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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1819: Lehrerstellen - Klug-Papier überrascht die eigenen Reihen (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 02 - Februar 2012

Disput um Lehrerstellen / Koalition demonstriert Einigkeit:
Klug-Papier überrascht die eigenen Reihen - Opposition fordert Nachtragshaushalt


Gut drei Monate vor der Landtagswahl sind die unterschiedlichen Vorstellungen von Koalition und Opposition in der Bildungspolitik erneut heftig aufeinandergeprallt. Auslöser der über zweistündigen Kontroverse im Landtag: Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) hatte kurz vor der Sitzung im Alleingang ein Papier verbreitet, in dem er laut der Nachrichtenagentur dpa den Erhalt von 453 Lehrerstellen gefordert hat - trotz anderslautender Sparbeschlüsse des schwarz-gelben Regierungslagers. Das hatte innerhalb der Koalition für Irritationen gesorgt. Der Partner CDU pochte auf den vereinbarten Sparkurs, und auch aus den Reihen der Liberalen kam Kritik am eigenen Minister. Die Opposition nahm den Disput zum Anlass, ihre Forderung aus dem Dezember zu wiederholen und auf den Erhalt von 300 "dringend benötigten" Lehrerstellen zum nächsten Schuljahr zu drängen. Letztlich scheiterte aber dieser Vorstoß am Nein von CDU und FDP - auch Minister Klug stimmte dagegen.


Bis 2020 sollen laut den Koalitionsplänen insgesamt 3.650 Lehrerstellen wegen rückläufiger Schülerzahlen wegfallen. 300 waren es bereits zu Beginn des laufenden Schuljahres. Weitere 300 sollen im Sommer folgen. Das Klug-Papier stellte Letzteres allerdings infrage. "Ich stehe zum wesentlichen Ziel dieser Koalition, der Haushaltskonsolidierung", betonte Klug im Landtag. Er sei aber "aufgefordert" gewesen, "Vorschläge für die Verbesserung der Bildungsqualität vorzulegen und gegebenenfalls aufzuzeigen, wo es Nachbesserungsbedarf gibt". Solche "inhaltlich begründeten Vorschläge" habe er nun präsentiert, so Klug, "nicht mehr und nicht weniger".

Die Union formulierte ihre Bedenken gegen Klugs Kurs nur verhalten. Es habe sie "einigermaßen überrascht", merkte die CDU-Abgeordnete Heike Franzen an, dass der Minister sein Vorschlagspapier über die Medien verbreitet habe, ohne dass es zuvor innerhalb der Koalition eine Absprache gegeben habe. FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki bezeichnete Klugs Vorgehen als "suboptimal". In der Sache stellte sich Kubicki aber hinter seinen Parteifreund: Wenn es "mehr Luft" im Haushalt gebe, dann müsse sich die Koalition "zusammensetzen und schauen", ob wieder mehr Geld in die Bildung fließen könne. Bereits im Dezember hatte der FDPLandesparteitag gefordert, die 300 Lehrerstellen zu bewahren. Auch das hatte bei der CDU für Verstimmung gesorgt. Zur Finanzierung verwiesen die Liberalen auf höhere Steuereinnahmen und günstige Schuldenzinsen.

Nach Meinung der Opposition hat die FDP-Forderung nach mehr Lehrern vor allem wahltaktische Gründe. Grünen-Fraktionschef Robert Habeck warf der Koalition vor, "Popanz und Show" zu veranstalten. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner sprach von "Inszenierung", und Anke Spoorendonk (SSW) nannte das Klug-Papier einen "Versuch, die Erfolgsbilanz des Ministeriums noch etwas aufzuhübschen". Bei der abschließenden namentlichen Abstimmung hielten CDU und FDP indes zusammen und lehnten den Oppositionsantrag auf einen Nachtragshaushalt für die 300 Lehrerstellen geschlossen ab.


Klug zieht Erfolgsbilanz/Opposition: "Eigenlob"

Zugleich zog der Minister eine erfolgreiche Bilanz seiner bisherigen Amtszeit: "Wir haben vieles erreicht, was in den Jahren vorher nicht denkbar und nicht machbar gewesen ist." So sei es gelungen, die Zahl der Schulabbrecher von zehn auf sieben Prozent eines Jahrgangs zu senken, die Lehrerausbildung zu verbessern und die Schulsozialarbeit sowie die Begabtenförderung auszubauen. "Eigenlob", aber nichts Konkretes, urteilte Anke Erdmann (Grüne): Klug fahre jetzt lediglich die "Ernte" vieler rot-grüner Programme ein, mit denen er in Wirklichkeit "nichts zu tun" habe.

Martin Habersaat (SPD) und Björn Thoroe (Linke) warfen der Koalition vor, die Gemeinschaftsschulen zu vernachlässigen. So habe Klug diesen Schulen "die Hälfte ihrer Differenzierungsstunden gestrichen" und damit "Zoff vor Ort" verursacht, klagte Habersaat. Und Thoroe wies darauf hin, dass in Schleswig-Holstein nur 33 Prozent eines Jahrgangs Abitur machten, während es in Hamburg 48 Prozent seien. Daher sei es falsch, dass der Minister die Einrichtung von Oberstufen an Gemeinschaftsschulen erschwert habe.

Demgegenüber hielt Cornelia Conrad (FDP) der SPD vor, sie habe durch ihre "ideologische" Bildungspolitik einen "Scherbenhaufen" an den Schulen hinterlassen. Schwarz-Gelb habe stattdessen "die Wünsche von Schülern, Eltern und Lehrern ernst genommen" und einen neuen "Schulfrieden" geschaffen.

(Drucksache 17/2156neu)


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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 02 im Februar 2012, S. 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. März 2012