sich nicht geändert. Es ist aus unserer Sicht ein Projekt der Wirtschaft, das aber auch eine politische Dimension hat. In diesem Punkte sind wir ganz klar. Auch nach 2019 muss die ukrainische Transitrolle für Gas weitergehen. Das gilt es in Gesprächen zu erreichen, die ja auch unter Beteiligung der Europäischen Kommission - Vizepräsident Sefcovic - geführt werden. Das ist uns sehr wichtig, dass die Ukraine weiterhin eine Rolle als Transitland für russisches Gas spielt. Sie haben ja gehört: Durch die Beteiligung der Europäischen Kommission an diesen Gesprächen hat das Ganze auch diese europäische Dimension. Darüber ist dann natürlich auch in Europa immer wieder zu sprechen.

Frage: Herr Seibert, noch eine Nachfrage. Sie sagten, die grundsätzliche Haltung habe sich nicht geändert. Dann lässt das ja vielleicht doch den Raum offen für Änderungen der Haltung der Bundesregierung in bestimmten Teilaspekten? Können Sie dazu etwas sagen?

StS Seibert: Ich glaube, dass Sie jetzt in meine Benutzung des Wortes "grundsätzlich" zu viel hineinlesen. Dies ist die Haltung der Bundesregierung zu dem Projekt Nord Stream 2. Darauf hat Bundeswirtschaftsminister Altmaier in der vergangenen Woche hingewiesen, und das ist unsere Haltung. Sie hat diese zwei Seiten: Das ist ein unternehmerisches Projekt und es hat eine politische Dimension.

Zusatzfrage: Aber wenn jetzt zum Beispiel der russische Präsident sagt - diesbezüglich haben Sie ja eben selbst eher Befremden zum Ausdruck gebracht -, er sehe da kein Ende des Krieges und es werde weiter eskaliert: Irgendwann muss doch die politische Dimension dann auch von solchen Ereignissen und Äußerungen beeinflusst werden, das heißt, damit wird ja irgendwann auch das Gesamtprojekt beeinflusst?

StS Seibert: Es geht doch um den Punkt: Wie erreichen wir, dass die Transitrolle der Ukraine für Gastransporte weiterhin gegeben ist. Das ist doch die Frage. Da werden bald wieder Gespräche stattfinden, und die müssen auch stattfinden, weil der Transitvertrag ja im kommenden Jahr ausläuft. Wir müssen - so wie die Bundeskanzlerin es hier in Berlin bei dem deutsch-ukrainischen Wirtschaftsforum in der vergangenen Woche gesagt hat - alles daransetzen, dass dieser Transitvertrag wieder mit Leben erfüllt wird, und das ist nicht einfach. Aber das hat unsere ganze Unterstützung und die Unterstützung der Europäischen Union.

Frage: Herr Seibert, der Spickzettel der Kanzlerin für den australischen Premierminister hat ja Wellen geschlagen - zumindest in Australien. Mich würde einmal interessieren: Wie viele Spickzettel hat die Kanzlerin bei so einem G20-Treffen denn vorbereitet? 19, also für alle anderen, oder nur ein paar?

StS Seibert: Wir sprechen von Gesprächsunterlagen. Ich sehe bei allen internationalen Begegnungen, dass alle Partner immer Gesprächsunterlagen haben. Das ist auch sinnvoll.

Zusatzfrage: Ja, aber hat sie das für jeden der 19 anderen Staatschefs oder zum Beispiel für Donald Trump nicht?

StS Seibert: Die Bundeskanzlerin geht immer gut vorbereitet in Gespräche.

Zusatzfrage: Das hat trotzdem die Frage jetzt nicht beantwortet.

Vorsitzender Feldhoff: Ich glaube, mehr bekommen wir heute nicht raus.

Frage: An das Außenministerium: Gibt es schon konkrete Pläne für Gespräche im Normandie-Format?

Adebahr: Der Außenminister wird am Donnerstag beim OSZE-Außenministertreffen anwesend sein. Dort wird es keine Gespräche im Normandie-Format geben, aber es wird ein Gespräch mit dem ukrainischen Außenminister geben, und auch mit dem russischen Außenminister ist ein solches Gespräch geplant - eben um auch zu diesem Themenkomplex auch auf diesem Treffen im Rahmen der OSZE weiter nach einer diplomatischen Lösung zu suchen und die Deeskalation dort voranzutreiben. Die Kanzlerin hat Gespräche auf Ebene der politischen Berater angekündigt.

StS Seibert: Genau. Deren Termin kann ich Ihnen jetzt noch nicht nennen, aber es gibt die Vereinbarung, dass das recht bald sein soll.

Frage: Ich habe eine Frage zu § 219a, die wahrscheinlich vorrangig an das Justizministerium, aber auch an die anderen beteiligten Ressorts - Kanzleramt, Gesundheitsministerium - geht: Die SPD-Chefin hat am Wochenende angekündigt, dass es bis zum 10. Dezember einen Vorschlag geben soll, § 219a zu ändern. Ist das auch der Zeitplan der Bundesregierung, und ist auch dort der Plan, § 219a zu ändern? Wie viel können Sie dazu vielleicht schon inhaltlich sagen?

Zimmermann: Ich kann zu § 219a keinen neuen Stand mitteilen. Die Beratungen dauern an. Einzelne Äußerungen dazu werde ich als Sprecher des Ministeriums nicht kommentieren.

Zusatzfrage: Verstehe ich das richtig: Der Plan, bis nächste Woche einen konkreten Vorschlag vorzulegen, existiert im Justizministerium nicht?

Zimmermann: Die Beratungen dauern an, und einzelne Äußerungen werde ich nicht kommentieren.

Vorsitzender Feldhoff: Wollen Sie dazu ergänzen, Herr Seibert?

StS Seibert: Nein, ich habe dazu auch nichts anderes beizutragen.

Frage: Ich habe eine Frage zum Digitalpakt Schule: Am 6. Dezember sollte dieser ja eigentlich im Rahmen der Kultusministerkonferenz unterzeichnet werden. Ist dieser Termin schon abgesagt worden? An das Kanzleramt und auch an das Bildungsministerium: Welche Möglichkeiten sehen Sie, Kompromisslinien mit den Ländern zu finden, die sich jetzt kritisch dazu geäußert haben?

Neuhaus: Vielen Dank für Ihre Frage. Ich möchte grundsätzlich sagen, dass es für die Grundgesetzänderungen im Deutschen Bundestag und auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit braucht. Wir haben als Bundesregierung am 2. Mai 2018 einen Vorschlag gemacht, einen Kabinettsbeschluss an den Deutschen Bundestag übermittelt. Es gab jetzt eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag. Für die Grundgesetzänderung braucht es jetzt auch eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat. Dazu findet derzeit ein Meinungsbildungsprozess bei den Ländern statt, den ich hier nicht kommentieren möchte.

Zusatzfrage: Können Sie etwas zu meiner Frage sagen, ob der Termin am 6. Dezember schon abgesagt wurde?

Neuhaus: Dazu liegt mir kein Kenntnisstand vor.

Frage: Herr Neuhaus, für diesen Termin war ja ursprünglich geplant, eine Art Verwaltungsvereinbarung zu unterschreiben. Sehen Sie denn Möglichkeiten - man hört ja auch aus den Ländern, die sich gegenüber den Grundgesetzänderungen durchaus kritisch äußern -, dass diese weitgreifenden Änderungen gar nicht nötig wären, um diesen Digitalpakt auf den Weg zu bringen? Können Sie vielleicht ausführen, ob es, wenn das im Bundesrat scheitern sollte, vielleicht auch andere Wege gibt, das im Januar noch auf den Weg zu bringen? Kann jetzt überhaupt irgendeine Form der Verwaltungsvereinbarung unterschrieben werden, wenn das Ganze noch gar nicht durch den Bundesrat ist?

Neuhaus: Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD steht klar geschrieben, dass für den Digitalpakt Schule eine Änderung des Grundgesetzartikels 104c notwendig ist. Die Bund-Länder-Vereinbarung wurde in der Arbeitsgruppe zwischen Bund und Ländern auf Grundlage des Artikels 104c ausverhandelt; daran hat sich bis jetzt auch nichts geändert. Jetzt wird man sehen, wie der Meinungsbildungsprozess in den Ländern vorangehen wird. Eine Kommentierung dieses Meinungsbildungsprozesses lehne ich von hier aus ab.

Frage: Herr Seibert, vielleicht können Sie sich doch noch kurz dazu äußern, weil die Verhandlungen zwischen Bund und Länder ja vermutlich im Kanzleramt koordiniert werden? Die FDP hat Kanzlerin Merkel aufgefordert, einzugreifen, um den Digitalpakt zu retten. Wird die Kanzlerin eingreifen und mit den Ländern das Gespräch suchen?

StS Seibert: Ich will für die Bundesregierung noch einmal ganz grundsätzlich festhalten: Investitionen in die Bildungsinfrastruktur haben für uns Priorität, und das gilt insbesondere für die dringend benötigte digitale Ausstattung der Schulen in Deutschland. Daher wollen wir mit diesem Digitalpakt Schule in den kommenden fünf Jahren insgesamt 5 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Dafür, dass das erfolgreich auf den Weg gebracht werden kann, ist die Grundgesetzänderung eine wichtige Voraussetzung. Das Bundeskabinett hat den entsprechenden Gesetzentwurf ja schon im Mai, also wenige Wochen nach der Regierungsbildung, auf den Weg gebracht. Schon daran sehen Sie den hohen Stellenwert dieses Themas für die Bundesregierung. Donnerstag vergangener Woche hat nun der Bundestag mit Zweidrittelmehrheit zugestimmt, und nun ist der Bundesrat am Zuge. Ich werde jetzt ebenso wie der Kollege aus dem Bildungsministerium nicht Äußerungen aus Parteien oder einzelnen Landesregierungen kommentieren, und ich werde auch der Entscheidung der Länderkammer nicht vorgreifen.

Zusatzfrage: Aber wird sich Frau Merkel einschalten?

StS Seibert: Dazu haben doch bereits intensive Austausche stattgefunden. Dabei hat die Bundesregierung ihre Haltung natürlich vielfach bekräftigt. Die Zuständigkeit für das Schulwesen bleibt ein wichtiger Bestandteil der Kulturhoheit der Bundesländer und als solche auch unberührt. Es ist nicht geplant, eine dauerhafte Finanzierung des Bundes für schulische Infrastrukturen vorzunehmen. Der Digitalpakt Schule ist eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern, und entsprechend der föderalen Zuständigkeiten ist eine klare Aufgabenverteilung vorgesehen.

Frage: Herr Seibert, Ihre Stellvertreterin hatte am Freitag gesagt, das Kanzleramt sei informiert über den Termin der Chefs der großen deutschen Autokonzerne bei der US-Regierung. Ich möchte von Ihnen wissen: Was erwarten Sie sich eigentlich von einem solchen Gespräch? Halten Sie ein solches Gespräch von Branchenvertretern der größten, vielleicht wichtigsten deutschen Branche mit der US-Regierung für hilfreich, oder ist das mit Blick auf die Außenwirkung und die Kompetenz der EU-Kommission in Handelsfragen eher kontraproduktiv?

StS Seibert: Genau wie meine Stellvertreterin sage ich Ihnen, dass die Bundesregierung über dieses geplante Treffen informiert ist. Das sind ja auch Konzerne, die in den Vereinigten Staaten sehr präsent sind, die dort große Investitionen haben, die dort viele Menschen beschäftigen; insofern gibt es natürlich auch Anknüpfungspunkte für solch ein Gespräch mit dem amerikanischen Handelsminister im Weißen Haus. Gleichzeitig ist da natürlich eine klare Linie zu beachten. Die Zuständigkeit für handelspolitische Verhandlungen liegt bei der Europäischen Kommission - nicht bei den nationalen Regierungen, sondern bei der Europäischen Kommission -, und natürlich schon gar nicht im Bereich der Autokonzerne. Wie Sie wissen, laufen aktuell Gespräche zwischen der Europäischen Kommission und den Vereinigten Staaten darüber, wie die transatlantischen Handelsbeziehungen verbessert werden können und wie die wirtschaftlichen Beziehungen insgesamt gestärkt werden können.

Frage: Ich weiß nicht, ob das an das Wirtschaftsministerium richtig gerichtet ist: Was bedeutet vor diesem Hintergrund die, sagen wir einmal, Auszeit im Handelskrieg zwischen den USA und China? Kann man daraus irgendetwas im positiven Sinne ableiten, oder hat man etwas zu befürchten, wenn die Großen sich einig werden?

Geissler: Alles ist gut, was nicht weiter eskaliert. Insofern waren die Ergebnisse ja auch insgesamt positiv. Solange es zwischen den USA und China jetzt nicht zu weiteren Zolleskalationen kommt - im Vorfeld war ja eine im Raum -, ist das ja nur gut.

Zusatzfrage: Sie befürchten also sozusagen nicht, dass durch die mögliche Einigung der Großen die deutsche oder die europäische Automobilwirtschaft zu leiden haben wird?

Geissler: Im Moment befürchte ich nichts. Wir müssen jetzt erst einmal abwarten, wie die Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission und den USA weitergehen.

Frage: Herr Seibert, wie bewertet die Kanzlerin die Proteste in Frankreich? Sieht sie dadurch auch den Reformkurs des französischen Präsidenten bedroht?

StS Seibert: Das ist eine innenpolitische Angelegenheit bei den französischen Partnern, die ich jetzt hier als deutscher Regierungssprecher nicht kommentieren möchte.

Frage: Frau Adebahr, es gab in Jemen letzte Woche mindestens einen US-Drohnenangriff gegen angebliche Al-Qaida-Kämpfer. Wie bewertet die Bundesregierung die amerikanischen Aktivitäten dort? Wissen Sie schon, ob dieser Angriff über Ramstein lief?

Adebahr: Ich kann Ihnen zu diesem Vorfall von keinen Erkenntnissen seitens der Bundesregierung berichten. Unsere grundsätzliche Position zu Jemen ist ganz klar die, dass wir es im Moment sehr begrüßen, dass es vielleicht auch ganz zeitnah politische Gespräche unter Leitung des Sondergesandten Griffith geben wird, um diesen Konflikt, unter dem viel zu viele Zivilisten leiden, endlich einer politischen Lösung zuzuführen.

Zusatzfrage: Meine Frage bezog sich ja auf den amerikanischen Angriff gegenüber Al-Qaida-Kämpfern; das ist ja quasi noch ein zweiter Spielplatz neben den Huthi und den Saudis. Wie bewerten Sie die amerikanischen Aktivitäten durch Drohnenangriffe im Jemen? Fragen Sie, wenn diese Drohnenangriffe bekannt werden, eigentlich bei den Amerikanern nach, ob das wieder über Ramstein gelaufen ist?

Adebahr: Wie gesagt, ich habe Ihnen hier von keinen Erkenntnissen der Bundesregierung zu diesem Angriff zu berichten, insofern kann ich dazu hier nicht Stellung nehmen.

Frage: Frau Adebahr, die Friedensgespräche zum Jemen - Sie haben sie gerade angesprochen - sollen diese Woche stattfinden. Was erhoffen Sie sich konkret von diesen Friedensgesprächen, auch angesichts der verschärften humanitären Lage in dem Land, nachdem ja auch viele Friedensgespräche vorher schon gescheitert sind?

Adebahr: Wir erhoffen uns von diesen Friedensgesprächen, dass sie die involvierten Parteien an einen Tisch bringen und dass es einen ernsthaften Versuch gibt, den militärischen Konflikt zu beenden und zu einer politischen Lösung zu kommen - und zwar zu einer politischen Lösung, die zunächst humanitären Zugang bringt, die humanitäre Erleichterung für die leidende Zivilbevölkerung bringt und die dann Schritte aufzeigt, wie der Jemen demokratisch politisch in eine neue Zukunft gehen kann. An diesen Schritten müssen alle Beteiligten mitwirken, und wir erhoffen uns erste Impulse von den Gesprächen. Aber wie gesagt, ganz wichtig wären zunächst einfach einmal Ruhe, Waffenstillstand, humanitärer Zugang und eine humanitäre Erleichterung für die Not leidende Bevölkerung.

Frage: Zur Frage der Drohnensteuerung über Ramstein: Frau Adebahr, wenn ich mich recht entsinne, hat die Bundesregierung - ich glaube, vor zwei Jahren - einen Fragenkatalog in dieser Causa an die US-Regierung gerichtet. Ist der inzwischen beantwortet worden?

Adebahr: Dazu habe ich Ihnen heute keinen neuen Stand zu geben.

Zusatzfrage: Der letzte Stand war, dass Sie sagten, es gäbe noch keine Antworten. Wenn es keinen neuen gibt, heißt das: Es gibt auch mindestens zwei Jahre nach Stellen dieser Fragen keine Antworten der US-Regierung. Fragen Sie dann eigentlich noch einmal nach, ob irgendwann mit einer Antwort zu rechnen ist, oder warten Sie weiter, ob eine kommt oder nicht?

Adebahr: Wir sind natürlich mit den amerikanischen Partnern zu verschiedensten Themen in Kontakt. Ich kann Ihnen zu dieser konkreten Frage heute keinen neuen Stand mitteilen. Sollte es einen geben, dann würde ich den nachreichen.

Frage: Ich habe eine Frage an das Innenministerium zu der Plakatkampagne für eine freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen in ihre Heimatländer. Aus Flüchtlingskreisen, aber auch von Deutschen gab es in letzter Zeit verstärkt Kritik an dieser Kampagne. Können Sie noch einmal klarstellen, an wen genau sich die Kampagne richtet? Denn das scheint nicht immer ganz richtig verstanden zu werden. Vielleicht können Sie dann auch noch sagen, ob Sie vorhaben, diese Kampagne trotz der Kritik weiterzuführen.

Petermann: Die Kampagne ist zeitlich begrenzt - das hatten wir hier schon mehrfach angeführt - im Rahmen des aktuellen Programms "Dein Land. Deine Zukunft. Jetzt!", und nur so lange wird es auch diese Plakate geben, nämlich vom 13. bis zum 30. November. Sie ist jetzt also vorbei.

Sie richtet sich konkret an die Personen, die ohnehin ausreisepflichtig sind. Wir sind der Auffassung, dass die freiwillige Rückkehr der zwangsweisen Rückkehr immer vorzuziehen ist. Deswegen möchten wir freiwillige Rückkehr in welcher Art und Weise auch immer, und sei es mit solchen Plakataktionen oder sonstigen Ansprachen, fördern. Das ist der Hintergrund für diese Aktion.

Zusatzfrage: Haben Sie schon auswerten könne, ob diese Kampagne Erfolg gehabt hat und ob die Sprache die richtige war? Die Plakate waren ja auf Deutsch. War das vielleicht auch dafür gedacht, auch die deutsche Bevölkerung anzusprechen, um zu zeigen: "Wir tun etwas, damit die Leute zurückkehren"?

Petermann: Die Kritik richtete sich ja vor allem darauf, dass die Plakate eben nicht nur in deutscher Sprache waren. Sie waren in unterschiedlichen Sprachen abgefasst, um die Zielgruppen auch ganz konkret anzusprechen, um die es geht, und auch in deutscher Sprache, um zu erklären, was darauf steht und worum es geht. Ich denke, das war von der Ausgewogenheit der Sprachen her ganz gut dargestellt. - War noch eine zweite Frage? - Nein.

Frage: Frau Petermann, wie ermittelt das BMI, ob die Zielgruppe erreicht wurde?

Petermann: Das war der zweite Teil; es war doch noch etwas offen. Vielen Dank - Diese Aktion wird evaluiert. Das Nächstliegende dafür ist der Erfolg der Maßnahme, also zu schauen, wie viele einen Antrag gestellt haben. Mir liegt dazu jetzt keine aktuelle Zahl vor, weil ich die Evaluierungsergebnisse noch nicht kenne und sie auch noch nicht vorliegen. Aber das wird das Hauptargument sein, das letztlich für einen Erfolg dieser Maßnahme spricht oder auch nicht.

Zusatz: Wenn Ihnen keine aktuelle Zahl vorliegt, können Sie vielleicht die letzte Zahl nennen, die Sie haben.

Petermann: Sie ist hier schon genannt worden. Ich habe sie jetzt nicht dabei. Das steht in den Protokollen. Die Kampagne war ja schon verschiedentlich Gegenstand.

Frage: Der Bundesfinanzminister hat in der Vergangenheit verschiedentlich betont, dass er doch Chancen sieht, die Finanztransaktionssteuer durchzusetzen. Hat er die Hoffnung und Erwartung, dass heute oder morgen bei den Sitzungen in Brüssel schon etwas auf breiter Front gelingen kann, oder ist heute und morgen eher die Zeit, um in Kleinerer Runde vorzubereiten und abzutesten, ob man in Europa insgesamt zu einer solchen Steuer kommen kann?

Schwamberger: Wie Sie schon gesagt haben, ist die Finanztransaktionssteuer mit Blick auf die Besteuerung des Finanzsektors ein sehr wichtiges Anliegen der Bundesregierung, das diese auch schon seit längerer Zeit verfolgt. Bereits im Juni in Meseberg haben sich Deutschland und Frankreich gemeinsam darauf verständigt, erneut das Momentum zu nutzen, um den Abschluss und die Einführung einer solchen Steuer breiter in der EU anzugehen und durchzusetzen. Der Minister hat vergangene Woche in seiner Rede in der Humboldt-Universität deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er hierbei jetzt Fortschritte erreichen will.

Klar ist auch: Damit diese Steuer in einem breiteren Rahmen durchsetzungsfähig und realisierbar ist, muss sie auf einen breiten Konsens stoßen. Deshalb finden laufend, gerade auch aktuell auf Einladung der österreichischen Ratspräsidentschaft Gespräche in Brüssel mit den Ländern statt, die sich bislang im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit zur Einführung einer solchen Steuer bereiterklärt haben, inwieweit man ein Modell finden kann, das auf breite Zustimmung stößt und eventuell über diesen Länderkreis hinausgehend Zustimmung findet. Diese Gespräche gilt es jetzt abzuwarten.

Frage: Können Sie sagen, welche Länder dabei aktuell bremsen?

Schwamberger: Dabei geht es gar nicht um Bremser. Ich müsste nachschauen, aber ich glaube, es war im Jahre 2013, als sich einige Länder im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit - Sie kennen das Instrument - zusammengefunden haben. Man ist darüber im Austausch, auf welches konkrete Modell und welche konkrete Ausgestaltung man sich vereinbaren könnte, und das läuft.

Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten, diese Steuer anzugehen. Deutschland und Frankreich haben sich - das hat man auch in Meseberg klar gesehen - für ein Modell nach französischer Ausgestaltung starkgemacht, weil man davon ausgeht, dass das möglicherweise am breitesten auf Zustimmung stoßen könnte, und dann dafür Sorge tragen kann, dass diese Steuer breit eingeführt wird.

Frage: Herr Fichtner, am Wochenende wurde bekannt, dass mehrere Forscher einen Vorschlag zur Einführung einer CO2-Steuer gemacht haben. Es hieß, Ministerin Schulze begrüße diesen Vorschlag durchaus und er werde jetzt geprüft.

Wollen Sie vielleicht aus Sicht des Ministeriums die attraktiven Punkte an diesem Vorschlag nennen und sagen, was "prüfen" hier heißt? In welcher Phase ist das Ganze?

Fichtner: Vielen Dank für die Frage. Das gibt mir Gelegenheit, das etwas zurechtzurücken. - Wir begrüßen die Debatte, die auch die Ministerin mit ihrer Humboldt-Rede ausgelöst hat. Wir erleben momentan fast jeden Tag Wissenschaftler, Ökonomen, Klimawissenschaftler, die Vorschläge machen, wie man CO2 so bepreisen kann, dass es dem Klimaschutz dient, aber dass es auch sozial ausgewogen ist und nicht zu sozialen Verwerfungen führt. Wir haben nicht den Vorschlag von Herrn Schmidt und Herrn Edenhofer kommentiert, sondern gesagt, dass wir diesen Vorschlag so wie alle anderen auch prüfen. Wir arbeiten gleichzeitig auch an eigenen Vorschlägen und sind gespannt darauf, wie sich die Debatte weiterentwickelt.

Unser Ziel - ich habe es gerade angeführt - ist eine klimapolitische Lenkungswirkung. Aber unser Ziel ist vor allem auch, dass keine Gruppen über die Maßen belastet werden. Wenn man zum Beispiel an Mieter oder Pendler denkt, dann muss man sich auch Gedanken machen, wie sie mit einem CO2-Preis umgehen können, ohne zu stark belastet zu werden. Insofern muss das System sehr breit angelegt sein. Solch ein System gibt es jetzt noch nicht. Darum sind wir auf die Debatte gespannt.

Zusatzfrage: Ihr Haus hat auch eigene Ideen und Vorschläge. Wann wird sich das etwas konkretisieren? Gibt es dazu bestimmte Zeitvorstellungen?

Fichtner: Das kann ich Ihnen jetzt noch nicht sagen. Wir stehen ganz am Anfang dieser Debatte und verfolgen das, was die Wissenschaftler momentan ins Gespräch bringen. Irgendwann wird es auch im politischen Raum weitergehen, aber ein genaues Datum kann ich Ihnen jetzt nicht nennen.

Montag, 3. Dezember 2018

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Quelle:
Regierungspressekonferenz vom 3. Dezember 2018
https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/regierungspressekonferenz-vom-3-dezember-2018-1556886
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2018

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