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AFRIKA/1131: Südafrika - Nach Protesten überdenkt Transportministerium Verbot von Fahrradanhängern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. August 2012

Südafrika: Nach Protesten überdenkt Transportministerium Verbot von Fahrradanhängern

von Gail Jennings


Südafrika will die populären Fahrradanhänger von den Straßen verbannen - Bild: © Gail Jennings/IPS

Südafrika will die populären Fahrradanhänger von den Straßen verbannen
Bild: © Gail Jennings/IPS

Kapstadt, 13. August (IPS) - Malibongwe, der eigentlich anders heißt, mochte nicht glauben, was er kürzlich von einem Aktivisten erfuhr. Dieser informierte den Familienvater, der tagtäglich mit Fahrrad und Anhänger als Eisverkäufer unterwegs ist, über die Pläne des südafrikanischen Transportministeriums, Fahrradanhänger aus Sicherheitsgründen von den öffentlichen Straßen zu verbannen.

"In Südafrika ist die Zahl der Verkehrstoten besonders hoch, mehr als die Hälfte der Opfer sind Fußgänger und Radfahrer", berichtet ein Ministeriumsbeamter, der auf Anonymität bestand. Allein während der Feiertage zwischen dem 1. Dezember 2011 und dem 10. Januar 2012 starben 1.475 Menschen bei Verkehrsunfällen. "Wir haben festgestellt, dass in den meisten ländlichen Regionen auch Personen auf den Anhängern befördert werden, und das bei Geschwindigkeiten, die bergab sehr hoch sein können", betonte der Beamte.

Doch ein Verbot widerspräche dem Entwurf der Regierung für eine nicht motorisierte Transportpolitik (NMT), die preiswerte, abgasfreie Transportmöglichkeiten entwickeln und nachhaltig fördern soll. Darin heißt es: "In armen, entlegenen Landgemeinden können Kleinunternehmer und Anbieter häuslicher Dienste ihre Geschäfte mit lokalen Transportmöglichkeiten wie Anhängern, Handkarren oder Fahrrädern verbessern." Mit einer Matratze ausgerüstet werden Fahrradanhänger auch für den Krankentransport genutzt.


Lasten bis zu 200 Kilogramm

Nach Ansicht des Ministeriums sind die auch in Nachbarländern wie Namibia, Sambia und Kongo-Brazzaville beliebten Lastenträger mit verstärkten Speichen, auf denen sich bis zu 200 Kilo transportieren lassen, besonders unfallträchtig. Im Juni hatte es den Plan bekannt gegeben, die allgemeine Verkehrsordnung durch einen Zusatz zu ergänzen. Danach sollte "auf öffentlichen Straßen niemand auf einem Fahrrad unterwegs sein, das einen Anhänger oder Ähnliches zieht."

"Falls dieses Gesetz verabschiedet wird, kann ich meine Familie nicht länger ernähren", meint der Eisverkäufer Malibongwe besorgt. Deshalb hat er gemeinsam mit zahlreichen Kollegen im Transportministerium eine Petition eingereicht und die Beamten gebeten, ihren Vorschlag noch einmal zu überdenken.

Auch der Chemieingenieur Kyle Mason-Jones, der sich beruflich mit der Verringerung von CO2-Emissionen befasst und in Kapstadt täglich auf dem Fahrrad 15 Kilometer zurücklegt, erhebt Einspruch. "Wenn Fahrräder keine Lasten und Personen mehr transportieren dürfen, trifft das vor allem Einzelpersonen und die meisten kleinen Geschäftsleute", kritisiert er.

Der für das NMT-Konzept zuständige Ingenieur Louis de Waal, der mit Radfahrern ein Sicherheitstraining absolviert, räumte ein, nicht ohne Grund fürchteten sich viele Fußgänger und Radfahrer vor einer Benutzung der Straßen. Diese seien nicht für sie eingerichtet, und zudem sei in Südafrika die allgemeine Verkehrsdisziplin schlecht.


Alternative Sicherheitsvorschriften empfohlen

"Es macht jedoch keinen Sinn, bestimmte Verkehrsteilnehmer von der Straße zu verbannen. Stattdessen sollte man Sicherheitsvorschriften einführen wie einen Mindestabstand beim Überholen, Geschwindigkeitsbegrenzungen und Reflektoren für Fahrräder", meint de Waal.

Im Transportministerium hat man die begründeten Einwände gegen das geplante Verbot von Fahrradanhängern inzwischen zur Kenntnis genommen. "Wir haben erkannt, welche Folgen ein solches Verbot für Kleinunternehmen und Geschäftsleute und für das Leben der Bevölkerung hat und werden unseren Entwurf noch einmal überarbeiten", sagt der Beamte.

Der arme Eisverkäufer Malibongwe hatte nur zufällig von den Regierungsplänen gehört. Zugang zu sozialen Netzwerken und anderen Informationsquellen hat er nicht. Er hofft nun, dass er rechtzeitig erfährt - bevor er seinen Eishandel an den Nagel hängt -, ob und wie die Regierung ihr geplantes Anhängerverbot modifiziert. (Ende/IPS/mp/2012)


Link:

http://www.info.gov.za
http://www.ipsnews.net/2012/08/trailer-trashing-as-south-africa-considers-outlawing-bicycle-trailers/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 13. August 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. August 2012