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SCHLESWIG-HOLSTEIN/1834: Bildungspolitische Generaldebatte (Landtag)


Der Landtag Schleswig-Holstein
Parlamentszeitung Nr. 03 - März 2012

Koalition verspricht mehr Geld - Opposition will mehr Lehrer

Bildungspolitische Generaldebatte



Geld für die Bildung - das bleibt ein zentrales Streitthema im heraufziehenden Landtagswahlkampf. Die Oppositionsfraktionen bekräftigten in einer über zweistündigen, emotionalen Debatte ihre Forderung nach Hunderten zusätzlicher Lehrerstellen. Wünschenswert, aber nicht finanzierbar, konterte Schwarz-Gelb. Die Koalition will stattdessen den Unterrichtsausfall über einen auf 24 Millionen Euro pro Jahr aufgestockten Vertretungsfonds bekämpfen. Das sei "in Zeiten, in denen uns die Bewältigung einer von früheren Regierungen aufgetürmten Schuldenlast zur Haushaltskonsolidierung zwingt, eine bemerkenswerte Anstrengung", stellte Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) heraus, dessen Vorschlagspapier aus dem Januar erneut hohe Wellen schlug (s. auch Landtagszeitung 02/2012).


Klug hatte unter dem Titel "Bildung als Lebenschance" eine Reihe von politischen Zielen sowie das dafür nötige Personal aufgelistet: in der Summe 628 zusätzliche Planstellen, etwa für gebundene Ganztagsschulen, Schulpsychologen und Differenzierungsstunden. Damit konnte sich die FDP aber nicht gegen den Koalitionspartner CDU durchsetzen, der auf den vereinbarten Sparkurs pochte. Im Landtag stellte sich Klug erneut hinter sein Papier. Er hoffe, dessen Inhalte "zu einem späteren Zeitpunkt zu verwirklichen".

Kernfrage: Was ist finanzierbar?

Das Klug-Papier sei "ein Dokument des Scheiterns schwarz-gelber Bildungspolitik", befand SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Die Sozialdemokraten forderten für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 jeweils 15 neue Stellen für die Sprachförderung und je 45 zusätzliche Stellen für Lese- und Mathe-Programme. "Mit guten Schulen wird es bald weniger Schulden geben", wehrte sich Stegner gegen Einwände von Union und FDP, die ihm vorwarfen, bei seinen Versprechungen die Schuldenbremse in der Landesverfassung außer Acht zu lassen.

Gerade im Wahlkampf "sollte sich jeder in diesem Hause einmal gründlich überlegen, was er den Wählern verspricht", so Heike Franzen (CDU). Allein in der Februar-Tagung summierten sich die von der Opposition geforderten Extra-Ausgaben auf "78 Millionen Euro plus x". Dies seien "reine Luftbuchungen, die mit nichts hinterlegt sind". Franzen verteidigte den schwarz-gelben Sparkurs, wonach bis 2020 insgesamt 3.650 Lehrerstellen wegfallen sollen. Aufgrund sinkender Schülerzahlen habe sich die Lehrerversorgung dennoch "deutlich verbessert". Heute gebe es "1.000 Lehrer mehr, 16.000 Schüler weniger" als unter Rot-Grün. FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki bezeichnete das SPD-Wahlprogramm als "intellektuelle Beleidigung". Die Sozialdemokraten stellten "mehr als 320 Millionen Euro strukturelle Mehrausgaben" in Aussicht ohne für eine Deckung im Haushalt zu sorgen. Kubicki warf SPD und Grünen zudem vor, das Land in die "bildungspolitische Rückständigkeit" geführt zu haben. Schwarz-Gelb habe dagegen die Eigenverantwortung vor Ort gestärkt, etwa durch die Wahlmöglichkeit zwischen dem Abi nach acht und nach neun Jahren.

Kritik am "Unterrichtsnotarzt"

Die Grünen verlangten erneut, auf den geplanten Abbau von 300 Lehrerstellen zum kommenden Schuljahr zu verzichten. Ihr Fraktionsvorsitzender Robert Habeck wies den Koalitionsvorstoß zum Vertretungsfonds zurück: "Sie streichen feste Stellen und geben sie dann als Vertretung zurück." Habeck wandte sich sowohl gegen "rote Wünsche und viele ungedeckte Versprechen" als auch gegen "schwarze Unterbietungen und Verbalradikalismus". Die CDU hatte zuvor vehement auf eine strikte Auslegung der Schuldenbremse gedrungen.

Gegen "unsoziale Kürzungsorgien" protestierte Björn Thoroe (Linke). Er forderte, die bereits im letzten Sommer gestrichenen 300 Lehrerstellen wieder einzurichten. Die Klassengrößen wollen die Linken um "mindestens vier Schüler" senken und zugleich eine "Personalreserve" von fünf Prozent über dem Lehrer-Bedarf einrichten. Anke Spoorendonk (SSW) attackierte die von Schwarz-Gelb beschlossenen Stellenstreichungen. Damit "entpuppt sich alles, was über Qualitätsentwicklung gesagt wird, als heiße Luft". Der nun vorgesehene "Unterrichtsnotarzt" sei nur eine "Beruhigungspille", zumal es gar nicht genügend Pädagogen für diese Tätigkeit gebe.

Der Bildungsausschuss berät weiter, auch über einen SSW-Antrag für bessere Rahmenbedingungen für den Friesisch-Unterricht. Ein rot-grüner Antrag zum geplanten Betreuungsgeld wurde an den Sozialausschuss überwiesen.

(Drs. 17/2231, /2253neu, /2258, /2260, /2261, /2273, /2274)

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Quelle:
Der Landtag Schleswig-Holstein, Nr. 03 im März 2012, S. 5
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. April 2012