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HAMBURG/2965: Kompromiss bei Karenzzeit für ehemalige Senatsmitglieder (Die Linke)


Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
Presseerklärung vom 25. September 2014

Kompromiss bei Karenzzeit für ehemalige Senatsmitglieder

SPD, CDU, Grüne und LINKE legen Entwurf zur Änderung des Senatsgesetzes vor



Die Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und LINKE haben sich beim Thema "Karenzfrist für ausscheidende Senatsmitglieder" auf einen Kompromiss verständigt. Die vier Fraktionen bringen dazu einen Gesetzentwurf zur Änderung des Senatsgesetzes in die Bürgerschaft ein. In Orientierung an die bereits bestehende Regelung für ehemalige Staatsräte und andere Beamte müssen ausscheidende Senatoren zukünftig während einer Dauer von zwei Jahren nach dem Ausscheiden aus dem Amt Festanstellungen in der Privatwirtschaft dem Senat gegenüber anzeigen. Im Falle einer konkreten Gefahr der Interessenkollision im Hinblick auf die vorherige Amtstätigkeit soll der Senat eine bis zu zweijährige Untersagung aussprechen können, die konkrete Frist orientiert sich dabei an der Gewährung des Übergangsgeldes.

Da die Gefahr einer Interessenkollision dort nicht in gleichem Maße besteht, ist der öffentliche Sektor bei der Aufnahme einer Berufstätigkeit von der Anzeigepflicht ebenso ausgenommen, wie freiberufliche Tätigkeiten. Für freiberufliche Tätigkeiten verweist der Gesetzentwurf der vier Fraktionen auf die entsprechenden Regelungen zur Vermeidung von Interessenkollisionen in den Berufsordnungen der jeweiligen Berufe. Andernfalls hätte zum Beispiel der Senat bei Ex-Senatoren, die nach ihrem Ausscheiden beispielsweise als Rechtsanwalt arbeiten, jedes Mandatsverhältnis untersuchen müssen, was rechtlich problematisch und wenig praktikabel wäre. Mit diesem Vorstoß folgen die vier Fraktionen auch Forderungen der Europäischen Kommission, die in ihrem ersten Anti-Korruptionsbericht für Deutschland angemahnt hatte, dass es bisher keine Regelungen für eine Karenzzeit von Politikern zwischen dem Ausscheiden aus dem Amt und der Aufnahme einer Tätigkeit in der Privatwirtschaft gäbe (Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Korruptionsbekämpfung in der EU vom 03.02.2014, Annex Germany).

Die Koalition aus CDU/CSU und SPD hatte ebenfalls angekündigt, sich bundesweit dieser Thematik anzunehmen und einen Vorschlag für die Bundesebene unterbreiten zu wollen. Mit dem Gesetzentwurf liefern die antragstellenden Fraktionen einen ausgewogenen Regelungsvorschlag für Hamburg, der die vom Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit der ehemaligen Senatsmitglieder wahrt und trotzdem das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität des Regierungshandelns und in die Mitglieder des Senats nachhaltig fördert.

Dora Heyenn, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE: "DIE LINKE hatte bereits im Januar dieses Jahres die Aufnahme einer Karenzzeit in das Senatsgesetz der Freien und Hansestadt Hamburg beantragt. In einem fairen und offenen parlamentarischen Prozess wurde zwischen den Fraktionen beraten und dass jetzt über einen interfraktionellen Antrag in Hamburg als erstem Bundesland die Karenzzeit eingeführt wird, das begrüßen wir sehr. Ein beruflicher Wechsel von der Senatsbank muss grundsätzlich möglich sein, dabei dürfen aber nicht die Interessen einzelner Unternehmen oder Organisationen begünstigt werden. Es muss verhindert werden, dass ehemalige Senatsmitglieder ihre Kenntnisse und Kontakte aus ihrem Amt so nutzen, dass Einzelne Wettbewerbsvorteile erhalten. Die vorliegende Karenzregelung soll diesen Zweck erfüllen und gleichzeitig werden ehemalige Senatsmitglieder und Unternehmen vor Unsicherheiten und nicht gerechtfertigter Kritik geschützt. Es ist ein Schritt zu mehr Glaubwürdigkeit in der Politik."

Andreas Dressel, SPD-Fraktionschef: "Beim Thema Karenzzeit gibt es widerstreitende Interessen: Einerseits brauchen wir Fachleute aus der Wirtschaft in der Politik, andererseits müssen konkrete Interessenkollisionen unbedingt vermieden werden. In diesem Spannungsfeld haben wir uns jetzt auf einen vernünftigen Kompromiss verständigt. Eine Anzeigepflicht mit einer Verbotsmöglichkeit bei tatsächlichen Kollisionen, gekoppelt mit sachgerechten Ausnahmetatbeständen - das ist ein fairer, vernünftiger und verfassungskonformer Weg. Gerade angesichts der wachsenden öffentlichen Diskussionen erscheinen für alle Beteiligten klare Regelungen besser, als es - von Fall zu Fall - jeweils einer öffentlichen Diskussion zu überlassen, ob ein Wechsel in die Wirtschaft politisch-gesellschaftlich akzeptiert wird oder nicht."

André Trepoll, verfassungspolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion: "Allzu großes Misstrauen ist ebenso schädlich wie allzu großes Vertrauen. Dieser Vorschlag ermöglicht eine gewisse Kontrolle für ausgeschiedene Senatoren bei einem Wechsel in die Privatwirtschaft, genauso wie er die freie Berufswahl nicht unzulässig einschränkt. Ob er den Praxistest wirklich besteht und damit das Vertrauen in Politik wirklich steigert, werden erst die nächsten Jahre zeigen. Eine Einschränkung bei den freien Berufen zu verhindern, war uns ein besonderes Anliegen."

Jens Kerstan, Vorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion: "Glaubwürdigkeit ist in der Politik ein hohes Gut. Es ist vernünftig, dass wir künftig klarere Regeln auch für Senatoren bekommen, wenn sie aus dem Amt ausscheiden. Es ist richtig, dass die Regeln für Beamte und Staatsräte demnächst auch für Senatorinnen und Senatoren gelten. Mit dieser Regelung wird ein klares politisches Signal gesetzt, sie wird aber nicht jede umstrittene Personalie verhindern können. Im konkreten Fall wird auch weiterhin politisches Fingerspitzengefühl gefragt sein."

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Quelle:
Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft
Presseerklärung vom 25. September 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. September 2014