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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2166: Zustimmen, ablehnen oder nachbessern - Landtag uneins über CETA (Der Landtag)


Der Landtag - Nr. 01 / April 2017
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

PLENUM
Zustimmen, ablehnen oder nachbessern: Landtag uneins über CETA


Bringt Freihandel mehr Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze ins Land? Oder gefährdet er die europäischen Standards für Verbraucher, Umwelt und Arbeitnehmer? Der Landtag hat im Januar auf Antrag von FDP und Piraten erneut über das umstrittene CETA-Abkommen zwischen der EU und Kanada debattiert. Liberale und CDU waren klar für CETA, Piraten und Grüne strikt dagegen. SPD-Vertreter mahnten Nachbesserungen an, damit Schleswig-Holstein dem Abkommen im Bundesrat zustimmt.


Die EU und ihr nordamerikanischer Partner hatten im vergangenen Oktober den CETA-Vertrag unterzeichnet. Das EU-Parlament in Straßburg hat das Abkommen im Februar durchgewunken. Nun muss das Papier durch alle 28 nationalen Parlamente. In Deutschland ist möglicherweise auch das Votum der Länder im Bundesrat gefragt.

Die FDP warb im Landtag dafür, Zölle und andere Hemmnisse auf beiden Seiten des Atlantiks abzuschaffen. "Mit wem sollen wir ein solches Abkommen schließen, wenn nicht mit einer Musterdemokratie wie Kanada?" fragte der Abgeordnete Christopher Vogt. Die öffentliche Diskussion werde "voller Ressentiments" und "mit einer Welle an Desinformation" geführt. Dabei profitiere kein anderes Land so sehr von den Abkommen wie Deutschland.

Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) forderte "ein klares Zeichen für den freien Welthandel". Dafür werbe er in der Landesregierung.

Auch Astrid Damerow (CDU) lobte CETA als "das modernste Freihandelsabkommen, das zurzeit existiert". Einschränkungen in europäische Schutzstandards befürchtet sie nicht: Auch mit CETA könnten die Mitgliedstaaten ihren Umwelt-, Verbraucher- und Gesundheitsschutz "weiterhin uneingeschränkt" regeln, unterstrich Damerow.

Landesregierung stellt Bedingungen

Die Piratenfraktion forderte dagegen ein Stopp des "Comprehensive Economic and Trade Agreement" ("Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen"). Es sei von Profitinteressen geleitet und greife "tief in die Demokratie und in den Rechtsstaat ein", meinte Fraktionschef Patrick Breyer. So könnten Investoren nationale Standards vor "Sondergerichten" aushebeln, und die öffentliche Daseinsvorsorge könne privatisiert werden. Aber: "Der Bundesrat kann dieses Abkommen aufhalten", so Breyer. Deswegen müsse sich die Landesregierung klar positionieren - damit die Wähler beim Urnengang am 7. Mai nicht "die Katze im Sack kaufen".

Für Bernd Voß (Grüne) ist CETA "ein Stück weit ein Staatsstreich durch die Hintertür, weil letztlich parlamentarische Rechte ausgehebelt werden."

Es sei sinnlos, sich bereits jetzt festzulegen, wo doch die CETA-Abstimmung im Bundesrat erst "mutmaßlich übernächstes Jahr" anstehe, hielt SPD-Fraktionschef Ralf Stegner dem entgegen. Und er forderte klare Garantien: "CETA wird es mit unserer Zustimmung nur geben, wenn die Standards bei Arbeit, bei Sozialem, im Verbraucher- und Datenschutz, in der Ökologie, in der öffentlichen Daseinsvorsorge und auch bei Bildung und Kultur ohne Wenn und Aber erhalten bleiben." Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) befand: "CETA ist ein gutes Abkommen." Allerdings nannte er "vier Leitlinien" für ein Ja der Landesregierung: Transparenz, keine Absenkung von Standards, unabhängige Schiedsgerichte und demokratische Legitimation.

Grüne: "Nicht mit uns"

"In der derzeit vorliegenden Form erfüllt CETA die Anforderungen an ein faires Handelsabkommen noch nicht", betonte Lars Harms vom SSW - obwohl es "gewiss durch den Druck der Bürgerinnen und Bürger wesentlich besser geworden" sei. Bernd Voß vom grünen Koalitionspartner legte sich hingegen fest: "Mit uns wird es im Bundesrat keine Zustimmung zu diesem CETA-Antrag geben." Als "zentrale Kritikpunkte" nannte Voß "das Klageprivileg für internationale Investoren, die Einbeziehung öffentlicher Dienstleistungen und die Aushöhlung des Vorsorgeprinzips".

Letztlich scheiterte die FDP mit ihrem Antrag, das Papier der Piraten wurde im Europaausschuss weiter beraten. Einig waren sich die Abgeordneten in einem Punkt: Das Abkommen TTIP mit den USA steht seit Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Donald Trump im Januar vor dem Aus.

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 01 / April 2017, S. 20
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Mai 2017

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