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BILDUNG/931: Bildungsbericht belegt Irrwege der Bundesregierung


Pressemitteilung der SPD-Bundestagsfraktion - 22. Juni 2012

Arbeitsgruppe: Bildung und Forschung

Bildungsbericht belegt Irrwege der Bundesregierung



Anlässlich der Veröffentlichung des vierten Nationalen Bildungsberichts erklärt der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Ernst Dieter Rossmann:

Der neue Nationale Bildungsbericht belegt einmal mehr die bildungspolitischen Irrwege dieser Bundesregierung. Zwar bestätigt er die großen Herausforderungen des deutschen Bildungswesens wie die soziale Benachteiligung und fehlende Chancengleichheit in der Bildung, die bestehende Unterfinanzierung oder auch die nach wie vor vorhandenen Integrationsdefizite. Aber er benennt auch wichtige Stellschrauben, wie diese Herausforderungen bewältigt werden können. Fünf zentrale Punkten offenbaren die falsche Politik dieser Koalition:

- Die größten Herausforderungen liegen dem Bericht zufolge im Schul- und Hochschulbereich. Daher ist die vorgeschlagene Mini-Verfassungsänderung der Bundesregierung völlig unzureichend. Ohne ein kooperatives Miteinander von Bund und Ländern im frühkindlichen Bereich, im Schulwesen oder auch bei der Grundfinanzierung aller Hochschulen ist das Kooperationsverbot nicht zu überwinden und damit das Ziel der Chancengleichheit für alle Kinder und Jugendlichen kaum zu erreichen.

- Die Haushaltsmittel für Bildung und Forschung bleiben weiter hinter den Bedarfen zurück und sind auch nicht nachhaltig gesichert. Wenn Zielquoten nur deshalb erreicht werden, weil Sonderprogramme wirken und das BIP infolge der Krisen der vergangenen Jahre eingeknickt ist, kann das kaum als Erfolg gesehen werden. Die SPD will daher 20 Milliarden Euro im Jahr zusätzlich und dauerhaft für Bildung mobilisieren, um im entscheidenden OECD-Vergleich auf Augenhöhe zu kommen und sich nicht länger national schön zu rechnen. Um dieses klare Ziel mit einer klugen Konsolidierungspolitik zu verbinden, hat die SPD bereits ein solides Finanzierungskonzept vorgelegt.

- Der Bildungsbericht weist den qualitativen Ganztagsschulen eine Schlüsselrolle zu. Das gilt dem zufolge für die Chancengleichheit in der Bildung und Integration ebenso wie für die kulturelle und ästhetisch-musische Bildung. Nach dem Durchbruch mit dem ersten SPD-Ganztagsschulprogramm ist ohne den Bund auch heute noch ein flächendeckend gleichwertiges Angebot kaum realistisch. Deshalb fordert die SPD-Bundestagsfraktion ein zweites Ganztagsschulprogramm bis 2020, dass neben dem Ausbau auch die Qualität gleichberechtigt fördert. Wir wollen, dass an dessen Ende 2020 ein Rechtsanspruch auf einen Ganztagesplatz unabhängig vom Ort oder von der Schulform möglich wird. Die Weigerung der Bundesregierung hier voranzugehen ist ein Kardinalfehler von Bundesministerin Schavan. Wer wie sie etwas zu einheitlichen Schulbüchern, zum Zentralabitur oder auch zur Lehrerausbildung sagen kann, sollte auch etwas zum notwendigen Ganztagsausbau sagen können.

- Die Bildungsförderung der Bundesregierung erschöpft sich in Klientelpolitik. Wer den Zusammenhang von sozialer Herkunft und schlechteren Bildungschancen durchbrechen will, darf keine "Herdprämie" wie das Betreuungsgeld einführen und auch kein Elite-Stipendienprogramm für wenig handverlesene Empfänger auflegen. Vielmehr müssen die Bildungsinstitutionen gestärkt und das BAföG erhöht und ausgeweitet werden. Auch bedürftige Schülerinnen und Schüler in der Oberstufe müssen besser gefördert werden. Bundesministerin Schavan weigert sich auch vier Monate nach Vorlage des BAföG-Berichts, einen Gesetzentwurf vorzulegen.

- Die kulturelle Bildung darf nicht aus den Bildungsinstitutionen heraus verlagert werden, vielmehr müssen sie auch für diese Bildungsinhalte gestärkt und personell ausgebaut werden. Auch deshalb ist der Förderansatz von Bundesministerin Schavan, vereinzelt ergänzende außerschulische Angebote zu fördern, zwar unschädlich, aber auch wirkungslos. Die kulturelle und ästhetisch-musische Bildung gehört zum Bildungsauftrag in der Kita wie der allgemeinbildenden Schule und darf nicht ausschließlich einem zivilgesellschaftlichen Mäzenatentum überlassen bleiben. Lokale Bildungsbündnisse ohne die Kommunen, Schulen und Kitas werden nicht helfen.

Der Nationale Bundesbericht ist ein hilfreiches und nützliches und daher unverzichtbares Instrument zur bildungspolitischen Meinungsbildung. Die SPD-Bundestagsfraktion ist der Meinung, dass er noch Potenziale für eine bessere Koordination der Bildungspolitik in Deutschland besitzt. Um diese besser zu nutzen, hat sie bereits in einem Antrag (Drs. 17/4187) [1] Vorschläge zur Weiterentwicklung vorgelegt. Dieser Aspekt sollte in den folgenden parlamentarischen Beratungen von Bund und Ländern ebenfalls diskutiert werden, um den Bericht auch langfristig leistungsfähig und wirkungsvoll zu halten.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 694 vom 22. Juni 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2012