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AFRIKA/1122: Sudan - Proteste gegen Präsident Baschirs Sparkurs, mehr Steuern, weniger Subventionen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Juni 2012

Sudan: Proteste gegen Präsident Baschirs Sparkurs - Mehr Steuern, weniger Subventionen

von Grit Porsch



Berlin, 22. Juni (IPS) - Im Sudan hat der von Präsident Omar al-Baschir angekündigte Sparkurs in Khartum und in anderen Städten hunderte Menschen auf die Straße getrieben. Die Kritiker fürchten eine Verlängerung der Inflation, einen Verlust der Kaufkraft und eine Verschärfung der Armut.

In der zweitgrößten sudanesischen Stadt Omdurman ging die Polizei Berichten zufolge am 19. Juni mit Tränengas und Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor. Tags zuvor waren nach Berichten von Augenzeugen in der Hauptstadt protestierende Studenten vom Campus zweier Universitäten vertrieben worden.

Zu Baschirs Sparprogramm gehören der allmähliche Abbau der Treibstoffsubventionen und höhere Steuern auf Luxusgüter. Damit sollen die Staatseinnahmen verbessert und das auf 2,4 Milliarden US-Dollar angestiegene Defizit verringert werden. Mit der Unabhängigkeit Südsudans sind Khartum erhebliche Erdöleinnahmen verloren gegangen.

Die Demonstranten klagen auch über eine 35-prozentige Tariferhöhung bei den öffentlichen Verkehrsmitteln in Khartum. Nach Angaben des sudanesischen Statistikamts war die Inflationsrate von 28,6 Prozent im April auf 30,4 Prozent angestiegen.

"Bei der derzeitigen wirtschaftlichen und politischen Lage droht dem Land ein Aufstand der Hungrigen, der unweigerlich den Sturz des Regimes zur Folge haben wird", erklärte der Wirtschaftswissenschaftler Hafiz Ismail, Direktor der Sudangruppe der in London ansässigen Rechtshilfe-Organisation 'Justice Africa' gegenüber dem UN-Informationsdienst IRIN.

"Das Sparprogramm wird nicht zum wirtschaftlichen Wachstum beitragen, sondern die Rezession eher noch verlängern, die Kaufkraft der Verbraucher schwächen und die Armen hart treffen", warnte der Analyst. "Die Regierung will zwei Milliarden Dollar sparen. Mit der Verringerung ihrer Militärausgaben könnte sie fünf Mal so viel einsparen."

Oppositionelle Gruppen lehnen Baschirs Austeritätsprogramm ab. Es treffe die arbeitende Bevölkerung besonders hart und führe zu einem weiteren Anstieg von Inflation und Armut. "Dieses Programm ist der Strohhalm, der dem Kamel den Rücken bricht", erklärte Ibrahim al-Sanousi, Assistent des Führers des oppositionellen Volkskongresses (PCP), Hassan al-Turabi. "Die Menschen haben die fortgesetzte Unterdrückung durch das Regime satt und werden so lange auf die Straße gehen, bis es stürzt", warnte er gegenüber IRIN.


Politische Opposition schmiedet Umsturzpläne

Sudans 'National Consensus Forces', eine Koalition der Oppositionsparteien PCP, Umma und Kommunistischer Partei, hatte Mitte Juni auf einem Treffen beschlossen, mit einer umfassenden Protestkampagne gegen den Abbau der Treibstoffsubventionen vorzugehen. Dabei wurde auch über einen möglichen Sturz der Regierung sowie über eine Übergangsverfassung und politische Pläne für die ersten drei Jahre nach dem angestrebten Regimewechsel diskutiert. Am 26. Juni will sich die Opposition ein weiteres Mal treffen.

In einem Telefongespräch mit IRIN bemühte sich Regierungssprecher Rabie Abdul Ati, die negativen Auswirkungen des Sparprogramms herunterzuspielen. Er versicherte, es werde der Opposition nicht gelingen, die Straße gegen das Regime zu mobilisieren. "Die Menschen wissen, dass wir durch den Verlust von Erdölfeldern und durch die Einstellung der Erdölproduktion im Süden in der Krise stecken. Nur Reformen können zur Erholung der nationalen Wirtschaft führen", erklärte er. (Ende/IPS/mp/2012)


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http://www.irinnews.org/printreport.aspx?reportid=95692

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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Juni 2012