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RHEINLAND-PFALZ/2871: Umweltpolitik der Bundesregierung (StZ)


StaatsZeitung, Nr. 40/2013 - Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz
Der Landtag - Nachrichten und Berichte, 4. November 2013

Umweltpolitik der Bundesregierung



Die Umweltpolitik der Bundesregierung nahm der Landtag auf Antrag der Grünen in einer Aktuellen Stunde unter die Lupe. Die CDU wies den Vorwurf zurück, die Bunderegierung verschleppe die Energiewende.

Er gehe davon aus, dass sich alle Fraktionen gemeinsam um die Energiewende in Rheinland-Pfalz kümmerten, sagte Dr. Bernhard Braun (Bündnis 90/Die Grünen). Das gemeinsame Anliegen und die gemeinsame Grundlage im Bund seien es, den Anstieg der Klima-Temperatur um zwei Grad als Grenze zu sehen. Dafür müsse man einiges tun, so auch schnell die erneuerbaren Energien ausbauen, aber auch Energieeinsparungen fördern und zu mehr Energieeffizienz kommen. Die Bundesregierung verhindere jedoch auf EU-Ebene, dass die Einsparungen, die die Union vorschlage, auch umgesetzt werden. Es gebe eine europäische Vorgabe von 1,5 Prozent Stromeinsparung pro Jahr, Deutschland sei bei 0,37 Prozent. "Die Bundesregierung hat versucht in Europa dagegen zu agieren, dass diese Ziele umgesetzt werden, und hat sie erst einmal nach hinten verschoben", kritisierte Braun. Die Grünen hielten das Erneuerbare-Energien-Gesetz für eine Grundlage, die auch weiterhin gelten müsse, "weil wir Investitionssicherheit brauchen". Denn auch Windenergiebetreiber handelten nicht nur ideologisch, sondern wollten bei ihrem Invest zumindest kein Geld verlieren. Der Bundesumweltminister der CDU habe mit seiner Strompreisbremsendiskussion und mit seinen ungeheuerlichen Zahlen von einer Billion Euro Kosten für die Energiewende zunächst einmal die Investoren verunsichert. "Aber nicht nur die, sondern auch die Banken." Ziel sei es, bei der Energiewende wirtschaftlich zu sein, dauerhaft Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz zu schaffen und eine regionale Wertschöpfung in Rheinland-Pfalz zu haben.

Deutschland sei Vorreiter in Sachen Energiewende und befinde sich "absolut an der Weltspitze", sagte Thomas Weiner (CDU). Keine andere Regierung habe so entschlossen und schnell auf die Katastrophe von Fukushima reagiert wie die Bundesregierung unter Angela Merkel. Die alten Atomkraftwerke seien abgeschaltet worden. "Dennoch ist es in einem gemeinsamen Kraftakt gelungen, genügend Energie in Deutschland in einem breiten Mix aus Biomasse, Kohle, Gas, Wind, Sonne und Wasserkraft bereitzustellen", erläuterte Weiner. Die Grünen hätten damit ein Problem, denn nun sei ihnen ihr klassisches Konfliktthema genommen worden. "Weil die Energiewende bei der Bundesregierung und Peter Altmaier in guten Händen ist, sinken die Umfragewerte der Grünen von Woche zu Woche." Jedermann wisse, dass rund 30 Prozent der in Deutschland verbrauchten Energie in Gebäuden verbraucht werde. "Da ist ein riesiges Einsparpotenzial vorhanden", sagte Weiner. Mit komplizierten Antragsverfahren für einen zinsverbilligten Kredit könne man aber in einer Niedrigzinsphase keinen Investor locken. "Deshalb muss man zu einfachen Abschreibungsmodellen kommen." Doch seit zwei Jahren blockierten die rot und grün geführten Landesregierungen im Bundesrat das dringend notwendige Gesetz zur energetischen Gebäudesanierung, kritisierte der Abgeordnete. Dabei wäre gerade dieses Gesetz besonders in Rheinland-Pfalz ein riesiges Konjunkturprogramm für die mittelständische Wirtschaft und für das Handwerk. "Es ist diese Landesregierung, die das verhindert hat und die damit die Energiewende in Deutschland behindert."

Die vergangenen vier Jahre schwarz-gelber Energiepolitik seien "so peinlich, dass ich mich als CDU-Politiker dafür auch ein Stück weit schämen würde", sagte Marcel Hürter (SPD). Der Ausstieg aus einem gesellschaftlich gewollten Ausstieg aus der Atomenergie sei zunächst in einer Art und Weise umgesetzt worden, die ihresgleichen suche. Nach Fukushima habe die Bundesregierung dann "eine Reihe von sogenannten Konzepten vorgelegt". Zu nennen seien das 10-Punkte-Sofortprogramm, der Verfahrensvorschlag der Bundesregierung zur Energiewende, das Eckpunktepapier oder die Strompreisbremse. "Die Aussagen waren teilweise so widersprüchlich und vielfältig, dass einzelne Aussagen darunter auch in Ordnung sein müssen", vermutete Hürter. Minister Altmaier ziehe nach vier Jahren schwarzgelber Energiepolitik das Resümee, dass schnell eine Reform des EEG gebraucht werde. "Ja, wir brauchen eine Reform, aber vier Jahre lang hat an dieser Stelle Schwarz-Gelb nichts, aber auch gar nichts getan, was der Energiewende in Deutschland dienen würde", sagte der Abgeordnete. Energieversorgung sei immer komplex und anspruchsvoll. Wenn man eine Energieversorgungslandschaft reformiere und ein größeres Gewicht auf die Ökologie lege, habe das zur Folge, dass die Versorgungssicherheit anspruchsvoller werde und dass gegebenenfalls auch die Kosten stiegen. Es sei doch unredlich den Menschen zu suggerieren, dass man alles zum Nulltarif haben könne. "Wir sind bereit, diesen Preis zu zahlen, ihn verantwortungsvoll auszutarieren und so eine Energieversorgungslandschaft zu schaffen, die den neuen Ansprüchen dieser Gesellschaft, den Erkenntnissen aus Fukushima, entspricht", betonte Hürter.

Bei der Energiepolitik gibt es nach der Beobachtung von Energieministerin Eveline Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) einen Machtkampf mit denjenigen, "die bisher profitiert haben und meinen, sie werden nicht mehr zulasten der Haushalte und des Mittelstandes profitieren" und jenen, die im Moment unter den überzogenen Forderungen und den Ausnahmen der Industrie leiden. Dass im Vergleich zur Förderung der erneuerbaren Energien die Ausnahmen nur einen geringen Teil der Kosten ausmachten, wie behauptet werde, glaube wohl auch die Kanzlerin. So habe Merkel in einem Interview eine grundlegende Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes angekündigt "um den Strompreisanstieg zu bremsen". Seit 2008 sei der Strompreis für energieintensive Unternehmen nur um ein Prozent gestiegen. Der Strompreisindex für Mittelspannungskunden in der Industrie und im Gewerbe habe im Sommer 2013 auf dem gleichen Niveau wie 2005 gelegen. "Es ist ein Mythos und eine Lüge, wenn hier immer davon geredet wird, die Strompreise stiegen stark", sagte Lemke. Der Anstieg der EEG-Umlage von 5,277 Cent pro Kilowattstunde in diesem Jahr auf voraussichtlich 6,1 bis 6,5 Cent sei im Wesentlichen auf etwas anderes zurückzuführen, nämlich zu 52 Prozent auf gesunkene Börsenpreise, die die Summe von 3,5 Milliarden Euro ausmachten oder auch 0,73 Cent pro Kilowattstunde in der Umlageerhöhung, sowie zu 25 Prozent auf gestiegene Firmenausnahmen mit einem Volumen von 1,7 Milliarden Euro. "Aber nur zu 13 Prozent auf den Zubau von erneuerbaren Energie, der 900 Millionen Euro oder 0,18 Cent pro Kilowattstunde ausmacht", berichtet die Ministerin. Demnach seien die Schlussfolgerungen, "die immer von der Industrie und vor allen Dingen von Ihnen in den Mittelpunkt gestellt werden, falsch", sagte die Ministerin an die Adresse der CDU. Die Strompreise der privaten Haushalte seien Mitte 2008 um 35 Prozent gestiegen. "Diese Haushalte haben in der Regel keine Lobby. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns auch um sie kümmern."

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Quelle:
StaatsZeitung, Staatsanzeiger für Rheinland-Pfalz, Nr. 40/2013, Seite 3
Der Landtag - Nachrichten und Bericht
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. November 2013