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RHEINLAND-PFALZ/2695: Wiedergutmachung für Heimkinder (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 32/2012 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 3. September 2012

Wiedergutmachung für Heimkinder



Ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen setzte die Empfehlungen des "Runden Tisches Heimerziehung der 50er und 60er-Jahre" in einen Beschluss um, der vom Plenum einstimmig getragen wurde. Die drei Fraktionen fassten die beiden vorliegenden Anträge zu einem gemeinsamen Papier zusammen.

Die Kinder und Jugendlichen wurden zur betroffenen Zeit nicht etwa wegen Kriminalität eingewiesen, sondern "aus niederen Gründen", betonte Elisabeth Bröskamp (Bündnis 90/Die Grünen). Auch zu jener Zeit hätten der Rechtsstaat und die Grundrechte aber bereits existiert. "Dies wurde in den Heimen missachtet, indem eine Kontrollfunktion nicht vorhanden war." So waren ehemalige SS-Aufseher in den Heimen tätig. Eine schulische und berufliche Förderung fehlte teilweise, es gab demütigende Strafen und Kollektivstrafen sowie Kontaktverbote. "Die Bedeutung unseren Antrages soll durch diese Schilderung noch einmal deutlich werden", betonte sie. Sie sehe die Kritik vieler Betroffener. Die Einrichtung des Runden Tisches und dass der Beirat der Anlaufstelle im Landesjugendamt mit Betroffenen besetzt sei, setzte aber klare Zeichen.

"Die Fraktionen haben viel gehört, wir haben in der Anhörung viel erfahren und mussten einiges verarbeiten", sagte Simone Huth-Hage (CDU). Vielen damals jungen Menschen sei viel Leid angetan worden, "das waren Straftaten, die hätten geahndet werden müssen". Ihre Fraktion sei dankbar für die gute Vorarbeit, die Konstruktion der regionalen Antragstelle ist aber zu kritisieren. "Das hätte man anders organisieren können, als die Betroffenen ausgerechnet wieder zur Landesjugendstelle zu schicken", sagte Huth-Hage. "Über ein anderes Türschild wäre es einfacher gewesen."

Die Anerkennung des geschehenen Unrechts sieht Ingeborg Sahler-Fesel (SPD) als entscheidend an, sowie die Klarstellung, dass die Betroffenen in keinem Fall eine Schuld treffe. Eine tatsächliche Wiedergutmachung sei nicht möglich, "es geht darum, die jetzt noch wirkenden Folgen abzumildern". Die Anlaufstelle solle niederschwellig sein, die Ansiedlung an die Landesjugendstelle habe zu Diskussionen geführt. Sie wünsche der Anlaufstelle, "dass sie schnell diejenigen erreicht, für die sie eingerichtet wird".

Quer durch alle Parteien gebe es das Anliegen diejenigen zu unterstützen, die betroffen sind, sagte Jugendministerin Irene Alt (Bündnis 90/Die Grünen). Sie dankte den Fraktionen für den einmütigen Antrag, "das ist ein gutes Zeichen für die Betroffenen, denn so wird das Leid anerkannt, das ihnen geschehen ist". Sie bitte diejenigen um Verzeihung, denen in den Heimen Unrecht geschehen sei. Viele der 35 000 bis 40 000 betroffenen rheinland-pfälzischen Heimkinder jener Zeit seien bis heute traumatisiert. Die Ansiedlung an der Landesjugendstelle folge dem, was in den meisten anderen Bundesländern der Fall sei. Die Landesregierung wolle einen Kooperationsvertrag mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband schließen, die sich der Beratung jener Menschen annehmen, die auf keinen Fall mit der Jugendstelle Kontakt haben wollen. Der Beirat solle auch Präventionsstrategien beraten, "wir wollen auch etwas lernen aus der Vergangenheit", betonte Alt.

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 32/2012, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. September 2012