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BILDUNG/989: Wissenschaft für die Menschen - Menschen für die Wissenschaft


SPD-Pressemitteilung 431/12 vom 24. November 2012

Wissenschaft für die Menschen - Menschen für die Wissenschaft

Der Parteikonvent hat heute den Antrag "Wissenschaft für die Menschen - Menschen für die Wissenschaft" einstimmig beschlossen.



Wissenschaft ist ein zentraler Entwicklungsfaktor für unser Land. Unser komplexes Gemeinwesen ist ohne Wissenschaft nicht vorstellbar, die einen wichtigen Beitrag für gesellschaftlichen Fortschritt im Sinne einer wirtschaftlich starken, sozialen und demokratischen Gesellschaft leistet. Wissenschaft ist Neugier im besten Sinne. Wissenschaft ist kritisches und selbstkritisches Denken. Die SPD bekennt sich zur Freiheit der Wissenschaft und verteidigt sie. Ein hervorragendes Bildungssystem ist Grundlage für gute Wissenschaft.

Das deutsche Wissenschaftssystem ist im internationalen Vergleich sehr gut aufgestellt. Dazu leisten die Bundesländer, bei denen die Hauptverantwortung für die Hochschulen liegt, den wichtigsten Beitrag. Im globalen Wettbewerb um die besten Ideen bedarf es aber einer starken Beteiligung des Bundes, um auch in Zukunft eine Spitzenposition in Forschung und Lehre zu behaupten. Wir setzen auf ein neues Miteinander von Bund und Ländern in der Wissenschaftspolitik und wollen dafür die verfassungsmäßigen Voraussetzungen schaffen. Dabei kann der Blick nicht auf die Herausforderungen im Wissenschaftssystem begrenzt bleiben. Vielmehr muss eine Verfassungsänderung Bund und Ländern ermöglichen, die großen Herausforderungen im gesamten Bildungssystem gemeinsam zu bewältigen. Denn gute Wissenschaft braucht gute Bildung.

Die rot-grüne Bundesregierung hat in der Zeit von 1998-2005 eine neue Dynamik in die deutsche Wissenschaftspolitik gebracht und zahlreiche Baustellen angepackt, die zuvor jahrelang vernachlässigt worden waren. Förderung der Spitzenforschung, neue Programme zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die Umsetzung der Bologna-Reform an deutschen Hochschulen und die Reform des BAföG sind nur einige Stichworte, die das belegen. In der großen Koalition konnten wir dafür sorgen, dass viele gute Ansätze umgesetzt und neue Vorhaben angestoßen wurden.

An den wenigen Stellen, wo Schwarz-Gelb seit 2009 eigene Akzente gesetzt hat, gingen diese wissenschaftspolitisch in die falsche Richtung. Das beste Beispiel ist das nationale Stipendienprogramm. Anstatt die bewährte staatliche Studienfinanzierung durch das BAföG zu stärken, verpulvert die Bundesregierung Geld in einem System, das am Bedarf vorbeigeht, lediglich einen Bruchteil der Studierenden erreicht und zudem ungerechtfertigte Ungleichheiten zwischen den Regionen verursacht.

In den nächsten Jahren geht es um zentrale Weichenstellungen für die Wissenschaft in Deutschland. Die Kooperation zwischen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen muss weiter gestärkt werden. Die internationale Sichtbarkeit und Konkurrenzfähigkeit unserer Hochschulen und Forschungseinrichtungen muss ausgebaut und gefördert werden. Gute Lehre muss denselben Stellenwert bekommen wie gute Forschung. Für eine wachsende Zahl von Studierenden müssen gute Studien- und Forschungsbedingungen bereit gestellt werden.

Wir wollen ab 2013 die Wissenschaftspolitik im Bund wieder aktiv gestalten und legen mit diesem wissenschaftspolitischen Programm wesentliche Eckpunkte fest. Der wichtigsten Grundsatz lautet: Die Menschen stehen im Mittelpunkt sozialdemokratischer Wissenschaftspolitik - und zwar in einem doppelten Sinne: Wissenschaft für die Menschen und Menschen für die Wissenschaft.


Wissenschaft für die Menschen

Wissenschaft ist für die Menschen da. Sie muss gesellschaftlichen Fortschritt als Ziel stets im Blick behalten. Gleichzeitig ist Erkenntnis um ihrer selbst Willen konstituierend für wissenschaftliches Arbeiten. Die Wertschätzung für die Grundlagenforschung und die Vielfalt der Fächer und Fachkulturen ist uns ebenso wichtig wie der Transfer in die Praxis und anwendungsorientierte Forschung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Gerade heute, wo wir mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert sind, ist Fortschritt ohne wissenschaftlichen Rat nicht vorstellbar. Wie kann die Energiewende gelingen ohne Forschung? Wie wollen wir unsere Gesellschaft fit machen für den demografischen Wandel ohne die Einschätzung von kompetenten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern?

Moderne Gesellschaften wie die unsere brauchen wissenschaftliche Forschung als Basis für technische, wirtschaftliche und soziale Problemlösungen, aber sie brauchen auch Wissenschaftler, die sich aktiv in die gesellschaftliche Debatte einbringen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen Verantwortung übernehmen und mit ihrem Wissen einen Beitrag für eine soziale und demokratische Gesellschaft leisten.


Menschen für die Wissenschaft: Wissenschaft als Beruf

Aus der gesellschaftlichen Verantwortung von Wissenschaft erwächst aber umgekehrt auch eine Verpflichtung der Gesellschaft. Sie muss Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern durch gute und verlässliche Rahmenbedingungen die Konzentration auf das wissenschaftliche Arbeiten ermöglichen. Wir wollen die Attraktivität der Wissenschaft als Beruf weiter steigern. Ein wesentliches Ziel muss dabei sein, verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft zu schaffen, ohne den Wettbewerbsgedanken aufzugeben, der dem Suchen nach neuen Ideen und Forschungsergebnissen zu eigen ist. Dies ist gemeinsame Aufgabe und Verpflichtung von Bund und Ländern.

Gemeinsam mit den Gewerkschaften und Interessenvertretungen der Beschäftigten einerseits und den Organisationen der Arbeitgeberseite andererseits wollen wir über geeignete Schritte beraten und zügig für Verbesserungen sorgen. Ein solches "Bündnis für gute Arbeit in der Wissenschaft" werden wir umgehend nach der Bundestagswahl einrichten.

Es muss gelten: Daueraufgaben werden von Beschäftigten erledigt, die dauerhaft und damit unbefristet beschäftig sind. Die Gestaltungsspielräume der Tarifparteien wollen wir vergrößern. Wir wollen die Juniorprofessur weiterentwickeln und bei erfolgreicher Evaluation früher als jetzt den nahtlosen Übergang aus der post-doc-Arbeit als Qualifizierungsphase in eine Professur als Dauerstellung (tenure) eröffnen.


Frauen in der Wissenschaft

Frauen sind in der Wissenschaft unterrepräsentiert. Im Verlauf einer wissenschaftlichen Karriere - vom Studium über die Promotion und Juniorprofessur oder Habilitation bis zur Professur - nimmt der Frauenanteil kontinuierlich ab. Das hat nichts mit Leistung oder wissenschaftlicher Qualifikation zu tun, sondern es hat andere, vielfältige Ursachen, die von Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Familie und Karriere über durchsetzungsstarke Männernetzwerke bis zu Beschäftigungsverhältnissen reicht, die zu wenig Sicherheit bieten.

Unser Ziel ist, den Frauenanteil in der Wissenschaft, insbesondere ihren Anteil an den Professor/innen deutlich zu erhöhen. Dazu wollen wir in Zielvereinbarungen mit den Hochschulen und Forschungseinrichtungen verbindliche Ziele festlegen und über entsprechende Kriterien bei der Programmfinanzierung Anreize setzen. Zur Steigerung des Frauenanteils orientieren wir uns am Kaskadenmodell, das der Wissenschaftsrat entwickelt hat, und plädieren für entsprechende Zielquoten.


Neue Stellen in allen Personalkategorien

Um den zahlreichen Nachwuchswissenschaftler/innen, die insbesondere im Rahmen der Exzellenzinitiative in das deutsche Wissenschaftssystem gekommen sind, eine Karriere in Deutschland zu ermöglichen, brauchen wir zusätzliche Stellen in allen Personalkategorien: Professor/innen, Juniorprofessor/innen und akademischer Mittelbau.

Die Zahl der Professuren muss erhöht werden, um mit der Expansion der Hochschulen einigermaßen Schritt halten zu können und den Effekt des "Nadelöhrs", das nur wenige Wissenschaftler/innen passieren können, zumindest zu reduzieren. Nicht zuletzt wird aber auch kein Weg an zusätzlichen Stellen im akademischen Mittelbau vorbei führen. Diese Stellen sollten in ihrer Ausgestaltung hinsichtlich von Aufgaben in der Lehre, der Forschung oder dem Wissenschaftsmanagement flexibel sein.


Studium und Lehre an Hochschulen

Für uns ist klar: gute Wissenschaftspolitik beginnt bei Studium und Lehre. Die wichtigste Voraussetzung für gute Lehre sind gute Betreuungsrelationen an den Hochschulen. Deshalb liegt der Schlüssel für gute Lehre in einer verbesserten Grundfinanzierung, für die Bund und Länder gemeinsam verantwortlich sind. Auf der Grundlage des Modells "Geld folgt Studierenden" wollen wir dafür sorgen, dass die Finanzierung von Studienplätzen zwischen den Ländern gerechter aufgeteilt wird und der Bund sich aktiv beteiligt, indem er die Kosten für die Studienplätze ausländischer Studierender übernimmt, für die die Hochschulen keine Refinanzierungsmöglichkeit haben.

Wir wollen die staatlichen Ausgaben für Bildung und Wissenschaft schrittweise steigern und spätestens ab 2016 jährlich mindestens 20 Mrd. Euro mehr in diese Zukunftsaufgaben investieren. Ein wesentlicher Teil der Mehrausgaben, die den Hochschulen zu Gute kommen, soll einer besseren Grundfinanzierung dienen.

Eine bessere Grundfinanzierung muss auch zukünftig ergänzt werden durch die erfolgreiche, gemeinsame Bund-Länder-Programmfinanzierung zur Forschungsförderung und im Rahmen des Hochschulpakts zur Schaffung zusätzlicher Studienplätze. Durch gemeinsame Anstrengungen wurde in den letzten Jahren viel erreicht. Um dem anhaltend hohen Bedarf an Studienplätzen gerecht werden zu können, muss der Hochschulpakt fortgesetzt und vollständig ausfinanziert werden. Außerdem sollten zügig Verhandlungen über die nächste Programmphase aufgenommen werden.

Wissenschaftliche Reputation ist immer noch zu stark auf Forschungsleistungen fokussiert. Es ist überfällig, dass gute Lehre mehr Wertschätzung erfährt. Dazu wollen wir mit einem "Nationalen Lehrpreis", wie ihn der Wissenschaftsrat bereits vor einigen Jahren vorgeschlagen hat, einen Beitrag leisten.

Außerdem wollen wir die didaktische Aus- und Fortbildung von Dozierenden an den Hochschulen verbessern und ausbauen.

Die Beteiligung Deutschlands am Bologna-Prozess war ein guter und richtiger Schritt. Die Schaffung eines europäischen Hochschulraums ist ein wesentliches Element der europäischen Integration. Gemeinsames Studieren, Lernen, Lehren und Arbeiten über nationale Grenzen hinweg - welchen besseren Weg könnte es geben, um kulturelle und sprachliche Hürden zu überwinden und zur Herausbildung einer gemeinsamen europäischen Identität beizutragen? Die Ziele des Bologna-Prozesses waren richtig und sind es weiterhin: die Mobilität von Studierenden in Europa, die Vergleichbarkeit von Studienabschlüssen und den Praxisbezug des Studiums zu verbessern, die durchschnittliche Regelstudienzeit zu verkürzen und die Abbruchquoten zu verringern. Leider sind bei der Umsetzung noch nicht an allen Hochschulen all diese Ziele erreicht worden.

In den nächsten Jahren gilt es folgende Aspekte besonders in den Blick zu nehmen: die zu hohen Abbruchquoten in verschiedenen Studienfächern, die Studierbarkeit von Bachelor-Studiengängen und der Zugang zum Master-Studium, der in den nächsten Jahren für immer mehr Bachelor-Absolvent/innen relevant werden wird. Für uns gilt: Ein erfolgreich abgeschlossenes Bachelorstudium ist eine allgemeine "Master-Zugangsberechtigung", so wie das Abitur eine allgemeine Hochschulzugangsberechtigung ist. Es muss in der Entscheidung des Einzelnen liegen, ob er nach dem Bachelor-Abschluss ein Master-Studium aufnimmt oder in das Berufsleben einsteigt. Zur Studierbarkeit gehört auch, den individuellen Bedingungen von Studierenden mit Kind oder Studierenden mit Behinderung gerecht zu werden und den individuellen Bedingungen angepasste Studienbiografien zu ermöglichen.

Unser Bild vom Studium beinhaltet, dass die Fähigkeit zum eigenständigen Erschließen komplexer Sachverhalte und Zusammenhänge ebenso vermittelt wird wie die Kompetenz zum kritischen Hinterfragen gesellschaftlicher Zustände. Ein Studium sollte der Entwicklung der Persönlichkeit ebenso dienen wie der Ausbildung für den Arbeitsmarkt und dem Erlernen wissenschaftlichen Arbeitens. Erst die Kombination all dieser Elemente charakterisiert das Hochschulstudium im Vergleich zu anderen Formen der Berufsausbildung und des Lernens. Wo es in dieser Hinsicht im Rahmen der Bologna-Reform zu Fehlentwicklungen gekommen ist, müssen diese korrigiert werden.

Die Sicherung der Qualität von Studium und Lehre ist keine einmalige Aufgabe. Die regelmäßige, selbstkritische Prüfung von Lehr- und Lernmethoden, Inhalten, didaktischer Kompetenz der Lehrenden und vieler weiterer Aspekte muss mehr als bisher zum Standardrepertoire einer jeden Hochschule gehören. Deshalb wollen wir professionelle und systematische Lehrevaluationen an Hochschulen fördern. Erst durch die Veröffentlichung der Evaluationsergebnisse kann oftmals eine tatsächliche Veränderung erreicht werden.

Deshalb wollen wir, dass sie immer mehr zum Normalfall wird. Durch den massiven Ausbau einer möglichst individuellen Studienberatung wollen wir einen Beitrag zur Reduzierung zu hoher Abbruchquoten in verschiedenen Studienfächern leisten. Beratung muss über das unverbindliche Angebot einer allgemeinen Studienberatung hinausgehen und von Beginn des Studiums an selbstverständlicher Bestandteil des Lernens sein.


Offene Hochschule

Das Leitbild der offenen Hochschule enthält für uns drei zentrale Aspekte: die Hochschule als Raum für öffentliche Debatten; die "open university", die ein Studium mit einem weitgehend ungehinderten Zugang ermöglicht; und die Hochschule, die offen ist für Berufstätige, die Fort- und Weiterbildungsangebote auf höchstem Niveau suchen.

Den Aspekt der offenen Hochschule wollen wir stärken und damit anschließen an unser Bild von Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung. Wo, wenn nicht an Hochschulen, sollen innovative Debatten über die Zukunft einer sozialen und demokratischen Gesellschaft geführt werden? Ein solches Selbstverständnis lässt sich nicht verordnen, aber es sollte wieder stärker Teil des Leitbilds deutscher Hochschulen werden.

Ein Studium darf kein Privileg für Wenige sein. Diese Grundüberzeugung leitet sozialdemokratische Bildungspolitik. Wir wollen Modelle fördern, die Studienangebote für Menschen bereithalten, die mitten im Berufsleben stehen und keine klassische Hochschulzugangsberechtigung haben. Diese Gruppe sollte aber nicht nur dort, sondern an allen Hochschulen willkommen sein und passgenaue Angebote vorfinden. Das setzt vor allem einen Lernprozess und kulturellen Wandel an den Hochschulen voraus, die sich noch zu stark abschotten gegen Studieninteressierte ohne klassische Hochschulzugangsberechtigung.

Gerade für diese Gruppe und für Berufstätige leisten auch Angebote zum Fernstudium, die mittlerweile in großer Zahl existieren, einen wichtigen Beitrag und sind oftmals ausschlaggebend für die Aufnahme eines Studiums. Deshalb müssen diese Angebote weiter ausgebaut werden.

Offen werden die Hochschulen aber zukünftig auch für den steigenden Bedarf an Angeboten zum lebensbegleitenden Lernen sein müssen. Die nach wie vor traditionelle, starre Trennung zwischen beruflicher und akademischer Bildung wollen wir überwinden. Wechsel zwischen beiden Bildungsbereichen sollen zukünftig selbstverständlich sein, ihre engere Verzahnung beispielsweise durch duale Studiengänge, soll verstärkt werden.


Soziale Hochschule

Die Einführung von Studiengebühren in mehreren Bundesländern war ein Irrweg. Sie sind bildungspolitisch unsinnig und sozial ungerecht, weil sie Menschen aus sozial schwächeren Familien vom Studium abschrecken. Wir sind froh, dass die Proteste vieler Tausend Studentinnen und Studenten den gesellschaftlichen Widerstand sichtbar gemacht und dass die rot-grünen Wahlsiege in vielen Bundesländern eine Abschaffung der Studiengebühren ermöglicht haben. In Niedersachsen und Bayern können die Menschen im kommenden Jahr dafür sorgen, dass auch die letzten beiden Landesregierungen abgewählt werden, die stur an den sozial ungerechten Gebühren festhalten.

Ein starkes BAföG ist ein zentrales Element sozialdemokratischer Wissenschaftspolitik. Wie kaum ein anderes Instrument steht das BAföG für den Grundsatz, dass ein Studium nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein darf. Durch die rechtlich abgesicherte und verlässliche, staatliche Studienförderung konnten in den letzten 40 Jahren Millionen junge Erwachsene studieren, die sich ein Studium ohne BAföG nicht hätten leisten können. Die soziale Öffnung der Hochschulen wäre ohne BAföG nicht denkbar gewesen. Wir wollen das BAföG in den nächsten Jahren weiter ausbauen, bestehende Förderlücken schließen und zukünftig automatisch an die Lebenshaltungskosten anpassen. Das Schüler-BAföG wollen wir revitalisieren.

Die soziale Infrastruktur, die in hervorragender Qualität zumeist von den lokalen Studierendenwerken bereitgestellt wird, ist wichtiger Bestandteil eines guten Studiums. Wohnheimplätze, Mensen und Cafeterien und Beratungsangebote müssen mit der steigenden Zahl von Studienplätzen mithalten. Vor allem bei der Zahl der Wohnheimplätze ist in den nächsten Jahren ein hoher, wenn auch regional sehr unterschiedlicher Bedarf absehbar, dem das aktuelle Angebot nicht gerecht werden kann. Mit einem Bund-Länder-Sonderprogramm Wohnheimbau wollen wir deshalb das Angebot massiv ausbauen. Außerdem können Studierende mit Kind durch Betreuungsangebote an den Hochschulen bei der Vereinbarkeit von Studium und Familie unterstützt werden.

Die Debatte über Inklusion im Bildungsbereich konzentriert sich oftmals auf das gemeinsame Lernen in der Schule. Dabei gibt es auch an den Hochschulen besondere Probleme, vor denen Studierende mit Behinderung oder chronischer Krankheit bei der Bewältigung ihres Studienalltags stehen. Wir wollen Hochschulen und Studierendenwerke dabei unterstützen, diese Probleme stärker in den Blick zu nehmen und erfolgreiche Beratungs- und Unterstützungsangebote auszubauen.


Demokratische Hochschule

Hochschulen sind öffentliche Einrichtungen und Teil unseres demokratischen Gemeinwesens. Deshalb sind Hochschulen in unserer Vorstellung demokratische Einrichtungen, in denen verschiedene Gruppen in gewählten Gremien einen Interessenausgleich herbeiführen. Hochschulen sind keine Wirtschaftsunternehmen, wenngleich sie natürlich zu einem sorgsamen Umgang mit ihren Mitteln verpflichtet sind. Für die Leitung und Steuerung von Hochschulen braucht es klarer Strukturen und Verantwortlichkeiten. Diese müssen den Bedingungen akademischer Arbeit angemessen sein und bloßes Kopieren von Strukturen der Wirtschaft im Sinne einer "unternehmerischen Hochschule" wird diesen Bedingungen nicht gerecht.

Wir stehen für ein gemeinsames Miteinander innerhalb der akademischen Selbstverwaltung in der alle Mitglieder der Hochschule an den Diskussionen zu grundsätzlichen und strategischen Fragen beteiligt werden. Der Hochschulleitung obliegt die Aufgabe die Profilbildung ihrer Hochschulen voranzuführen. Ein Kuratorium bzw. Hochschulrat sollte der Einbeziehung gesellschaftlicher Interessen und Akteure in die strategische Entwicklung der Hochschule dienen. Dabei ist uns wichtig, dass sich die Gesellschaft in ihrer Breite in den Hochschulkuratorien widerspiegelt. Nicht zuletzt sind Landesparlamente der Ort, wo über die gesellschaftlichen Aufgaben und die Tätigkeit der Hochschulen diskutiert werden muss, weil das ihrem Charakter als öffentliche Einrichtungen entspricht. Wenngleich viele Landesregierungen sich aus guten Gründen unter dem Leitbild der Hochschulautonomie für mehr Eigenverantwortung ihrer Hochschulen und damit den Rückzug aus der Detailsteuerung entschieden haben, sind sie natürlich weiterhin ein zentraler Partner der Hochschulen.

Wir bekennen uns ausdrücklich zu einer starken studentischen Selbstverwaltung, die über gesetzlich verankerte Rechte und Handlungsmöglichkeiten verfügen muss.


Exzellente Forschung in Breite und Spitze

Die deutsche Forschungslandschaft ist hervorragend aufgestellt. Einen wichtigen Beitrag zur Forschung in Deutschland leisten die Hochschulen. Durch eine entsprechende Ausrichtung der Forschungsfinanzierung wollen wir dafür Sorge tragen, dass die Hochschulen den außeruniversitären Forschungseinrichtungen weiterhin starke Partner bleiben. Forschung ist ein zentrales Element der Universität. Die DFG als zentrale Forschungsförderorganisation in Deutschland trägt durch vielseitige Förderprogramme zur Stärkung der Hochschulen erheblich bei. Ihre Kernaufgabe besteht in der wettbewerblichen Auswahl und Finanzierung der besten Forschungsvorhaben von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an Hochschulen und Forschungsinstituten. Bei der Kooperation von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen hat es in den letzten Jahren große Fortschritte gegeben. Diese wollen wir fortsetzen und ausbauen.

Die außeruniversitären Forschungseinrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft und der Leibniz-Gemeinschaft leisten exzellente Arbeit. Um ihnen eine verlässliche Planung über längere Zeit hinweg zu ermöglichen, haben sich Bund und Länder im Pakt für Forschung und Innovation verpflichtet, die Förderung der großen Forschungsorganisationen jährlich zu steigern. Diese verlässliche Förderung wollen wir auch in Zukunft fortsetzen.

Die von der rot-grünen Bundesregierung ins Leben gerufene Exzellenzinitiative hat einen wichtigen Beitrag zur internationalen Sichtbarkeit deutscher Spitzenforschung geleistet. An vielen Universitäten wurden außerdem Debatten über die strategische Entwicklung eines spezifischen Profils ausgelöst, interdisziplinäre Forschungscluster wurden neu gegründet und der Ausbau von Graduiertenschulen hat einen neuen Schub erfahren. Diese positiven Entwicklungen wollen wir weiter fördern und die exzellente Spitzenforschung in Deutschland weiter stärken.

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Quelle:
SPD-Pressemitteilung 431/12 vom 24. November 2012
Herausgeber: SPD Parteivorstand, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. November 2012