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NORDRHEIN-WESTFALEN/2357: Klima, Kohle und ein Rodungsstopp (Li)


Landtag intern 9/2018
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger

PLENUM
Klima, Kohle und ein Rodungsstopp
Landtag debattiert kontrovers nach OVG-Urteil zum Hambacher Forst

von Michael Zabka, Sonja Wand, Wibke Busch


10. Oktober 2018 - Das Rheinische Braunkohlerevier stand erneut im Mittelpunkt einer kontroversen Plenardebatte. Hintergrund war der vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster in einem Eilverfahren verfügte vorläufige Rodungsstopp im Hambacher Forst. Der Energieversorger RWE darf den Wald nicht roden, bis über die Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) gegen den Hauptbetriebsplan 2018-2020 für den Braunkohletagebau Hambach entschieden ist.


Grundlage der Debatte war eine Unterrichtung der Landesregierung über ihre Planungen zu aktuellen energie- und klimapolitischen Herausforderungen. Verbunden war sie mit einer von der Grünen-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde ("Gericht verhängt Rodungsstopp im Hambacher Wald - Landesregierung muss sich jetzt der politischen Verantwortung für das Rheinische Revier stellen", Drs. 17/3849) sowie dem ebenfalls von den Grünen eingebrachten Antrag "Gesellschaftlichen Konsens zum Kohleausstieg ernst nehmen: Rodungsmoratorium und neue Leitentscheidung jetzt!" (Drs. 17/3791).

Der Ausstieg aus der konventionellen Energie sei aus Klimaschutzgründen und wegen der Endlichkeit der Ressourcen notwendig, sagte Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP), Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie. Der Ausstieg müsse jedoch bezahlbar sein und dürfe die Versorgungssicherheit nicht infrage stellen. Die Landesregierung erarbeite mit Industrie, Energiewirtschaft, Gewerkschaften und Verbänden eine Energieversorgungsstrategie, die die "losen Enden der Energiewende" zusammenführe. Dazu gehöre u. a. der schnellere Ausbau der Netze für den Transport des Ökostroms zum Verbraucher.

Marc Herter (SPD) nannte den Vortrag des Ministers "auf ganzer Linie enttäuschend". Er sprach von einer "Irrfahrt in der Energiepolitik"; der Landesregierung fehle der "energiepolitische Kompass". Zum Hambacher Forst sagte Herter: "Sie haben die Angelegenheit ordentlich vor die Wand gefahren." Erforderlich sei ein neuer politischer Konsens. Es gehe nicht darum, "ob wir aus der Kohle aussteigen, sondern wie und wann". Dies werde über Erfolg und Misserfolg der Energiewende sowie über Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz entscheiden. Die Energiewende müsse als "ökonomisches und soziales Projekt" verstanden werden.

"Gleichgewicht halten"

Der Hambacher Forst sei für viele zum Symbol geworden, erklärte der CDU-Fraktionsvorsitzende

Monika Düker, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, wandte sich an Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Seine "Politik der Verweigerung der Übernahme von Verantwortung" sei am Oberverwaltungsgericht wie auch an der Zivilgesellschaft "krachend gescheitert". Düker kritisierte zudem den Polizeieinsatz im Hambacher Forst als unnötig. Dieser habe zu Sicherheitslücken an anderen Stellen im Land geführt. In den Ausführungen des Energieministers erkenne sie keine Strategie, sondern nur Ankündigungen ohne konkrete Pläne. Eine Energieversorungsstrategie könne nicht ohne erneuerbare Energien auskommen.

FDP-Fraktionschef Christof Rasche sagte, "Bezahlbarkeit, Versorgungssicherheit und Klimaschutz" seien die "Grundpfeiler einer klugen Energiepolitik". Dies habe sieben Jahre lang unter Rot-Grün nicht funktioniert in Nordrhein-Westfalen. Die Koalition von CDU und FDP sei dagegen nun auf einem guten Weg. Rasche verwies darauf, dass in Nordrhein-Westfalen "das Herz der deutschen Industrie" schlage. Eine verlässliche Energiepolitik sei daher "überlebenswichtig" für das Land. "Wir können uns keinen Blackout leisten." Die Energiepolitik der Grünen kritisierte der FDP-Politiker als "unverlässlich".

Für die AfD-Fraktion betonte Christian Loose, die Entscheidung für die Rodung des Hambacher Forstes sei 40 Jahre alt und von der früheren rot-grünen Landesregierung bestätigt worden. Diesen Kompromiss wollten die Grünen nun einseitig aufkündigen. Die Industrie in Nordrhein-Westfalen brauche aber Rechtssicherheit, wenn sie investieren und Arbeitsplätze schaffen wolle. Mit ihrem Kurs gefährdeten die Grünen Arbeitsplätze beim Energieunternehmen RWE. Im Hambacher Forst gehe es darum, 200 Hektar Wald zu roden. RWE habe 1.300 Hektar aufgeforstet.

Der Antrag der Fraktion der Grünen (Drs. 17/3791) wurde mit den Stimmen von CDU, SPD, FDP und AfD abgelehnt.

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Quelle:
Landtag intern 9 - 49. Jahrgang, 16.10.2018, S. 3
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2018

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