Landtag intern 9/2018
Informationen für die Bürgerinnen und Bürger
PLENUM
Klima, Kohle und ein Rodungsstopp
Landtag debattiert kontrovers nach OVG-Urteil zum Hambacher Forst
von Michael Zabka, Sonja Wand, Wibke Busch
10. Oktober 2018 - Das Rheinische Braunkohlerevier stand erneut im Mittelpunkt einer kontroversen Plenardebatte. Hintergrund war der vom Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster in einem Eilverfahren verfügte vorläufige Rodungsstopp im Hambacher Forst. Der Energieversorger RWE darf den Wald nicht roden, bis über die Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) gegen den Hauptbetriebsplan 2018-2020 für den Braunkohletagebau Hambach entschieden ist.
Grundlage der Debatte war eine Unterrichtung der Landesregierung
über ihre Planungen zu aktuellen energie- und klimapolitischen
Herausforderungen. Verbunden war sie mit einer von der Grünen-Fraktion
beantragten Aktuellen Stunde ("Gericht verhängt Rodungsstopp im
Hambacher Wald - Landesregierung muss sich jetzt der politischen
Verantwortung für das Rheinische Revier stellen", Drs. 17/3849) sowie
dem ebenfalls von den Grünen eingebrachten Antrag "Gesellschaftlichen
Konsens zum Kohleausstieg ernst nehmen: Rodungsmoratorium und neue
Leitentscheidung jetzt!" (Drs. 17/3791).
Der Ausstieg aus der konventionellen Energie sei aus Klimaschutzgründen und wegen der Endlichkeit der Ressourcen notwendig, sagte Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP), Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie. Der Ausstieg müsse jedoch bezahlbar sein und dürfe die Versorgungssicherheit nicht infrage stellen. Die Landesregierung erarbeite mit Industrie, Energiewirtschaft, Gewerkschaften und Verbänden eine Energieversorgungsstrategie, die die "losen Enden der Energiewende" zusammenführe. Dazu gehöre u. a. der schnellere Ausbau der Netze für den Transport des Ökostroms zum Verbraucher.
Marc Herter (SPD) nannte den Vortrag des Ministers "auf ganzer Linie enttäuschend". Er sprach von einer "Irrfahrt in der Energiepolitik"; der Landesregierung fehle der "energiepolitische Kompass". Zum Hambacher Forst sagte Herter: "Sie haben die Angelegenheit ordentlich vor die Wand gefahren." Erforderlich sei ein neuer politischer Konsens. Es gehe nicht darum, "ob wir aus der Kohle aussteigen, sondern wie und wann". Dies werde über Erfolg und Misserfolg der Energiewende sowie über Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz entscheiden. Die Energiewende müsse als "ökonomisches und soziales Projekt" verstanden werden.
Der Hambacher Forst sei für viele zum Symbol geworden, erklärte der
CDU-Fraktionsvorsitzende Monika Düker, Vorsitzende der Grünen-Fraktion, wandte sich an
Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Seine "Politik der Verweigerung
der Übernahme von Verantwortung" sei am Oberverwaltungsgericht wie
auch an der Zivilgesellschaft "krachend gescheitert". Düker
kritisierte zudem den Polizeieinsatz im Hambacher Forst als unnötig.
Dieser habe zu Sicherheitslücken an anderen Stellen im Land geführt.
In den Ausführungen des Energieministers erkenne sie keine Strategie,
sondern nur Ankündigungen ohne konkrete Pläne. Eine
Energieversorungsstrategie könne nicht ohne erneuerbare Energien
auskommen. FDP-Fraktionschef Christof Rasche sagte, "Bezahlbarkeit,
Versorgungssicherheit und Klimaschutz" seien die "Grundpfeiler einer
klugen Energiepolitik". Dies habe sieben Jahre lang unter Rot-Grün
nicht funktioniert in Nordrhein-Westfalen. Die Koalition von CDU und
FDP sei dagegen nun auf einem guten Weg. Rasche verwies darauf, dass
in Nordrhein-Westfalen "das Herz der deutschen Industrie" schlage.
Eine verlässliche Energiepolitik sei daher "überlebenswichtig" für das
Land. "Wir können uns keinen Blackout leisten." Die Energiepolitik der
Grünen kritisierte der FDP-Politiker als "unverlässlich". Für die AfD-Fraktion betonte Christian Loose, die Entscheidung
für die Rodung des Hambacher Forstes sei 40 Jahre alt und von der
früheren rot-grünen Landesregierung bestätigt worden. Diesen
Kompromiss wollten die Grünen nun einseitig aufkündigen. Die Industrie
in Nordrhein-Westfalen brauche aber Rechtssicherheit, wenn sie
investieren und Arbeitsplätze schaffen wolle. Mit ihrem Kurs
gefährdeten die Grünen Arbeitsplätze beim Energieunternehmen RWE. Im
Hambacher Forst gehe es darum, 200 Hektar Wald zu roden. RWE habe
1.300 Hektar aufgeforstet. Der Antrag der Fraktion der Grünen (Drs. 17/3791) wurde mit den
Stimmen von CDU, SPD, FDP und AfD abgelehnt. *
Quelle:
Landtag intern 9 - 49. Jahrgang, 16.10.2018, S. 3
Herausgeber: Der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. November 2018
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