Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → LANDESPARLAMENTE


BAYERN/4517: Partei reicht Staatsregierung die Hand für Integration durch Bildung (SPD)


Pressemitteilung der SPD-Landtagsfraktion vom 15. September 2015

SPD reicht Staatsregierung die Hand für Integration durch Bildung

Fraktionschef Rinderspacher: Keine Zeit für Parteienstreit - Elf-Punkte-Programm erstellt


Für die Integration der Flüchtlinge in Bayern bietet SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher dem Kultusministerium und allen weiteren Akteuren im Bildungsbereich die Zusammenarbeit an: "Alle müssen jetzt an einen Tisch und nach Lösungen suchen für das, was kommt. Da darf es keinen Parteienstreit geben. Kommunen, Verbände, Freie Wohlfahrtspflege und die Landtagsfraktionen müssen zusammenhelfen, um die Aufgabe zu meistern."

Rinderspacher betont, es handle sich bei der Integration der Flüchtlinge um eine Gemeinschaftsaufgabe für den gesamten Freistaat. "Scheitern ist keine Option. Gemeinsam schaffen wir das." Am wichtigsten sei zunächst das Erlernen der deutschen Sprache, betont der SPD-Fraktionsvorsitzende. Darauf aufbauend müssten die Regeln unserer Gesellschaftsordnung und unseres Zusammenlebens vermittelt werden.

Unter der Federführung des Bildungsausschussvorsitzenden Martin Güll hat die Fraktion ein Elf-Punkte-Programm zusammengestellt mit konkreten Anleitungen und Zielen für Integration durch Bildung.

Über Clearingstellen, die flächendeckend aufgebaut werden müssen, können den jungen Flüchtlingen ihren Potentialen angemessene Bildungsangebote und der richtige Förderort zugewiesen werden. Damit stellen wir die Einzelschicksale der Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt.

Alle müssen mithelfen, damit dieser Integrationsprozess gelingt. Jetzt ist die Solidarität der gesamten Schulfamilie gefragt. Selbstverständlich müssen sich alle Schularten dieser Aufgabe stellen. Es kann also nicht mehr alleine die Aufgabe der Grund- und Mittelschulen bzw. der Berufsschulen und deren Lehrkräfte bleiben, sondern es müssen auch Realschulen, Gymnasien, Wirtschaftsschulen, Fachschulen und Förderschulen einbezogen werden.

Der richtige Umgang mit der zunehmenden Heterogenität ist die Voraussetzung für gute Bildung. Nicht alle Schulen sind auf diese Herausforderung ausreichend vorbereitet. Die Unterstützersysteme müssen flexibel und dem tatsächlichen Bedarf angemessen sein. Passgenaue Fortbildungsangebote einerseits, aber auch zeitweise Unterstützung durch ein Zwei-Pädagogen-System andererseits sind notwendig. Nur so bleiben unsere Schulklassen die Willkommensklassen, die wir uns wünschen und die den Kindern und Jugendlichen angemessen sind.

Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Alle Kinder und Jugendlichen müssen schnell grundlegende Deutschkenntnisse erlangen können. Je nach den örtlichen Gegebenheiten können eine Übergangsklasse, eine Deutsch-Förderklasse oder Deutsch-Förderkurse das Mittel der Wahl sein. Um die soziale Integration zu beschleunigen, sollten die Kinder und Jugendlichen möglichst viel mit Gleichaltrigen zusammen sein. Hier ist der Ausbau der gebundenen Ganztagsangebote extrem wichtig. Eine ausreichend Anzahl an geeigneten Lehrkräften unterstützt die Schulen bei der Umsetzung des Spracherwerbs.

Ein flexibles Lehrerkontingent (Task Force) muss für die Unterstützungsmaßnahmen das ganze Schuljahr über vorgehalten werden. Flüchtlingskinder kommen nicht nur zu Schuljahresanfang in die Schulen, deshalb müssen auch die Zusatzlehrkräfte flexibel zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn das bisher ungewöhnlich ist und war: Die Schulbehörde darf nicht nur monatlich den aktuellen Stand abfragen, sie muss auch ggf. monatlich neues Personal bereitstellen. Der Nachtragshaushalt muss hierfür genügend Mittel flexibel zusätzlich enthalten.

Alle Lehrkräfte mit der Zusatzqualifikation "Deutsch als Zweitsprache" werden jetzt gebraucht. Im Schuljahr 2013/2014 standen laut Auskunft der Staatsregierung in ganz Bayern nur 507 Lehrkräfte mit der Zusatzqualifikation "Deutsch als Zweitsprache" zur Verfügung. Es kommen aber immer noch zu wenige jährlich dazu. Diese Zusatzqualifikation muss Bestandteil jeder Lehrerausbildung werden. Das Kultusministerium muss mindestens allen jungen Lehrkräften aus allen Schularten mit dieser Zusatzqualifikation schriftlich ein Einstellungsangebot machen.

Um schnell Fachkräfte gerade für den Spracherwerb zu bekommen, bedarf es einer mehrmonatigen Fortbildungsoffensive. Über 100.000 Lehrerinnen und Lehrer in Bayern unterrichten an den Schulen. Möglichst vielen von ihnen ein erstes Fortbildungsangebot für "Deutsch als Zweitsprache" und interkulturelle Kompetenz zu machen, ist das Gebot der Stunde.

Darüber hinaus werden weitere Unterstützersysteme für Kinder und Lehrkräfte benötigt. Traumatisierte Kinder brauchen Fachleute wie Schulpsychologen, Heilpädagogen und Sozialpädagogen. In vielen Klassen muss zusätzliches Fachpersonal die Lehrkräfte unterstützen. Bestens qualifizierte Lehrkräfte auf der Warteliste könnten dafür ebenfalls durch geeignete Fortbildungsmaßnahmen fit gemacht werden.

Die Bildung von erwachsenen Flüchtlingen und Asylbewerbern kann nicht mehr allein von Ehrenamtlichen geschultert werden. Es braucht eine Professionalisierung. An den bayerischen Volkshochschulen und bei den anderen Trägern der Erwachsenenbildung müssen die Kapazitäten und die Kompetenzen, die da sind, massiv ausgebaut werden. Hier könnte die Zusammenarbeit von schulischer und Erwachsenenbildung neue Wege gehen. Es muss auf Landkreisebene dazu ein Koordinierungsrat gebildet werden. Die Förderung der Bildung von Erwachsenen muss in diesem Zusammenhang neu aufgestellt werden. Die Refinanzierung von Sprachkursen, Integrationskursen, Alphabetisierungskursen und Kursen zu politischer Bildung muss für die Träger deutlich anders ausfallen als bisher.

Bildung braucht immer auch geeignete Räume und Häuser. Um zusätzliche Kapazitäten zu finden und sie auch schnell verwenden zu können, braucht es jetzt eine gute Koordination. Dazu müssen die Kommunen ins Boot geholt werden und aufgrund der unterschiedlichen Schulträgerschaften interkommunal zusammenarbeiten.

Um gerade auch sehr jungen Flüchtlingskindern, die eine Kindertagesstätte besuchen, den Übergang in die Grundschule zu erleichtern, muss über neue Kooperationsformen zwischen Kindertagesstätten und Grundschulen nachgedacht werden. Kindern von Asylbewerbern und Flüchtlingen muss die Möglichkeit eröffnet werden, so schnell wie möglich in den Kindertagesstätten aufgenommen und gefördert zu werden.

*

Quelle:
Pressestelle der BayernSPD-Landtagsfraktion
Bayerischer Landtag
Maximilianeum, 81627 München
7Telefon: 089/4126 2347, Fax: 089/41 26-11 68
E-Mail: pressestelle@bayernspd-landtag.de
Internet: www.spd-landtag.de, www.bayern.landtag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang